Julia Bestseller Band 144
konnte. Mehr denn je war sich Beth der Wirkung bewusst, die Jims Nähe auf sie ausübte. Er war ein Mann, kein Junge mehr. Ein Mann, dessen starke sexuelle Ausstrahlung ihr dazu verholfen hatte, ihre eigene Sexualität völlig neu zu erleben. Jene wilde, ungezügelte Leidenschaft, die sie in seinen Armen erfahren hatte, beschwor erregende Bilder in ihr, als sie die Fahrertür ihres Wagens aufschloss.
„Ich bin froh, dass du mich in Sydney aufgesucht hast, Beth.“
Seine leisen Worte veranlassten Beth, ihn anzusehen. In ihrer beider Augen leuchtete ein unausgesprochenes, brennendes Verlangen.
„Ich bin auch froh darüber“, erwiderte sie. Und es stimmte. Ehrlichkeit war jetzt sehr wichtig zwischen ihnen, denn sie war die Grundvoraussetzung für Vertrauen. Die Wahrheit aber war, dass sie, Beth, Jim nicht hier auf der Straße stehen lassen wollte. Sie wollte … „Dein Hotel liegt fast auf meinem Weg. Soll ich dich mitnehmen?“
„Ja, vielen Dank.“
Bin ich denn völlig verrückt? dachte Beth, als Jim sich neben sie auf den Beifahrersitz setzte. In der Enge des Wagens roch sie den Duft seines Aftershaves. Ihre sämtlichen Sinne schienen geschärft. Ihr Herz klopfte.
Fahr los! befahl sie sich. Kopf, Hände, Füße gehorchten automatisch. Beth versuchte, so vernünftig wie möglich zu überlegen. Würde es nicht klüger sein, was ihre neue Beziehung mit Jim Neilson betraf, zurückhaltender und behutsamer vorzugehen? Sie wusste ja bereits, dass sie in sexueller Hinsicht sehr gut miteinander klarkamen. Es galt herauszufinden, ob sie auch in anderen Lebensbereichen zueinanderpassten. Doch all diese guten, vernünftigen Gedanken verhinderten nicht, dass Beth von kribbelnder Erwartung erfüllt war.
Während der Fahrt sprachen sie beide kein Wort. Doch erst als sie das Hotel schon fast erreicht hatte, fiel Beth auf, dass auch Jim die ganze Zeit über geschwiegen hatte. Hegte er ähnliche Gedanken wie sie? Zu welchem Schluss war er gekommen? Würde er sich mit einem freundlichen Abschied begnügen oder auf mehr drängen?
Beth bog in die Zufahrt vor dem Hotel ein, hielt vor dem Eingang, ließ den Motor des Wagens aber laufen. Sie hatte Jim angeboten, ihn zum Hotel mitzunehmen, nicht mehr. Aber sie fühlte, wie ihre vernünftigen Vorsätze gefährlich ins Wanken gerieten.
Jim machte keine Anstalten auszusteigen. Sein Schweigen veranlasste sie, ihn anzusehen. Ihr Verstand diktierte ihr die Worte: Gute Nacht. Doch dann sah sie das glühende Verlangen in seinen dunklen Augen leuchten und war verloren.
„Kommst du mit auf mein Zimmer, Beth?“, fragte Jim, wobei sein beherrschter Ton verriet, dass er ihre Entscheidung akzeptieren würde.
Es war eine Einladung. Die Wahl lag bei ihr. Würde es genauso sein wie zuvor … oder anders?
Die Verlockung, es herauszufinden, war überwältigend.
„Ja“, sagte Beth heiser und schaltete den Motor ab.
Wann begann es, dieses berauschende Gefühl wahrer Zusammengehörigkeit?
Mit dem ersten Kuss? Mit der bewussten Zurückhaltung?
Jim umfasste ihr Gesicht zärtlich und streichelte sacht ihre Wangen. Der Blick seiner dunklen Augen schien den Grund ihrer Seele zu erforschen, gedrängt von der Sehnsucht, an das anzuknüpfen, was sie einst verbunden hatte. Dann küsste er sie unendlich zart und behutsam, als wäre sie etwas unermesslich Wertvolles und als hätte er Angst, etwas zu zerbrechen. Der erste Kuss in einem neuen Leben … in dem Bewusstsein, was sie verloren hatten. Verloren, nicht willentlich fortgeworfen oder vergessen.
Die Sehnsucht und Suche danach, die Hoffnung darauf lag in diesem ersten Kuss. Ein Junge und ein Mädchen hatten sich ihre eigene Welt geschaffen, eine Mischung aus Traum und Wirklichkeit, verbunden mit der Gewissheit, dass es immer ihre gemeinsame Welt sein würde: Beth und Jamie. Durften sie nun endlich auf ein gemeinsames Morgen hoffen? War es wirklich möglich?
Sie hielten einander fest, wie sie sich einst beim Abschied im Tal festgehalten hatten. Damals hatte Beth sich an Jamies Schulter geschmiegt, hatte ihn nicht loslassen wollen, voller Angst vor der unbekannten Zukunft ohne ihn. Sie hatte ihre Tränen unterdrückt, weil sie doch tapfer sein musste, und Jamie hatte tröstend und liebevoll seine Wange an ihr Haar geschmiegt und ihr die Worte zugeflüstert, die sie nie mehr vergessen hatte:
„Ich werde zu dir kommen, Beth. Sobald ich kann, komme ich zu dir. Und eines Tages wird uns nichts mehr trennen. Niemals wieder.“
Eines Tages
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