Julia Bestseller Band 144
mit etwas mehr Fingerspitzengefühl beibringen sollen, statt gleich mit der Tür ins Haus zu fallen … möglicherweise hätte er dann nicht so ablehnend reagiert.
Charlotte bekam wieder Herzklopfen.
Er teilte ihre Freude nicht. Er nahm die Schwangerschaft nur als etwas Unvermeidliches hin und verbarg seine wahren Gefühle vor ihr. Aber was passiert war, war passiert, ein Zurück gab es nicht mehr.
„Dann …“, sein Lächeln wurde breiter, „… werde ich also Vater.“
Charlotte atmete unwillkürlich auf. Offenbar hatte er sich also doch entschlossen, nach vorn zu schauen, und das machte er gut. Sie versuchte, sich zu beruhigen. Sie musste jetzt ebenfalls nach vorn schauen. Deshalb legte sie ihm eine Hand an die Wange und sagte: „Ich hoffe sehr, dass es dich glücklich macht, ein Dad zu sein, Damien.“
„Elternschaft ist das größte Glück und zugleich die größte Herausforderung, die man sich vorstellen kann“, gab er zurück. „Keine Sorge. Ich werde mir alle Mühe geben, ein toller Dad zu sein, glaub mir.“
Jetzt lächelte sie, plötzlich sehr sicher, dass Damien diese Herausforderung meistern würde.
„Und du wirst eine wunderbare Mum sein“, ergänzte er und beugte sich zu ihr herunter, um sie zu küssen.
Sie erwiderte seinen Kuss. Seine Hand wanderte über ihren Körper, streichelte ihre Brüste, die schon seit ein paar Tagen spannten, dann glitt die Hand tiefer, über ihren Bauch – in dem ihr Baby heranwuchs. Beim Gedanken daran ertrank sie förmlich in Gefühlen. Sie hätte nicht sagen können, ob sie Trost suchte oder ob sie einfach nur aufhören wollte zu denken … auf jeden Fall wollte sie ihn.
Sie liebten sich.
Der Sex war nicht mehr so wie vorher.
Irgendetwas hatte sich verändert.
Die Liebe, die Charlotte für das Kind empfand, das da in ihr heranwuchs, sprang auf Damien über und schien von ihm in gleichem Maß erwidert zu werden.
Jetzt ist es wirklich okay, dachte sie, nachdem sie erschöpft und glücklich in seinen Armen lag.
Sie würden dafür sorgen, dass es okay war.
Die nächsten Wochen vergingen wie im Flug. Sie ging zum Arzt und ließ sich die Schwangerschaft bestätigen. Die Ratschläge, die sie bekam, befolgte sie gewissenhaft, außerdem kaufte und las sie alles, was sie zum Thema Schwangerschaft und Geburt in die Finger bekommen konnte. Sie rief ihre Mutter an und überbrachte ihr die freudige Nachricht. Damien arrangierte ein Essen mit seinem Vater, dem die Vorstellung, Großvater zu werden, offenbar durchaus behagte. Ihr eigener Vater rief an, um sein Entzücken darüber zu bekunden, dass der Stammbaum einen neuen Ableger bekam. Peter erschien auf der Bildfläche und schleppte Sachen für das neue Kinderzimmer an.
Charlotte war überglücklich.
Bis sie eines Nachts mit ziehenden Schmerzen im Unterleib erwachte. Ihr erster Gedanke, dass sie sich den Magen verdorben hatte, musste im Bad einer schockierenden Erkenntnis weichen.
Nein, sie konnte unmöglich ihre Tage bekommen haben. Sie war doch schwanger …
Wie gelähmt vor Angst, versuchte sie, einen klaren Gedanken zu fassen. Was konnte sie tun … was sollte sie tun, um das Verhängnis aufzuhalten?
Sie wusste es nicht.
Charlotte hatte sich immer viel darauf zugutegehalten, dass sie mit jeder Situation allein zurechtkam, aber das hier … nein … das überstieg ihre Kräfte. Es zerriss ihr das Herz.
Aufgeregt rief sie nach Damien … sie schrie. Jetzt musste er sie und ihr Kind beschützen, und er würde es tun, das wusste sie genau. Er würde nicht zulassen, dass das passierte.
Er kam, sah, was passiert war, und übernahm die Verantwortung. Er rief den Arzt an, dann trug er sie ins Auto und fuhr mit ihr ins Krankenhaus.
Charlotte war in einem Albtraum gefangen. Ihre Hände lagen schützend über ihrem Bauch, als wollte sie ihr Kind festhalten. Damien redete leise und beruhigend auf sie ein, aber sie war unfähig zuzuhören. Im Geiste wiederholte sie ständig die Worte: Ich darf das Baby nicht verlieren, ich darf es einfach nicht, ich werde das Baby nicht verlieren, ich darf das Baby nicht verlieren …
Aber alle Beschwörungsformeln waren umsonst.
Ihr Baby war verloren.
Und Charlotte entglitt alles, was ihr je etwas bedeutet hatte.
Es war der schwärzeste Moment ihres Lebens, als ihr der Arzt eröffnete, dass die Natur ihren Lauf genommen hatte und man nichts dagegen hatte tun können. Irgendetwas war schrecklich schiefgegangen. Dem Kind war es nicht bestimmt gewesen zu leben.
Aus dem
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