JULIA COLLECTION Band 15
sagte er ernst. „Tony und viele andere Kinder und Jugendliche zählen auf Sie. Wenn Sie selbst krank werden, können Sie niemandem helfen.“
„Kein Widerspruch“, erklärte sie und nahm einen Bissen von dem Salat, um ihre Worte zu unterstreichen.
„Wie geht es Tony“, erkundigte Mack sich nach einer Weile. „Hat sich etwas geändert?“
„Vermutlich ist Ihnen schon aufgefallen, dass er mit jedem Tag schwächer wird. Wir bemühen uns, ihn wieder aufzubauen, um erneut eine Chemotherapie durchführen zu können, aber nichts hilft“, gestand sie frustriert. „Vielleicht könnten Sie ein ernährungstechnisches Wunder bewirken. Er isst nämlich nicht.“
„Ich kümmere mich darum“, versprach Mack. „Gibt es etwas, was er nicht essen darf?“
„Nein.“
„Und ich verstoße gegen keine Regeln, wenn ich Essen mitbringe?“
„Ich rette Sie vor der Lebensmittelpolizei, wenn Sie ihn bloß zum Essen bringen“, versprach Beth.
„Dann habe ich schon eine Idee, wie man einem Zwölfjährigen Appetit macht, und ich kann ihm den gleichen Vortrag über Treibstoff für den Körper halten, den Sie soeben gehört haben.“
„Danke“, sagte sie aufrichtig. „Im Moment hört er eher auf Sie als auf mich.“
„So ist das eben unter Männern“, bemerkte Mack lächelnd. „Vielleicht muss ich darauf bestehen, dass Sie mit uns Pizza oder Pommes essen. Kinder brauchen stets ein Vorbild.“
„Wollen Sie mich mästen?“, fragte sie lachend.
„Nur ein wenig.“
„Die Frauen, die ich bisher in Ihrer Begleitung gesehen habe, waren dünn wie Models.“
„Glauben Sie nicht alles, was Sie aus Zeitungen haben, Doc“, warnte er.
„Wollen Sie behaupten, dass Fotos lügen? Wie denn das?“
„Eine ehrgeizige Frau, ein skrupelloser Fotograf, und schon genügt es, auf den Auslöser zu drücken, um einen falschen Eindruck zu erwecken“, erklärte er bitter und winkte ab. „Reden wir nicht weiter darüber. Wie sieht es mit der Suche nach einem Knochenmarkspender aus?“
„Tony steht auf der Liste, aber wir haben noch keinen Druck gemacht, weil er im Moment ohnehin nur sehr bedingt für eine Transplantation infrage käme.“
„Kann ich etwas tun?“, fragte Mack.
„Besuchen Sie ihn weiter. Nur wenn Sie bei ihm sind, höre ich ihn lachen.“
„Und was ist mit Ihnen, Doc?“ Er sah sie forschend an. „Wie halten Sie sich? Es greift Sie an, nicht wahr? Sie haben Angst.“
Beth hatte Mühe, ihre Gefühle unter Kontrolle zu halten. „Große Angst“, gestand sie trotzdem ein.
Mack griff nach ihrer Hand. „Auch Ärzte dürfen Gefühle haben.“
„Nein.“ Ruckartig zog sie die Hand zurück, weil es viel zu verlockend war, sich von ihm trösten zu lassen. „Wir müssen distanziert und objektiv bleiben.“
„Und warum?“
„Weil wir nur so unsere Arbeit erledigen können.“
„Sie meinen, ohne irgendwann zusammenzubrechen?“
Sie nickte, und nun war die Reihe an ihr, das Thema zu wechseln. „Könnten wir über etwas anderes sprechen?“
„Gern“, lenkte er ein. „Möchten Sie sich vielleicht über Football unterhalten?“, fragte er dann amüsiert.
Der Scherz half ihr, sich zu entspannen. „Das wäre eine kurze Unterhaltung, was mich betrifft, da müssten Sie schon die meiste Zeit sprechen.“
„Sie kennen doch uns Sportskanonen. Wir können endlos über Sport reden. Aber das erspare ich Ihnen. Wie wäre es mit Politik?“
„Ich habe in der Zeitung gelesen, dass Ihr Bruder sich für die Wahl als Stadtrat von Alexandria bewerben möchte.“
„Ja“, bestätigte Mack. „Richard hält sich an das Erbe, das unser Vater ihm hinterlassen hat.“
„Es scheint Ihnen nicht zu gefallen“, stellte sie fest, weil plötzlich ein gereizter Unterton in seinen Worten mitschwang.
„Ich würde Richard voll unterstützen, wäre es sein eigener Wunsch. Er hat aber sein ganzes Leben nach den Erwartungen ausgerichtet, die man uns als Jungen eingetrichtert hat. Er leitet Carlton Industries , und das ist in Ordnung. Dabei handelt es sich um die Familienfirma, und das macht er auch gern. Dafür ist er wie geschaffen. Aber ich bin nicht überzeugt, dass er wirklich in die Politik gehen möchte. Aus Pflichtgefühl unserem Vater gegenüber, der schon seit zwanzig Jahren tot ist, wird Richard es tun, und natürlich wird er es auch gut machen.“
„Haben Sie ihm Ihre Meinung je gesagt?“
„Nein. Man sagt Richard gar nichts. Er ist derjenige, der uns anderen erklärt, was zu tun ist.“
„Und verübeln
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