Julia Bestseller Band 142
„Warum?“ Ihre Augen funkelten amüsiert. „Willst du sie schließen lassen?“
„Vielleicht“, erwiderte er mit ernster Miene.
„Das brauchst du nicht. Ich war froh darüber, dass ich mit dem Modeln aufgehört habe. Dieser Lebensstil hat nie zu mir gepasst. Das ständige Feiern und die Drogen … Das war nichts für mich.“
„Ich weiß, dass du sehr unschuldig und naiv warst, als ich dich kennengelernt habe“, sagte Luc leise und beugte sich vor, um ihr nachzuschenken. „Warum wärst du sonst in diesem Nichts von einem Kleid um Mitternacht am Strand von Rio entlanggelaufen? Ich traute meinen Augen nicht. Es war, als hätte man den Löwen eine Jungfrau zum Fraß vorgeworfen.“
Kimberley lächelte ironisch, weil ihr klar war, wie dumm sie sich damals verhalten hatte. „Die anderen Mädchen hatten mich überredet, sie auf eine Party zu begleiten, aber ich habe mich dort schrecklich unwohl gefühlt. Ich wollte einfach nur noch ins Hotel zurück. Allerdings gab es keine Taxis.“ Bei der Erinnerung an jenen Abend schauderte sie. Wenn Luc nicht zufällig im richtigen Moment vorbeigekommen wäre …
„Meine letzte Begegnung mit einem Klappmesser lag lange zurück“, meinte Luc, während er sie so forschend betrachtete, dass ihr unbehaglich zumute wurde.
„Du warst wirklich beeindruckend.“ Er hatte es mit sechs bewaffneten Schlägertypen aufgenommen, und sie fragte sich, ob sie sich bereits zu dem Zeitpunkt in ihn verliebt hatte.
Sie musste zugeben, dass sie sich zuerst unter anderem zu ihm hingezogen gefühlt hatte, weil er sich ihren Angreifern so unerschrocken entgegenstellte und alle in die Flucht schlug. Zuvor hatte sie noch nie jemand verteidigt. Und dass ein Mann sein Leben riskierte, um sie aus einer Situation zu retten, in die sie aus eigener Schuld geraten war, hatte sie ungemein fasziniert. Einen Augenblick lang hatte sie sich sogar gefragt, ob er nicht sogar gefährlicher war als die Angreifer.
Erneut fragte sich Kimberley, wo Luc diese kämpferischen Fähigkeiten erworben hatte. Während sie mit dem Stiel ihres Glases spielte und Luc ansah, dachte sie an die Gerüchte, die sie über ihn gehört hatte.
„Wo hast du kämpfen gelernt?“, erkundigte sie sich dann spontan und beobachtete, wie er zu seinem Glas greifen wollte und mitten in der Bewegung verharrte.
„Kämpfen?“ Er runzelte die Stirn. „Was meinst du damit?“
Sie schluckte. „In der Nacht, als du mich gerettet hast, hast du es mit sechs Männern aufgenommen. Wo hast du das gelernt?“
Jetzt nahm er sein Glas vom Tisch. „Ich bin ein Mann. Das ist reiner Instinkt.“
„Das glaube ich nicht“, beharrte sie. „Du warst einer gegen sechs und hast jeden ihrer Tricks vorausgesehen, als hättest du in derselben Schule gelernt.“
Luc zögerte nur kurz, bevor er antwortete: „Die Schule, an der ich war, heißt Leben“, bemerkte er trocken. „Ich habe eine Menge gelernt, und das sehr früh.“
„Und warum musstest du das? Ich habe solche Fähigkeiten nie erworben. Sonst wäre ich an dem Abend wahrscheinlich auch nicht in Schwierigkeiten geraten“, räumte sie ein. „Ich bin sehr behütet aufgewachsen.“
Er lachte auf und trank einen großen Schluck. „Du hast mir mal erzählt, du würdest aus einem beschaulichen Dorf in England kommen, wo jeder jeden kennt. Typisch Mittelschicht. Dann ist es wohl nicht verwunderlich, dass du keine Selbstverteidigungstechniken beherrschst.“
Vielleicht faszinierte Luc sie deshalb so. Er steckte voller Widersprüche. Einerseits war er reich und kultiviert und verkehrte in den besten Kreisen, andererseits hatte er etwas Wildes, Animalisches an sich, das sie von ihrer ersten Begegnung an gespürt hatte.
Und genau deshalb war er unwiderstehlich.
„Ich schätze, du kommst nicht aus der Mittelschicht“, meinte sie. „Bist du in Rio de Janeiro geboren?“
„Ja.“ Sein Lächeln war ein wenig spöttisch. „Ich bin ein echter Carioca .“
Sie wusste, dass man so die gebürtigen Einwohner von Rio nannte. „Und wie hast du es zum Milliardär gebracht?“, erkundigte sie sich lässig.
„Mit Zielstrebigkeit und harter Arbeit.“ Erneut beugte Luc sich vor, wobei er den Blick nicht von ihr abwandte. „Wenn man etwas unbedingt will, bekommt man es auch. Man muss es nur sorgfältig planen und darf sich durch nichts aufhalten lassen.“
Seine Lebenseinstellung ließ sie schaudern. „Man kann sich nicht einfach alles nehmen!“
„Warum nicht?“
„Weil man Rücksicht auf
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