Julia Arztroman Band 62
das erste Mal, dass wir zusammen im Bett waren, als eine Art Dankesbezeugung von meiner Seite aufgefasst hast? Und als eine Gelegenheit, die du dir nicht entgehen lassen konntest?“
Nathan, der entschlossen war, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, lächelte nur. Offenbar interessiert es ihn einfach nicht, dachte sie niedergeschlagen. Es war ihm egal, ob er sie mit dem, was er tat, verletzte. Deshalb verabschiedete sie sich knapp, gab Toby einen Kuss und setzte ihren Weg zum Supermarkt fort.
Gegen Mittag fuhr Libby in die nahegelegene Stadt, weil sie ein paar Weihnachtseinkäufe erledigen wollte. Vormittags hatte sie noch eine Weile der Volkstanzgruppe zugeschaut und sich die Stände des Weihnachtmarktes angesehen.
Nach einem schnellen Lunch in einem Bistro in der Stadt machte sie sich auf die Suche nach Geschenken für Toby, John, ihren Vater im weit entfernten Somerset und für die Mitarbeiter in der Praxis. Und dann war da noch Nathan. Früher, als er in der Praxis gearbeitet hatte, hatte sich Libby als Assistenzärztin an den Geschenken beteiligt, die die Mitarbeiter für ihre Chefs besorgten. Eine etwas unpersönliche Form des Schenkens. Jetzt waren sie auf einer wesentlich persönlicheren Ebene miteinander verbunden, aber dennoch nicht so, dass sie solche Geschenke für ihn hätte besorgen können, wie sie es gerne getan hätte. Was sollte es also sein?
Auf keinen Fall ein Gutschein von einem der großen Kaufhäuser, so distanziert war ihr Verhältnis nun auch wieder nicht.
Was Toby betraf, musste sie ohnehin vorher mit Nathan sprechen, um sich zu vergewissern, dass der Junge das Spielzeug nicht schon besaß. Oder dass Nathan es nicht selbst schon für ihn gekauft hatte.
Widerstrebend rief sie ihn an, aber das war immer noch besser, als direkt mit ihm zu reden. Und als Nathan sich meldete, schien es fast, als hätte es gar kein Zerwürfnis zwischen ihnen gegeben.
Nachdem sie ausführlich darüber gesprochen hatten, was Toby gefallen würde, fragte Nathan in beiläufigem Ton: „Und was wünschst du dir zu Weihnachten, Libby?“
Damit landeten sie wieder auf dem Boden der Tatsachen, und ihre Antwort fiel dementsprechend kühl aus.
„Einfach meine Ruhe zu haben, wäre schön“, erklärte sie. Ehe Nathan etwas darauf erwidern konnte, legte sie auf.
Allerdings hoffte er, ihr doch einiges mehr als nur das schenken zu können. Und er hatte auch schon bestimmte Schritte in dieser Richtung geplant. Eine Einladung zum Essen für Libby sollte der Anfang sein.
Er hatte ihr ja einmal vorgeschlagen, dass sie zusammen ausgehen könnten, wenn sein Vater einverstanden wäre, Toby bei sich übernachten zu lassen. Die Idee würde also nicht allzu überraschend kommen. Ob Libby jedoch noch dazu bereit war, blieb abzuwarten.
Als Nathan sie am Spätnachmittag zurückkommen sah, ging er rasch hinaus, um sie zu fragen.
Durch die offene Wagentür sah er eine Menge Päckchen und Pakete auf dem Rücksitz.
Als sie zu ihm aufschaute, sagte er: „Erinnerst du dich noch daran, wie wir darüber gesprochen haben, mal die Stadt unsicher zu machen, falls Dad sich solange um Toby kümmert?“
„Ja“, antwortete sie nur. Als könnte sie irgendetwas von dem vergessen, was er jemals zu ihr gesagt hatte, obwohl es manchmal vielleicht besser gewesen wäre.
„Und, was meinst du? Kann ich dich irgendwohin zum Essen ausführen, in ein Restaurant deiner Wahl? Mit Dad habe ich es schon abgeklärt. Er würde Toby solange nehmen.“
„Okay.“ Libby verabscheute sich dafür, dass sie sich so schnell umstimmen ließ. „Wenn das alles ist, was du vorhast, könnte ich mir das durchaus vorstellen. Wie wir damals schon festgestellt haben, hat keiner von uns viel Zeit zum Ausgehen. Es wäre mal eine nette Abwechslung. Aber was mich betrifft, wird es nicht mehr sein als das, ein gutes Essen in einer schönen Umgebung.“
„Natürlich“, bestätigte Nathan. „Aber es wäre toll, wenn du das blaue Kleid anziehst.“
„Wieso?“
„Weil es dir gut steht.“
„Na ja, ich denk drüber nach. Aber wundere dich nicht, wenn ich es nicht tue.“
Ihre frostige Haltung ihm gegenüber hatte sich nicht verändert. Doch er tat so, als bemerkte er es nicht. „Also, wo würdest du gerne hingehen? Und wann?“
„Mein Lieblingsrestaurant liegt auf einem Felsen hoch oben auf einem der Berge. Es heißt Plateau-Hotel“, erwiderte Libby. „Wenn wir dort essen wollen, sollten wir es bald tun, denn um diese Jahreszeit ist es immer sehr
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