JULIA COLLECTION Band 10
das Leben gerettet und mir eine Therapeutin geschickt, die sich um mich gekümmert hat. Das ist bei Selbstmordversuchen so üblich. Sie war sehr nett. Sehr … verständnisvoll. Sie heißt Karen und hat mir geholfen, wieder auf die Beine zu kommen. Ich bin nach Holt Mountain gezogen, habe mir einen Job gesucht, und zwei Jahre nach Tess’ Tod habe ich Karen geheiratet.“
Dominique wusste nicht, was sie sagen sollte. Auch wenn die Ausführungen ihres Vaters viele Fragen beantworteten, vermochten sie nicht den Hass abzubauen, den sie so viele Jahre gegen ihn geschürt hatte. „Wie schön für dich!“, spottete sie nun. Doch als sie seinen betrübten Blick sah, begann sie sich zu besinnen.
„Es tut mir leid, Jane. Ich hätte deine Mutter nicht im Stich lassen dürfen, aber ganz besonders nicht dich. Das hat mir in den vergangenen zehn Jahren große Sorgen bereitet. Immer musste ich daran denken, wie böse und verbittert du bei der Beerdigung gewesen bist und wie sehr du mich verachtet hast. Jetzt ist mir klar, dass du mir die ganze Schuld geben musstest und dass ich Tess hätte retten können, wenn ich nur stärker gewesen wäre und sie nach Hobart zu einem Arzt gebracht hätte. Aber ich habe es nicht getan, und ich kann das Rad der Zeit nicht zurückdrehen. Das Einzige, was ich noch für Tess tun kann, ist, hierherzukommen und dafür zu sorgen, dass ihr Grab ordentlich ist, so wie sie es gern gehabt hätte.“
Als er auf sie zuging, schreckte Dominique zurück und sah ihn warnend an.
Kopfschüttelnd gab sich ihr Vater geschlagen. „Ich kann dir ja gar nicht sagen, wie oft ich schon hier gewesen bin und gehofft habe, dich anzutreffen. Allein, dich heute wiederzusehen und zu wissen, dass es dir gut geht …“, er schluckte, „… bedeutet mir unheimlich viel, Jane. Ich habe mir solche Sorgen um dich gemacht, auch wenn du mir das wahrscheinlich nicht glaubst. Schließlich bin ich dir kein guter Vater gewesen. Aber vielleicht kannst du mir ja trotzdem verzeihen. Ich … ich …“ Er verstummte, während er den Blick auf den Boden richtete und seine Schultern zu beben begannen.
„Schon gut, Daddy!“, rief sie gleich darauf unter Tränen. Wie sie in seine Arme geraten war, blieb ihr ein Rätsel. Hatte Charles sie zu ihm geschoben, oder war sie selbst auf ihren Vater zugegangen, getrieben von dem Verlangen, ihm zu vergeben, damit sie sich selbst vergeben konnte – für all das, was sie während der vergangenen zehn Jahre getan hatte und zutiefst bedauerte? „Ich verzeihe dir. Es wird alles wieder gut. Es wird alles wieder gut.“
Charles war ganz gerührt, als er die beiden so sah, und sehr erleichtert. Auch er war der Meinung, dass nun alles wieder gut werden würde. Für ihren Vater, für sie und für ihn.
15. KAPITEL
„Ich … ich bin ganz nervös“, sagte Dominique, als Charles ihren silberfarbenen Wagen in die Auffahrt des Hauses in Clifton Gardens lenkte.
Sie hatten drei Tage gebraucht, um von Tasmanien zurückzukehren – einen Tag mit dem Schiff von Devonport aufs Festland und dann zwei Tage mit dem Auto von Melbourne nach Sydney, wobei sie unterwegs in einem Motel übernachtet hatten.
„Weswegen denn nervös?“, wollte Charles wissen, nachdem er neben Ricos knallrotem Ferrari geparkt hatte.
„Rico gegenüberzutreten.“
„Da gibt es nichts, weswegen du nervös sein müsstest. Er war ganz begeistert, als ich ihm am Telefon gesagt habe, dass wir wieder zusammen sind.“
Sie stiegen aus und gingen zum Haus. Dominique seufzte, als sie bei der vorderen Veranda ankamen. „Irgendwie kann ich mir nur schwer vorstellen, dass ihn das gefreut hat.“
Doch noch bevor Charles den Schlüssel herausholen konnte, riss Rico höchstpersönlich die Haustür auf. „Na, das wurde aber auch Zeit mit euch! In der Zwischenzeit hätte ich nach Timbuktu und zurück fahren können.“
„Dominique mag es nicht, wenn ich mit ihrem Auto so rase“, erklärte Charles.
„Wie bitte? Ach so, stimmt ja, ihr musstet ja mit dem Wagen zurückfahren. Hallo, Dominique, du siehst ganz bezaubernd aus. Ich bin echt froh, dass ihr euch wieder zusammengerauft habt. Du hast ja keine Vorstellung, wie schrecklich es mit Charles war, als du nicht da gewesen bist. Deine Katze war genauso unmöglich. Zumindest bis heute Morgen. Da hat sie endlich aufgehört zu maunzen und wieder gefressen. Sie muss wohl gespürt haben, dass du nach Hause kommst. Wie auch immer, sie schläft jetzt auf dem Sessel vorm Fernseher, nachdem sie zwei
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