Julia Bestseller Band 145
sie aussehen würde.
Sie stöhnte. Rasch beugte er sich über sie.
Nasse Haarsträhnen hingen ihr ins Gesicht. Er strich sie zurück und hielt unwillkürlich den Atem an. Die Wunde an ihrer Schläfe war definitiv größer geworden, und ein dünnes Rinnsal Blut floss heraus. Sie musste sich an irgendetwas den Kopf gestoßen haben, als sie abstürzten.
„Ich werde deine Wunde säubern, habiba “, murmelte er unbeirrt, ganz so, als könnte sie ihn hören. „Bleib einfach da sitzen, ja? Ich bin gleich zurück.“
Rasch lief er ans Ufer, riss sich das Hemd von den Schultern, tauchte es ins Wasser, wrang es aus und rannte dann zurück zum Strand. Grace hatte sich nicht bewegt. Er kniete sich vor sie und wusch ihr Gesicht sanft mit dem nassen Hemd ab. Einmal zuckte sie zusammen, worauf er sich hinabbeugte, sie küsste und ihr tröstende Worte zusprach, während er die Wunde zu Ende reinigte.
Besser. Zwar sickerte immer noch ein wenig Blut aus dem Schnitt, aber zumindest war die Wunde jetzt nicht mehr sandverkrustet.
Salim hätte zwar gern noch nach weiteren Verletzungen bei ihr gesucht, aber im Moment konnte er sie sowieso nicht behandeln, und es gab wichtigere Dinge zu tun. Er musste die Insel auskundschaften. Nachsehen, ob sie bewohnt war. Wenn ja, waren sie gerettet. Wenn nicht, musste er frisches Wasser auftreiben, etwas, das sie essen konnten, und ein paar Steine suchen, mit denen sich ein SOS-Zeichen legen ließ. Außerdem brauchten sie trockenes Holz, um ein Signalfeuer zu entfachen. Mal sehen, ob er es noch beherrschte, einen Funken zu entzünden.
Ob er Grace hier allein lassen konnte? Zur Hölle, es blieb ihm doch gar keine andere Wahl! Aber er tat es nur äußerst ungern. Wer ahnte schon, was diese Insel für sie bereithielt? Wildschweine. Salzwasserkrokodile. Alles war möglich.
„Ohhh.“
Sein Blick flog zu Grace hinüber. Er sah, wie ihre Lider flatterten, was nur bedeuten konnte, dass sie langsam zu sich kam. Rasch kniete er sich neben sie.
„Grace? Komm schon, habiba . Öffne die Augen. Bitte.“ Behutsam packte er sie an den Schultern. „Ich weiß, dass du es kannst! Öffne die Augen. Schau mich an.“
Ihr Kopf fiel zur Seite. Salim zog sie an sich.
„Grace! Wach auf und schau mich an.“
„Mmm“, wisperte sie und öffnete ganz langsam die Lider. Mit der Zungenspitze fuhr sie sich über die Lippen.
„Mein Kopf tut weh“, beklagte sie sich.
Salim stieß langsam den Atem aus. Ihm war gar nicht bewusst gewesen, dass er ihn angehalten hatte.
„Das glaube ich dir. Tut sonst noch etwas weh?“
Sie runzelte die Stirn. „Dein Handgelenk blutet. Und du hast einen Schnitt in der rechten Seite.“
Er blickte nach unten. Tatsächlich. Der Schnitt war schartig, aber nicht tief. Sie hatten beide geblutet. Ein Wunder, dass sie nicht von einem hungrigen Hai gewittert worden waren.
„Das ist nicht weiter schlimm. Mach dir darum keine Sorgen. Sag mir einfach nur, wo es wehtut.“
Ihr Stirnrunzeln verstärkte sich. Er konnte ihr förmlich ansehen, wie sie innerlich nach Schmerzen suchte. „Mir tut alles weh. Aber mein Kopf …“ Sie hob eine Hand, berührte mit dem Finger die Schläfe und zuckte zusammen. Salim packte ihre Hand und zog sie zurück.
„Du hast da eine Wunde, habiba “, erklärte er sanft. Mein Gott, er konnte es sich doch erlauben, freundlich zu ihr zu sein, bis sie sich besser fühlte. Deshalb änderte sich ja nichts. Sie war immer noch eine Diebin, aber im Moment brauchte sie ein wenig Mitgefühl. „Ich habe sie so gut ich konnte gereinigt. Versuche, sie nicht zu berühren, ja?“
Grace nickte. „Okay.“
Das „Okay“ beunruhigte ihn. Wenn er ganz ehrlich war, gab es da irgendwas, das ihm massiv Sorgen bereitete, seit sie wieder zu sich gekommen war. Sie hatte eine Gefügigkeit an sich, die völlig untypisch für sie war.
Grace konnte so störrisch sein wie ein Esel, besonders wenn man ihr Ratschläge erteilte. „Du isst zu wenig“, sagte er einmal zu ihr, woraufhin sie ihm einen Blick zuwarf, der ihm deutlich machte, dass er keine Ahnung habe. Oder: „Du arbeitest zu lange“, was sie damit konterte, dass er der Letzte war, der anderen vorhalten konnte, zu lange zu arbeiten. Und dann hatte es diese eine Situation gegeben, nicht allzu lange bevor sie davongelaufen war, als er ihr erzählte, dass in seinem Gebäude eine Eigentumswohnung angeboten wurde. „Was hältst du davon, wenn ich sie dir kaufe?“, fragte er, doch anstatt sich in seine Arme zu schmiegen
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