JULIA COLLECTION Band 14
sich normalerweise von einem etwas zerstreuten Professor machte. Aber Rosemary wusste, dass er alles andere als zerstreut war. Unter seinem konventionellen Äußeren schlug das leidenschaftliche Herz eines Mannes, der begehren und lieben konnte. Wenn er doch nur zuließe, dass sie …
„Ja?“ Er wirkte beinahe verstört.
Sie sah ihn nachdenklich an. Wie sollten sie diesen Tag zu einem guten Abschluss bringen? Einerseits wusste sie, dass sie lieber nicht noch mehr Zeit mit Willis verbringen sollte, weil sie sicher bald wieder mit dem üblichen Hickhack anfangen würden. Andererseits wollte sie nichts lieber, als weiter mit Willis zusammenzusein.
„Also, ich …“, begann sie etwas ungeschickt. Dann gab sie sich einen Ruck. „Es ist noch nicht ganz dunkel. Im Kühlschrank steht eine Flasche Wein, wenn du noch etwas trinken möchtest.“
Er hob abwehrend die Hand. „Nein, danke, ich glaube, ich habe mehr als genug gehabt. Ein Glas mehr, und ich hätte nicht mehr nach Hause fahren können.“
Sie nickte gedankenverloren. „Weißt du, ich muss immer an Angie denken, an Angie und diesen Mafia-Typ.“
Willis lächelte. „Vielleicht tröstet es dich, dass ich mich mit dem Mann unterhalten habe und jetzt doch anders über ihn denke. Ehrlich, Rosemary, ich bin nicht davon überzeugt, dass er so schlecht ist.“
Sie starrte ihn an. „Aber, Willis! Er ist ein Krimineller.“
„Er hat mir erzählt, er arbeite für die Cokely Chemical Corporation.“
Rosemary lachte kurz auf. „Alles Tarnung.“
„Aber Angie scheint ihn zu mögen.“
Rosemary schüttelte den Kopf. „Nein, Angie liebt ihn.“
„Wo liegt dann das Problem?“
Sie musterte ihn einen Augenblick schweigend. Sie konnte ihm nicht sagen, dass sie die Gefühle ihrer Freundin sehr gut verstehen konnte, weil auch sie sich wie Angie in einen Mann verliebt hatte, der nicht der richtige für sie war. Auch wenn Willis kein Verbrecher war, so war er genauso gefährlich für sie. Denn er konnte ihr sehr wehtun, wenn sie ihm die Gelegenheit dazu gab.
„Der Mann ist gefährlich und könnte ihr wehtun“, sagte sie leise und sprach damit laut aus, was sie dachte.
„Nein, er wird ihr nichts tun. Und er wirkt in keiner Form gefährlich auf mich. Eher harmlos.“
„Das sind die schlimmsten.“
Er sah sie überrascht an und blickte dann in Richtung Treppenhaus. „Ich muss nach oben gehen. Es ist zwar noch nicht dunkel, aber ich muss alles vorbereiten.“
„Kann ich mitkommen?“
Die Frage war Rosemary spontan herausgerutscht, aber sie wollte sie auch nicht wieder zurücknehmen. Sie wollte den Abend nicht wieder unten vor dem Fernseher, nur mit den zwei Katzen verbringen. Sie hatte es satt, immer allein zu sein.
Auch Willis schien von ihrer Frage überrascht zu sein, aber er zuckte leicht mit den Schultern und sagte: „Sicher. Warum nicht?“
„Ich würde dich nicht stören?“
„Nein, Rosemary. Du würdest mich nicht stören.“ Er versuchte, den Krawattenknoten zu lösen. „Ich muss mich nur noch umziehen.“ Er zerrte an der Krawatte. „Verdammt, das Ding will nicht aufgehen.“
„Komm, ich helfe dir.“
Sie trat ein paar Schritte näher, und zuerst hatte sie den Eindruck, als wollte er zurückweichen. Aber dann blieb er stehen. „Hier, versuch du es mal.“
Der Knoten war sehr fest zugezogen, und während sich Rosemary bemühte, ihn zu lösen, wurde ihr wieder bewusst, wie verwirrend Willis’ unmittelbare Nähe auf sie wirkte. Sie spürte die Hitze seines muskulösen Körpers, nahm seinen sauberen Duft wahr und seine schnellen Atemzüge.
„Ach, du liebe Zeit, Willis“, sagte sie mit einem nervösen Lachen. „Wer hat dir denn beigebracht, wie man eine Krawatte bindet?“
Auch er musste lachen. „Ich war heute Nachmittag unter Zeitdruck, und da habe ich nicht richtig aufgepasst. Aua!“ Schnell griff er sich an den Hals und hielt ihre Finger fest. „Rosemary, du erwürgst mich ja!“
„Vielleicht sollte ich lieber eine Schere holen.“ Immerhin saß die Krawatte jetzt etwas lockerer, aber der Knoten rührte sich nicht.
Willis atmete tief durch. „Das kommt überhaupt nicht infrage. Das ist meine beste Krawatte, die wird nicht aufgeschnitten.“
Sie sah ihn fassungslos an. „Du lieber Himmel, Willis, das ist die hässlichste Krawatte, die ich jemals gesehen habe! Und dazu noch aus Kunstfaser.“
Jetzt wirkte er etwas beleidigt. „Entschuldige, aber ich habe sie in einem der besten Kaufhäuser Bostons gekauft. Sie hat
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