JULIA COLLECTION Band 14
sie ihn weiter zornig an und erklärte: „Da wir gezwungen sind, viel Zeit miteinander zu verbringen …“
„Gezwungen“, wiederholte er empört. „Da sprechen Sie nur für sich.“
„… wäre es vielleicht das Beste, wenn wir zunächst ein paar grundsätzliche Regeln aufstellen.“
„Was für Regeln?“, fragte er vorsichtig.
Sie holte tief Luft und verschränkte die Arme vor der Brust. „Erstens werde ich nicht viel Zeit mit Ihnen verbringen, weil ich Sie besser kennenlernen möchte, sondern weil es mein Job ist.“
Ihr leiser, unsicherer Ton stand in krassem Widerspruch zu diesen überzeugten Worten. Doch James nahm sich vor, nichts zu sagen, was sie herausfordern könnte. Noch nicht.
„Meine Position im Festivalkomitee sieht vor, dass ich dafür sorge, dass der Grand Marshall alles bekommt, was er braucht“, erläuterte sie weiter. „Also bleibt mir keine andere Wahl, als mich Ihnen zur Verfügung zu halten.“ Sie sah kurz auf. „Aber nur strikt professionell.“
„Ach kommen Sie, Kirby, das ist doch nicht der einzige Grund, weswegen Sie mit mir zusammen sind. Sie mögen mich und genießen meine Gesellschaft. Geben Sie es doch zu.“
„Zweitens“, fuhr sie errötend fort und tat, als hätte sie ihn nicht gehört, „erwarte ich von Ihnen ebenfalls professionelles Verhalten, da wir lediglich in dieser Aufgabe miteinander zu tun haben.“ Da James schwieg, fuhr sie mit offenkundigem Unbehagen fort. „Drittens: Ich gehöre nicht zu der Sorte Frau, mit der Sie es normalerweise zu tun haben. Also können Sie Ihr Süßholzgeraspel getrost vergessen, denn es funktioniert bei mir ohnehin nicht.“ Sie hob die Hand, ehe James darauf etwas erwidern konnte. „Ich habe mein ganzes Leben in Endicott verbracht, bin nie weit gereist, habe keinen übermäßig kultivierten Geschmack und glaube fest daran, dass die einfachen Freuden die besten sind. Ich bin im wahrsten Sinne des Wortes eine Frau aus der Kleinstadt. Und obwohl ich an einer romantischen Beziehung ebenso interessiert bin wie Sie …“
James fühlte sich ein wenig ermutigt und grinste.
„… sind Sie auf keinen Fall der Typ Mann, mit dem ich mich einlassen möchte.“
Sein Lächeln erstarb.
„Ich bin nicht wie die Frauen, mit denen Sie es normalerweise zu tun haben“, wiederholte sie.
Er setzte eine skeptische Miene auf. „Sie haben doch zwei X-Chromosomen, statt eines X- und eines Y-Chromosoms, oder?“
„Ja, schon“, antwortete sie misstrauisch.
„Dann sind Sie auch wie alle anderen Frauen, mit denen ich gewöhnlich zu tun habe.“
„Sind das auch alles Jungfrauen?“ Kirby hätte sich am liebsten dafür geohrfeigt, dass sie damit so herausgeplatzt war. Wie hatte sie ihm so etwas überhaupt verraten können? Nicht nur, dass es ihn nichts anging, es war sicher auch unklug, in seiner Gegenwart von sexuellen Dingen zu sprechen. Dazu strahlte dieser Mann viel zu viel Sex-Appeal aus. Es könnte gefährlich sein, das Thema Sex in seiner Gegenwart zur Sprache zu bringen. Wieso hatte sie das nur getan?
Andererseits könnte ihr Geständnis für sie von Vorteil sein. Ein Mann war sicher nicht an einer so unerfahrenen Frau wie sie es war interessiert. Wahrscheinlich machte ihm die Vorstellung Angst, jemandem etwas beizubringen, der nicht wusste, was er tat. Männer wie er hielten sich von Jungfrauen sicher fern.
Doch offenbar irrte sie sich, wenn sein äußerst interessierter Gesichtsausdruck ein Indiz war.
„Dann ist es also wahr“, sagte er.
Sein Ton gefiel ihr gar nicht; er verriet Faszination. „Was ist wahr?“ Natürlich wusste sie bereits, wovon er sprach. Niemand in Endicott konnte ein Geheimnis für sich behalten. Vermutlich war James im „Dew Drop Inn“ oder „Dot’s Donut Hut“ gewesen, den beiden größten Klatschbörsen der Stadt.
„Es ist wahr, dass Sie keinerlei Erfahrung haben mit …“, er verstummte und holte nachdenklich Luft. „Sex“, ergänzte er schließlich offen. „Niemand hat bisher diese Reise mit Ihnen unternommen, die einen Menschen für immer verändert.“
Kirby schluckte. „Ich, äh, bin noch nicht viel gereist, wie gesagt.“ Sie räusperte sich. „Jedenfalls noch nicht dorthin.“
„Wie außergewöhnlich.“
Kirby wusste mit dieser Bemerkung nichts anzufangen, aber sie war sich sicher, dass sie allmählich besorgt sein durfte.
„Nach allem, was ich gehört habe, würden Sie das zu gern ändern. Oder?“
Sie fuhr sich mit der Zunge über die plötzlich trockenen Lippen. Sie
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