JULIA COLLECTION Band 14
wollte nicht lügen, andererseits auch nicht zu sehr an seinen Spekulationen interessiert erscheinen. „Ich … also …“
„Denn ich habe diese Reise schon viele Male gemacht.“ Er sah ihr in die Augen. „Ich könnte Ihnen auf dieser Reise die erregendsten Dinge zeigen. Ein Wort von Ihnen, und ich wäre Ihr begeisterter Reiseführer.“
„Ich sollte mir für das erste Mal lieber einen anderen … äh … Reiseführer nehmen“, brachte sie mühsam hervor. „Aber bis jetzt habe ich einfach noch nicht den richtigen Mann dafür gefunden.“
„Ich frage mich, wieso nicht.“
Sie hob das Kinn. „So viele verfügbare Junggesellen gibt es nicht in der Stadt.“
„Da habe ich aber etwas anderes gehört.“
Er hat also tatsächlich mit den Einheimischen getratscht, dachte Kirby. Fabelhaft. Schwer zu sagen, was er bis jetzt wusste. Obwohl sie ihm ihre Besorgnis verheimlichen wollte, fragte sie: „Und was genau haben Sie gehört?“
James stellte seinen Becher Kaffee auf den Küchentresen, an dem er lässig lehnte, und richtete sich auf. Dann trat er mit einem raubtierhaften Grinsen auf sie zu. „Ich habe gehört, dass es eine Menge begehrter Junggesellen in der Stadt gibt, deren Bekanntschaft Sie im Lauf der Zeit gemacht haben. Aber außer mir hat keiner von denen Sie nackt gesehen, obwohl Sie sich alle Mühe gegeben haben.“
Kirby starrte ihn an und errötete zutiefst vor Verlegenheit. „Wie bitte?“ Sie versuchte so viel Empörung wie möglich in ihre Worte zu legen.
James stand jetzt dicht vor ihr. „Um es kurz zu machen: Aus äußerst verlässlichen Quellen weiß ich, dass Sie längst nicht so süß und unschuldig sind, wie in der Stadt allgemein behauptet wird.“
5. KAPITEL
Kirbys Puls beschleunigte sich bei diesem Vorwurf. Sie sollte nicht süß und unschuldig sein? Sie, die letzte Jungfrau ihres Alters nördlich des Ohio Rivers? Von wegen. Wenn sie nicht so süß und unschuldig war, wieso hatte sie dann Probleme, Verabredungen zu bekommen?
„Ich habe keine Ahnung, wovon Sie reden“, erklärte sie James. „Mein Ruf ist tadellos.“
„Das stand auch nie infrage“, versicherte er ihr. „Jeder hat beteuert, dass Sie unschuldig wie der sprichwörtliche Engel sind. In gewisser Hinsicht.“
„Was soll das heißen?“
„Lassen Sie es mich so ausdrücken: Es ist bekannt, dass Sie, mit zweifelhaftem Erfolg, versucht haben, ahnungslose alleinstehende Männer aus Endicott in Ihr Haus zu locken.“
„Zu locken? Ich? Ich habe niemals versucht, irgendwen irgendwohin zu locken. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich überhaupt weiß, wie das geht.“
James war unbeeindruckt. „Glauben Sie mir, das wissen Sie.“
„Ich verstehe immer noch nicht …“
„Henry Monroe“, unterbrach er sie.
Nicht schon wieder. Nicht zweimal in zwei Tagen. „Ich bitte Sie, diese lächerliche Geschichte werden Sie doch nicht glauben.“
James wippte selbstbewusst auf seinen Absätzen und versicherte ihr, dass er die Geschichte durchaus glaubte.
Kirby entschied, dass es vermutlich zwecklos war, diese Episode abzustreiten, auch wenn sie noch so sehr wünschte, es hätte sie nie gegeben. Immerhin konnte sie die Sache genauer erklären und im Gegensatz zum Klatsch die Wahrheit jenes Abends vor einem Jahr darstellen, an dem Henry zu ihr gekommen war.
„Es ist wohl kein Geheimnis, dass ich in der Vergangenheit gelegentlich versucht habe, das Interesse des einen oder anderen Mannes zu wecken“, räumte sie ein.
James’ Grinsen wurde breiter. „Nach dem, was ich gehört habe, wollten Sie sie in Ihr Spinnennetz locken.“
„Das ist nicht wahr“, beharrte Kirby. „Nur weil Henry Monroe sich damals den Knöchel verstaucht hat …“
„Bei dem Versuch, Ihnen zu entkommen.“
„Er hat nicht versucht, mir zu entkommen. Er war lediglich bei mir, um meine Spüle zu reparieren.“
„Die völlig in Ordnung war, laut Aussage von Mr. Monroe.“
„Außerdem war es lediglich ein Unfall, dass sich mein Kleid in seinem Werkzeugkasten verfing und zerriss.“
„Sehr verdächtig, wie ich finde. Das klingt, als hätten Sie mit dem Klempner etwas ganz anderes im Sinn gehabt.“
Kirby ballte die Fäuste. Es war ein Unfall gewesen. Zugegeben, sie hatte Henry eingeladen in der Hoffnung, dass sich etwas Romantisches zwischen ihnen ergeben würde. Er sollte nach ihrer Spüle sehen, die entgegen anderslautenden Behauptungen wirklich verstopft war. Anschließend wollte sie sich mit einem Dinner bei ihm bedanken. Und wenn
Weitere Kostenlose Bücher