JULIA COLLECTION Band 12
sogar noch kleiner, als sie und Hunter die Einkäufe auf dem Rücksitz und im Kofferraum verstauten und dabei ständig aneinanderstießen.
„Danke für deine Hilfe“, murmelte Gaylynn und hätte fast Hunters Hand in der Tür eingeklemmt, weil sie es so eilig hatte, von ihm wegzukommen. Es war kein Panikanfall, so wie sie ihn in Chicago erlebt hatte. Nein, diesmal waren es ihre Hormone und Hunter, die sie an den Rand eines Nervenzusammenbruchs brachten. Es war, als würde sie in eine Schachtel voller wunderbarer belgischer Pralinen blicken, ohne eine davon essen zu können. Sie war Hunter in der letzten Stunde sehr nahe gewesen … lange genug, um sich zu wünschen, sie könnte genüsslich an ihm knabbern.
Und deshalb musste sie jetzt verschwinden, bevor sie etwas Dummes sagte oder tat. „Danke für deine Hilfe“, wiederholte sie. „Wir sehen uns …“
„Du könntest mich zum Sheriffbüro fahren“, unterbrach er sie.
„Das ist nicht weit“, erwiderte sie. „Kannst du nicht laufen?“
„Es hat mich völlig erschöpft, all diese Sachen für dich zu tragen.“
„Ach ja? Und wenn ich das glaube, hast du da auch noch ein tolles Sumpfgrundstück, das du mir verkaufen könntest, oder?“
„Also, wenn es derart lästig für dich ist …“, begann er mit einem so niedergeschlagenen Ausdruck, dass sie unwillkürlich lächeln musste.
„Du siehst aus wie Bo Regard da drüben.“
„Mit Schmeicheleien erreichst du bei mir gar nichts“, sagte Hunter.
„Komm schon, ich nehme dich mit.“
In ihrem Eifer, so rasch wie möglich von der Versuchung wegzukommen, die Hunter für sie darstellte, hätte sie die Geschwindigkeitsbeschränkung fast etwas überschritten. Aber sie hielt sich doch noch davon ab, weil sie schließlich einen Polizisten auf dem Beifahrersitz hatte. So dauerte die Fahrt fünf Minuten, was ihr sehr lang erschien.
„Da sind wir“, verkündete sie dann mit falscher Fröhlichkeit. „Ist das ein Service? Bis direkt vor die Tür.“
Doch Hunter stieg noch nicht aus. „Da du schon mal da bist, könntest du eigentlich reinkommen und meinen Stellvertreter kennenlernen. Du wirst seine Gefühle verletzen, wenn du es nicht tust.“
Gaylynns Hoffnungen auf einen schnellen Abgang schwanden dahin. Außerdem hatte sie immer noch keine Gelegenheit gehabt, sich die verlassene Bücherei anzusehen. Und je mehr Hunter sich bemühte, sie davon fernzuhalten, umso entschlossener wurde sie, das Gebäude zu finden. Vielleicht nicht heute, aber bald.
Hunters Deputy, Charlie Carberry, war ein sehr höflicher junger Mann, dessen Adamsapfel vor Nervosität ständig zuckte. Tatsächlich war er viel mehr daran interessiert, seine Mittagspause anzutreten, als Zeit mit Gaylynn zu verbringen. „Nett, Sie kennenzulernen.“ Er tippte sich an die Mütze. „Ich gehe jetzt essen, Hunter. Heute ist bei mir Hazel’s Hash House dran.“
„Was hat er damit gemeint?“, erkundigte sich Gaylynn, nachdem Charlie gegangen war.
„Wir besuchen die beiden Restaurants abwechselnd. So verletzen wir die Gefühle von niemandem.“
„Hat das mit der Fehde zwischen den Rues und den Montgomerys zu tun?“
„Du hast also davon gehört, ja?“
Sie nickte.
Doch statt Einzelheiten zu erzählen, wechselte Hunter das Thema. „Was hältst du denn von meinem Arbeitsplatz?“
„Wenn du noch ein paar Poster von hübschen Mädchen an die Wände heftest, sieht es aus wie dein altes Baumhaus.“
Hunter grinste über diese spitze Bemerkung. Dies war die Gaylynn, die er kannte und liebte. Halt!, befahl er sich dann sofort. Liebte? Wo war dieser Gedanke denn hergekommen? War es das, was mit ihm los war? Nein, auf keinen Fall! Wenn er sich in Gaylynn verliebte, würde das katastrophal enden. Schließlich wusste er, dass sie irgendwann nach Chicago zurückkehren würde. Auf jeden Fall würde er sich selbst wehtun, wenn er zu dumm war, sich in Acht zu nehmen.
Aber verdammt, Gaylynn sah wirklich gut aus in diesen Jeans.
„Wirst du mir jetzt deine Waffen zeigen?“, erkundigte sie sich spöttisch. „Oder ist das nur bei der teureren Besichtigung inbegriffen?“
Unwillkürlich stellte er sich vor, wie sie seinen ganzen Körper „besichtigte“ und mit diesen hübschen Fingern berührte.
Gaylynn bemerkte seinen benommenen Blick. „Fühlst du dich gut, Hunter?“, fragte sie.
„Unbedingt.“ Er klang etwas weniger selbstsicher als sonst. „Willst du meine extra schweren Handschellen sehen?“ Er öffnete die oberste Schublade und
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