Julia Arztroman Band 62
am See einlade.“
Libby war zutiefst erleichtert. Ehe irgendjemand antworten konnte, erklärte sie: „Wir durften leider keine solche Feier für deinen Vater ausrichten, weil er dich unbedingt dabeihaben wollte. Ich nehme die Einladung jedenfalls sehr gerne an. John Gallagher war für mich mehr als nur ein Kollege, denn er war immer für mich da, in guten und in schlechten Zeiten. Er hat sich um mich gekümmert, und das ist etwas sehr Wertvolles.“
Einen Moment lang herrschte Stille, bis auf einmal alle gleichzeitig zu reden anfingen und sich erfreut für die Einladung bedankten. Den Rest des Tages war die Überraschungsparty das Hauptgesprächsthema.
Als Libby in ihr Sprechzimmer zurückging, folgte Nathan ihr und schloss die Tür hinter sich. „Ich weiß, wie Dad sein kann, wenn er sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hat“, meinte er. „Euer Wunsch, für ihn eine Abschiedsfeier zu geben, muss wohl in die Zeit gefallen sein, als ich ihm erzählte, dass ich bald mit meinem zukünftigen Adoptivsohn zurückkommen würde. Ich nehme an, er hat diese Information nicht weitergegeben, weil er erst mal abwarten wollte, ob es auch wirklich stimmte.“
Libby lächelte. „Ich finde deine Idee wunderbar. So gibt es dann doch einen richtigen Abschied, und nur das ist wichtig. Aber für Toby wird es an dem Abend sicher sehr spät, oder?“
„Ich weiß. Aber außer dir gibt es niemanden, bei dem ich ihn lassen würde.“
„Es würde mir nichts ausmachen, mit ihm zu Hause zu bleiben.“
„Dir vielleicht nicht, aber mir schon. Und Dad wäre sehr aufgebracht, wenn ausgerechnet du nicht dabei bist“, erwiderte Nathan. „Außerdem verstehen sich Toby und Großvater Gallagher, wie er ihn nennt, großartig. Ich werde ein Hotelzimmer für die Nacht buchen, und wenn Toby müde wird, lege ich ihn dort schlafen. Dann kann ich zwischendurch immer wieder nach ihm schauen.“
„Das könnte ich für dich übernehmen“, schlug Libby vor. „Damit du deine Gäste nicht alleinlassen musst.“
„Soll ich dir dann auch ein Zimmer buchen?“
„Ja, warum nicht?“, sagte sie. „Es ist sicher nett, am Sonntagmorgen ein gemütliches Frühstück mit Blick über den See zu genießen, das jemand anders gemacht hat.“
„Ganz meine Meinung“, bestätigte er und ging hinaus.
Libby dagegen rief ihre erste Patientin herein, wobei sie so gehobener Stimmung war wie schon lange nicht mehr.
Nathan wollte sie bei der Party dabeihaben. Zwar wusste sie nicht genau, wieso. Vielleicht nur wegen ihrer Position in der Praxis. Trotzdem fühlte es sich an wie Balsam auf ihrer Seele. Seit Ians Tod war dies die erste gesellschaftliche Veranstaltung, die sie besuchte, und Nathan würde auch da sein.
Laura Standish und ihr Mann versuchten schon eine ganze Weile, ein Kind zu bekommen, bisher allerdings ohne Erfolg. Heute jedoch schien es eine Wendung zu geben.
Laura nahm Libby gegenüber Platz und berichtete, dass sie alle Anzeichen einer beginnenden Schwangerschaft wahrnahm. Und nun wollte sie unbedingt von medizinischer Seite eine Bestätigung dafür.
„Morgens ist mir übel“, erzählte sie. „Meine Brüste sind druckempfindlich, und meine Regel ist schon zweimal ausgeblieben. Ich weiß, ich habe einen sehr unregelmäßigen Zyklus. Aber volle zwei Monate habe ich noch nie ausgesetzt.“
„Hast du schon einen Schwangerschaftstest gemacht?“, fragte Libby.
„Nein, ich wollte lieber zu dir kommen, um die gute oder schlechte Nachricht zu erfahren“, antwortete Laura. „Die Gynäkologin, zu der du uns geschickt hast, hat uns eine künstliche Befruchtung empfohlen. Und plötzlich, wie durch ein Wunder, scheint es, als wäre ich schwanger.“
„Sollen wir mal schauen, ob du recht hast?“ Libby wies auf die Liege neben sich.
Als sie ihre Untersuchung beendet hatte, die zeigen sollte, ob der sehnlichste Wunsch ihrer Patientin in Erfüllung gehen würde, schüttelte sie bedauernd den Kopf.
„Es tut mir leid, Laura. Ich fürchte, diesmal nicht. Wahrscheinlich handelt es sich um ein hormonelles Ungleichgewicht. Vielleicht solltet ihr doch über eine künstliche Befruchtung nachdenken, wenn ihr das nächste Mal bei deiner Gynäkologin seid.“
„Warum fällt es manchen Leuten so leicht, ein Baby zu bekommen, und für andere ist es so schwer?“, meinte Laura tränenerstickt. „Mike wird furchtbar enttäuscht sein.“
„Die Natur folgt ihren eigenen Gesetzen und ist manchmal sehr grausam“, sagte Libby mitfühlend. Dabei dachte sie
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