Julia Bestseller Band 146
fiel schlaff gegen ihn, während er sie festhielt und sich freundlich über ihren Kopf hinweg von Gabriel verabschiedete, als hätte dieser Kuss ihn nicht im Geringsten aufgewühlt.
Dass Gabriel Zeuge dieses Kusses geworden war, war eine zusätzliche Erniedrigung. Und als sie ihn sagen hörte: „Tja, dann kann ich das Kleingedruckte ja beruhigt Ihnen überlassen“, da hatte sie das Gefühl, den einzigen Freund auf der Welt verloren zu haben.
Anton nahm ihren Koffer auf und schob sie zur Tür hinaus. Sie wehrte sich nicht mehr. Der Lift brachte sie nach unten. Beide schwiegen. Ein schwarzer Mercedes mit Chauffeur wartete auf sie. Kaum saßen sie in den weichen Lederpolstern, fuhr der Wagen an. Cristina blickte starr aus dem Fenster, Anton geradeaus. Er war wütend, sie war wütend.
„Ich nehme an, du hast Gabriel weisgemacht, ich sei die Liebe deines Lebens?“, fragte sie gepresst.
„Ich habe ihm gesagt, was er hören musste, damit er dich mit mir gehen ließ.“
„Lügen.“
Anton lachte hart auf. „Du bist wegen eines kleinen Kusses in meine Arme gesunken. Du kannst dem armen Kerl nicht verübeln, wenn er glaubt, was er mit eigenen Augen sieht. Und da wir beide gut im Lügen sind, brauchst du gar nicht so moralisch zu tun.“
„Gabriel …“
„Ist kein Narr“, fiel er ihr ins Wort. „Er weiß, es ist wesentlich angenehmer, in mir einen Freund als einen Gegner zu haben. Lass ihn in dem Glauben, du seist mitgekommen, weil es das ist, was du willst. Für ihn ist es besser so.“
Sie wandte ihm das Gesicht zu. „Besitzt du in letzter Zeit so viel Macht?“
Er gab sich nicht einmal die Mühe, sie anzusehen. „Ja.“
Cristina erschauerte. Sie hatte Angst vor dem Mann, zu dem er geworden war. „Lass Gabriel in Ruhe“, flüsterte sie.
„Wenn du auch nur ein Quäntchen Vernunft besäßest, querida , würdest du dir eher Sorgen über deine eigene Lage machen.“
Jetzt drehte er sich zu ihr um. Zum ersten Mal, seit sie Gabriels Wohnung verlassen hatten, sah er sie an. „Ich weiß wirklich nicht, woher du die Stirn nimmst, dir einzubilden, du könntest ein zweites Mal deine Spielchen mit mir treiben und damit durchkommen.“
Seine kalte Wut machte ihr wirklich Angst. „Ich treibe keine Spielchen. Ich brauchte nur …“
„Den Sex“, schnitt er ihr das Wort ab. „Warum auch nicht, wenn Luis so gut darin ist, nicht wahr?“
„Es war nicht nur Sex“, protestierte sie leise.
Sein verächtlicher Blick ließ sie frösteln, am liebsten hätte sie sich in irgendein Loch verkrochen. Sie wusste, in gewisser Hinsicht hatte sie seine Wut verdient. Die Art und Weise, wie sie sich davongestohlen hatte, war die Handlungsweise eines Feiglings. Aber …
„Du hast mich mit dem Rücken an die Wand gedrängt, Luis!“, beschuldigte sie ihn. „Du hast mir keine Zeit zum Nachdenken gelassen! Ich bin gegangen, weil ich Zeit brauchte, um mir dein Angebot zu überlegen.“
„Tut mir leid, dir das sagen zu müssen, querida , aber weder hast du Zeit zum Überlegen noch eine Wahl.“
Etwas landete auf ihrem Schoß. Cristina starrte lange auf die Aktenmappe, bevor sie sie aufnahm und mit steifen Fingern durchblätterte. Ein Kloß saß ihr in der Kehle, nachdem sie die Vertragspapiere durchgesehen hatte.
„Wann hast du sie aufgekauft?“, fragte sie erstickt.
„Noch bevor ich einen Fuß auf brasilianischen Boden gesetzt hatte. Wie du sehen kannst, bin ich es, der dich besitzt, Cristina, nicht Banken oder Kreditfirmen. Ich habe die Macht, zu entscheiden, was mit deinem geliebten Santa Rosa passiert. Sollte es mir also gefallen, deine Hypotheken aufzukündigen und an das Alagoas-Konsortium zu verkaufen, dann werde ich es tun, sei versichert – und zwar bei deinem nächsten Versuch, mich stehen zu lassen.“
Ein Schauder durchlief Cristina. Luis hatte sie völlig in der Hand. Praktisch gehörte ihm Santa Rosa. Er hatte die endlos lange Liste von Hypotheken und Krediten aufgekauft, mit einer Summe, deren Höhe, schwarz auf weiß hier in diesem Aktenordner festgehalten, ihr Übelkeit verursachte.
Sie waren bei seinem Hotel angekommen. Anton stieg aus, kam um den Wagen herum und nahm Cristinas Hand, um sie aus dem Fond zu ziehen.
Sie ließ es ohne Protest geschehen, und unsinnigerweise ärgerte ihn genau das maßlos. Er wollte sie nicht geschlagen und besiegt sehen. Er wollte, dass sie kämpfte. Wenn sie kämpfte, konnte er zurückkämpfen.
Er wollte den Kampf, weil das die Spannung für eine andere Art von
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