Julia Bestseller Band 146
wusste genau, wem diese Stimme zuzuordnen war. Als sie aufsah, begegnete sie Enricos Blick, in dem sie unverhohlene Feindseligkeit las, und hatte das Gefühl, das Herz würde ihr stehen bleiben. Ihr schlimmster Albtraum war Wirklichkeit geworden. Vor ihr stand, einen Meter neunzig groß, mit dunklem Haar, dunklen Augen und in einem schwarzen Anzug – der Leibhaftige persönlich.
„Nein“, stieß Freya schließlich atemlos hervor. Wieso musste ausgerechnet jetzt Enrico wieder in ihrem Leben auftauchen?
„ Madre di Dio , natürlich ist er das.“ Enrico funkelte sie wütend an.
Freya blinzelte. Enrico hatte sie missverstanden. Sie wollte das gerade richtigstellen, als sie bemerkte, wie besitzergreifend Enrico ihren Sohn musterte.
Selbst Nicky wurde es unter diesem Blick unbehaglich. Statt weiter zu versuchen, sich aus Freyas Griff zu befreien, hielt er ihre Hand ganz fest und versteckte sich furchtsam hinter den langen Beinen seiner Mutter. Dabei hatte er sonst vor nichts und niemandem Angst! Energisch hob Freya das Kinn und sah Enrico abweisend in die Augen, als sie kühl behauptete: „Nein, ist er nicht.“
„Lüg mich nicht an!“, herrschte Enrico sie an. „Du unbarmherzige Hexe! Das wirst du mir büßen!“
Freya sah ihm an, dass er es ernst meinte. Seine Augen funkelten rachsüchtig, während er die sinnlichen, einst so verführerischen Lippen fest zusammenpresste. Überhaupt war Enrico ein fantastischer Liebhaber gewesen, der sich dessen nur zu bewusst gewesen war.
„Ich habe keine Ahnung, wovon du redest“, erwiderte sie kühl.
Das schürte erneut seine Wut. Er machte einen Schritt auf sie zu, und Freya hatte Angst, er würde gleich versuchen, sie zu erwürgen. Entsetzt wich sie zurück und wäre dabei fast über ihren Sohn gestolpert.
„Enrico …“ Jemand hielt ihn am Arm zurück.
Erst jetzt wurde Freya sich wieder bewusst, wo sie sich befanden. Das Foyer war voller Menschen, die neugierig verfolgten, was für ein Drama sich vor ihren Augen abspielte. Enrico schien völlig vergessen zu haben, dass er in Begleitung war. Erst als einer der Männer versuchte, ihn auf die Zuschauer aufmerksam zu machen, riss er sich zusammen und wandte sich um. Die ganze aufgestaute Wut richtete sich nun gegen den Mann, der seinen Arm umfasst hatte.
Freya atmete auf. In diesem Moment lockerte sie den Griff, Nicky riss sich los und rannte zum Ausgang. Nach einer Schrecksekunde fuhr sie herum, um ihn wieder einzufangen, doch er war schon zu weit weg.
„Nicky! Nein!“ Verzweifelt lief Freya ihm nach.
Er quietschte jedoch nur vergnügt und rannte, so schnell seine kleinen Beine ihn tragen konnten, weiter. Immer näher, kam er dem schmalen Bürgersteig und einer der verkehrsreichsten Straßen Londons. Freya sah ihn schon unter den Rädern eines Doppeldeckers. Der kalte Angstschweiß brach ihr aus, und das Herz klopfte ihr bis zum Hals.
Doch dann beugte sich ein großer Mann über das Kind und hob es hoch. Freya musste es hilflos mit ansehen, wie er ihr Kind umfangen hielt. Es war Fredo Scarsozi, Enricos langjähriger Bodyguard. Die Knie wurden ihr weich. Nicky schrie frustriert, während Fredo ihn nur fasziniert ansah. Auch er hatte sofort bemerkt, wie ähnlich der Kleine Enrico sah.
„Gib ihn mir“, sagte Freya atemlos, als sie sich etwas gefasst hatte, und streckte die Arme nach ihrem Sohn aus.
Fredo blickte sie nur reglos an, und Freya bekam vor Angst kaum noch Luft. Nicky hatte inzwischen aufgehört zu schreien, weil es interessanter war, den kräftigen Mann anzusehen, der ihn fest im Griff hatte.
„Bitte.“ Flehend hob Freya die Arme höher.
Nicky hatte bemerkt, wie ihre Stimme bebte. Freya zitterte am ganzen Körper. Die umstehenden Leute wurden langsam unruhig, denn sie konnten offenbar nicht einschätzen, was sich da vor ihren Augen abspielte.
Fredo sah fragend an ihr vorbei. Offensichtlich wartete er auf eine Anweisung seines Chefs. Freya hatte schreckliche Angst. Ein Wort von Enrico, und Fredo würde ihm Nicky übergeben. Dann müsste sie eine ganze Armee aufbieten, um ihr Kind wiederzubekommen.
„Affe?“, fragte Nicky plötzlich, woraufhin Fredo Scarsozi ihn verblüfft ansah, bevor er das Gesicht zu einem widerwilligen Grinsen verzog.
„Grazie, Bambino“ , sagte er trocken.
Nicky lächelte und zeigte seine perlweißen Milchzähnchen.
„Bitte gib ihn mir zurück“, bat Freya mit bebender Stimme.
„Tu, was sie sagt“, befahl Enrico kühl.
Als der Mann Freya das Kind daraufhin
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