Julia Bestseller Band 144
drückte ihrer Nichte aufmunternd die Hand. Beth wagte einen letzten Versuch, setzte ihre ganze Hoffnung darauf, damit den Zuschlag zu erhalten.
Vergeblich. Der Dicke erhöhte erneut.
Tante Em schüttelte traurig den Kopf. Beth schluckte, wollte es nicht wahrhaben, aber die Vernunft mahnte sie eindringlich aufzugeben. Es wäre töricht gewesen, noch weiter zu bieten. Ihr Vater hatte die Farm verloren, weil er sich zu hoch verschuldet hatte. Es hätte nichts Gutes bringen können, wenn sie sich und ihren Vater durch Unvernunft nun erneut in diese Lage gebracht hätte.
Enttäuscht sank sie in ihrem Stuhl zusammen. Auch wenn es ihr noch so unfair erschien, dass nun ein anderer die Farm ihrer Familie ersteigerte, sie musste es akzeptieren. Die Chance war vorüber, und sie konnte nichts mehr daran ändern.
Der Auktionator hatte schon den Hammer zum Zuschlag erhoben. Zum ersten. Zum zweiten. Er stand im Begriff, zum dritten und letzten Mal zuzuschlagen …
„Plus fünftausend.“
Das war Jim Neilsons Stimme!
Völlig überrascht schaute Beth sich um. Und nicht nur sie. Eine allgemeine Unruhe entstand, alle Anwesenden drehten ihre Köpfe, um festzustellen, wer so spät noch in die Versteigerung eingegriffen hatte.
Er stand hinter den Stuhlreihen an einen der Verandapfosten gelehnt, entspannt und lässig und völlig unbeeindruckt von dem Interesse, das er auf sich zog. Im Gegenteil, er wirkte sogar eher gelangweilt. Nur Beth bemerkte das entschlossene Aufblitzen in seinen dunklen Augen, als sie seinem Blick begegnete.
Beth schaute zu dem Dicken, der die Farm schon in der Tasche geglaubt haben musste. Ihr Herz klopfte, obwohl sie gar nicht wusste, was sie sich wünschen sollte. Aber es war einfach faszinierend zu verfolgen, wer nun als Sieger hervorgehen würde.
Ihr Mitbewerber war sichtlich verblüfft über diese unerwartete Entwicklung und beäugte Jim Neilson argwöhnisch und feindselig. Auch wenn er seinen neuen Konkurrenten nicht unbedingt mit dem schwarzen Porsche in Verbindung brachte, so verriet Jim Neilsons ganze Haltung doch die Ausstrahlung eines Mannes, der es gewohnt war, das zu bekommen, was er wollte.
Aber der Dicke war noch nicht bereit aufzugeben. Er erhöhte das letzte Gebot um mäßige zweitausend, um vorsichtig vorzufühlen.
„Weitere fünf“, lautete die gelassene Antwort, als würde diese Summe für Jim Neilson nicht das Geringste bedeuten. Im Gegenteil, er vermittelte den Eindruck, als könnte und würde er ohne Weiteres auch zehn- oder zwanzigtausend Dollar drauflegen, wenn das nötig wäre, um ihm das Geschäft zu sichern.
Der Dicke verzog das Gesicht, schüttelte den Kopf und bedeutete dem Auktionator, dass er ausstieg. Wenn nicht finanziell, so war er ganz gewiss psychologisch geschlagen. Beth, die die Szene mit angehaltenem Atem beobachtet hatte, begann zu ahnen, was für ein gefürchteter Verhandlungspartner Jim Neilson im Geschäft sein musste. Ein gewandter Hai, der blitzschnell vorpreschte und zuschlug, wenn man es am wenigsten erwartete.
Dieses Bild machte Beth schaudern. Überdies wurde ihr bewusst, dass sie am Abend zuvor genau dieses Vorgehen am eigenen Leib erlebt hatte: die kurze Unterhaltung auf der Vernissage, voller beunruhigender Andeutungen, dann unvermittelt die „Entführung“ aus der Galerie, der Kuss am Auto, die ebenso kühne wie direkte Fortsetzung im Aufzug … Ja, Jim Neilson war zweifellos darauf ausgerichtet zu siegen. Nur, was wollte er mit dem Erwerb der alten Farm gewinnen?
Tief in Gedanken versunken, hörte Beth nur mit halbem Ohr, wie der Auktionator den Handel abschloss. Obwohl sie ganz bestimmt nicht noch einmal mit Jim Neilson reden wollte, drängte es sie zu erfahren, was er mit der Farm vorhatte. Er konnte sie doch nicht wirklich behalten wollen.
Um sie her herrschte allgemeine Aufbruchsstimmung. Die Auktion war vorüber. Jim Neilson stand beim Auktionator und besprach mit ihm sicher die nötigen Formalitäten, um das Geschäft zu besiegeln. Ich hätte dort stehen sollen, dachte Beth enttäuscht und verbittert. Rasch erhob sie sich von ihrem Stuhl, unfähig, noch länger zuzuschauen.
Mit einem kläglichen Lächeln wandte sie sich an ihre Tante, die etwas verloren neben ihr stand. „Danke, Tante Em, dass du versucht hast zu helfen. Lass uns jetzt gehen.“
„Meinst du nicht, wir sollten warten?“ Em deutete unschlüssig zu dem Tisch des Auktionators.
„Nicht hier“, entschied Beth, der klar war, dass anscheinend auch ihre Tante über
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