JULIA COLLECTION Band 14
eineinhalb Jahrzehnten an sich gehabt. Und er wirkte sofort verheerend auf Willis’ Sinne, und zwar nicht nur auf die Geruchsnerven. Genau das war immer der Fall gewesen, als er noch ein Teenager gewesen war. Trotz aller Gegensätzlichkeit war er immer der Meinung gewesen, Rosemary March dufte wundervoll. Er drehte sich schnell um, und da stand sie vor ihm in einem blauen Blazer und sah ihn unsicher an.
„Kann ich dir helfen?“
Er wies mit dem Kopf auf ihren Blazer. „Du scheinst mir nicht gerade passend angezogen zu sein, um staubige Kisten auszuladen.“
Sie strich ihren Kragen glatt. „Wenn es bis zum Nachmittag Zeit hat, kann ich dir helfen. Ich arbeite heute nur den halben Tag.“
Er schüttelte den Kopf. „Danke, aber das meiste wird sowieso zu schwer für dich sein.“
Sie stieß ein kurzes Lachen aus. „Aha. Ich bin also nicht nur dumm, sondern auch noch schwächlich.“
Er schloss kurz die Augen und seufzte tief. Konnten sie denn nie miteinander sprechen, ohne dass es ständig zu Missverständnissen kam? „Keineswegs“, sagte er dann. „Das habe ich nicht gemeint. In den Kartons sind Bücher und alle möglichen Instrumente, die einfach zu schwer und zu unhandlich für dich sind. Aber ich danke dir für dein Angebot.“
Doch wie um etwas zu beweisen und ohne auf ihn zu achten, ging Rosemary an ihm vorbei und griff nach einem Karton. Sie hob ihn an und schwankte leicht unter seinem Gewicht. Als sie sich nach vorn beugte, um ihn vorsichtig abzustellen, schien sie das Gleichgewicht zu verlieren. Willis trat schnell einen Schritt vor. Nicht auszudenken, wenn etwas passierte, denn der Karton enthielt die kostbaren Linsen für das Teleskop, die zumindest in Endicott nicht zu ersetzen waren. Vorsichtig setzte er den Karton auf dem Rasen ab.
„Die Ausrüstung ist eine Spezialanfertigung und sehr teuer“, sagte er. „Die kann ich nicht mal eben in dem nächsten Laden kaufen.“
„Schon gut, schon gut, ich rühre nichts mehr an. Ich wollte dir nur behilflich sein. Keine Sorge, ich werde mich dir nicht mehr aufdrängen.“
Sie drehte sich um, und Willis bekam gerade noch ihr Handgelenk zu fassen. Rosemary fuhr herum und entriss ihm die Hand. Ihre Augen funkelten so zornig, dass er einen Schritt zurücktrat.
„Tu das nie wieder.“ Ihre Stimme klang leise und drohend.
„Was denn?“ Er war verwirrt. „Ich wollte doch nur deine Hand nehmen.“
„Genau das meine ich.“
„Aber …“
„Bleib mir vom Leib, Willis.“ Sie machte ein paar Schritte rückwärts.
„Das war doch nur eine ganz harmlose Berührung.“ Er schüttelte ratlos den Kopf. „Außerdem bist du doch zu mir gekommen und nicht ich zu dir.“
„Ja, und das war auch sehr dumm von mir.“
„Rosemary …“Vorsichtig trat er einen Schritt vor.
Er hatte keine Ahnung, warum er sich um sie bemühte. Das hatte er doch früher nie getan. Aber er sah irgendetwas in ihren Augen, was vor fünfzehn Jahren noch nicht dagewesen war, wenn er sie geärgert hatte. Damals hatte sie immer versucht, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen. Jetzt schien sie viel zu schnell klein beizugeben.
Bevor er noch etwas äußern konnte, hatte sie sich umgedreht. „Ich muss zur Arbeit“, erwiderte sie nur und ging schnell auf die Garage zu.
Schweigend sah er ihr zu, während sie die Garagentür aufschloss und unmittelbar danach, so schien es ihm, in einem feuerroten Kabrio herausfuhr. Typisch Rosemary, alles nur Show, keine Substanz, dachte Willis kopfschüttelnd. Tolle Figur, aber nichts im Hirn. Impulsiv, spontan, unbekümmert und lebenslustig. Sie war genau das Gegenteil von ihm, und doch hatte er genau diese besondere Kombination von Eigenschaften immer wieder bei Frauen gesucht und nie finden können.
Rosemary March war schuld, dass er keine passende Frau fand, und dabei hatte er mit ihr nie etwas gehabt. Obwohl sie die letzte Frau sein sollte, von der er angezogen wurde, war sie die erste gewesen, in die er sich verknallt hatte, so dumm das auch von ihm gewesen war.
Und irgendwie hatte das seine Vorstellungen von Frauen geprägt. Er hatte sich durchaus um gute Beziehungen zu ernsthaften, soliden und intelligenten Frauen bemüht, Frauen, die attraktiv waren und ihm intellektuell ebenbürtig. Und plötzlich ging ihm auf, dass er dazu verdammt war, muntere und oberflächliche Frauen zu begehren. Solche wie Rosemary March.
Während er dem kleinen roten Sportwagen hinterhersah, der mit überhöhter Geschwindigkeit um die Ecke bog, erkannte
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