JULIA COLLECTION Band 14
auch wenn es sich nur um die örtlichen Cops handelt.“
„Nein“, flüsterte er. „Ich werde sie nicht rufen, weil es sich nicht lohnt.“
„Schöne Entschuldigung.“
„Dafür vielleicht“, sagte er. „Doch hierfür gibt es keine.“
Ehe Angie protestieren konnte, küsste Ethan Zorn sie. Sie erwiderte den Kuss instinktiv. Einige Sekunden lang erlag sie ihren Gefühlen und hörte auf zu denken. Doch diese Sekunden waren unvergleichlich sinnlich. Heiß durchpulste das Blut ihre Adern, und ihr Herz hämmerte. Ethans Lippen berührten ihre kaum, doch diese hauchzarte, sanfte Berührung erschütterte Angie in ihrem tiefsten Innern. Sie konnte sich nur noch wundern, dass ein Mann wie er so zärtlich sein konnte.
Ethan war ebenfalls viel zu benommen, um sich zu fragen, weshalb er Angie so küsste. Zwar war er sich vage der enormen Dummheit dieser Handlung bewusst, doch konnte er es einfach nicht verhindern. Sie reagierte auf seinen Kuss, wie noch keine Frau je zuvor darauf reagiert hatte. Sie öffnete sich ihm vollständig und schien ihm trotz allem zu vertrauen.
Du Mistkerl!, verfluchte er sich selbst. Du solltest dich schämen, dieses nette Mädchen zu benutzen. Unglücklicherweise richtete dieser Tadel nichts mehr aus, denn schließlich hatte sie auf seinem Bett gesessen und ihn nicht gerade weggestoßen, als er sich ihr näherte.
Dennoch zwang er sich, den Kuss zu beenden, bevor die Situation außer Kontrolle geriet. Angie blinzelte verstört, und er rechnete schon damit, dass sie wütend sein würde. Stattdessen aber schien sie eher enttäuscht, dass er aufgehört hatte.
„Vielleicht können wir diese Sache mit dem Fesseln nächstes Mal probieren“, schlug er leise vor. „Aber zunächst …“ Er fuhr mit dem Daumen über ihre Unterlippe. „Zunächst sollten wir uns erst einmal besser kennenlernen.“
Angie starrte ihn verwirrt an. „Ich muss gehen“, erklärte sie schließlich, als hätten sie sich zu einem Rendezvous getroffen und als sei sie nicht in seine Wohnung eingebrochen und hätte ihm vorgeworfen, für die Mafia mit Drogen zu handeln.
Ethan nickte. „Ich rufe dich an.“
„Einverstanden.“
Schweigend durchquerte sie das Zimmer. Doch statt den Schlüssel aufzuheben und die Tür aufzuschließen, kletterte sie auf die Fensterbank und setzte sich rittlings darauf. Noch einmal sah sie kurz zu Ethan, und er hätte alles darum gegeben, in diesem Moment ihre Gedanken zu kennen. Wenn sie auch nur halb so durcheinander war wie er, konnte es gefährlich sein, aus dem ersten Stock zu klettern.
Aber bevor er sie aufhalten konnte, schwang sie sich geschickt aus dem Fenster. Er sah nur noch Finger in schwarzen Handschuhen am Fenstersims. Dann verschwand die eine Hand, danach die andere, und Ethan blieb allein im Zimmer zurück mit der Frage, ob er das Ganze nur geträumt hatte.
Er hatte den Geschichten, die in der Stadt über den Kometen kursierten, nur mit halbem Ohr zugehört. Der alte Bob, dessen regelmäßige Wiederkehr alle fünfzehn Jahre gerade gefeiert wurde, sollte für allerlei Merkwürdigkeiten verantwortlich sein. Unter seinem Einfluss stellten die Leute die eigenartigsten Dinge an. Ethan hatte das alles für Märchen gehalten, die verbreitet wurden, damit die Touristen zur Feier kamen und viel Geld für Souvenirs ausgaben. Inzwischen aber fragte er sich, ob an diesem Kometen-Theater nicht doch etwas dran war. Denn sosehr er sich auch bemühte, er fand keinen einzigen vernünftigen Grund für das, was er getan hatte. Warum hatte er Angie Ellison geküsst, die neugierige Journalistin und Tochter des Mannes, den er überprüfen sollte? Fast war es ihm vorgekommen, als hätte er sich durch diesen Kuss vor der ewigen Verdammnis zu retten versucht. Sollten seine Vorgesetzten dahinterkommen, würden sie ihm die Hölle heiß machen.
Von allen verrückten Dingen aber, die ihm gerade durch den Kopf wirbelten, hob sich ein immer wiederkehrender Gedanke alarmierend ab. Wie hatte Angie wissen können, dass er tatsächlich nach Endicott gekommen war, um die Pharmafabrik ihres Vaters im Hinblick auf die Tauglichkeit für den Drogenhandel unter die Lupe zu nehmen?
3. KAPITEL
Angie erwachte am nächsten Morgen und fühlte sich seltsam wohl. Ihr Kissen und ihre Matratze kamen ihr weicher vor als sonst, und ihre Baumwolllaken schienen sich in Seide verwandelt zu haben. Eine sanfte, nach frisch gemähtem Gras und dem einsetzenden Herbst duftende Brise bewegte leicht die Vorhänge des offenen
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