JULIA COLLECTION Band 15
einer werden?“
„Du Banause!“, rief Ben stöhnend.
„Komm schon, ich habe ein gutes Auge.“
„Vielleicht für Frauen.“
Mack warf erneut einen prüfenden Blick auf die Leinwand. „Ist das vielleicht der massige Po einer sehr dicken Frau in einem orangefarbenen Bikini?“
„Da warst du mit dem Kürbis schon näher dran“, erwiderte Ben lachend.
„Ja, was ist es denn dann?“
„Da du so gern rätst, lasse ich dich warten, bis es fertig ist. Dann kannst du es wieder versuchen.“
„Meistens errate ich alles“, brüstete Mack sich. „Andererseits hast du bisher ziemlich deutlich erkennbare Felder, Bäume und Flüsse gemalt.“
„Das hier ist ein Experiment.“
„Darf ich dir einen Rat geben?“
Ben nickte vorsichtig.
„Schuster, bleib bei deinem Leisten“, sagte Mack und wich der leeren Limonadendose aus, die eine Sekunde später auf seinen Kopf zuflog.
Für einen künstlerisch veranlagten Menschen konnte Ben ausgezeichnet zielen, und darüber hinaus hatte er Mack fast eine Stunde lang von einer gewissen höchst verwirrenden Ärztin abgelenkt. Der Besuch hatte sich also gelohnt.
„Ich bin mit Tony Vitales Blutwerten gar nicht zufrieden“, sagte der Hämatologe, der Beth in ihrem Büro gegenübersaß. „Er reagiert nicht wie erhofft. Wir sollten eine Transfusion in Betracht ziehen, bevor er noch schwächer wird.“
Dagegen hatte Beth nichts einzuwenden, fürchtete jedoch, es könnte sich auf Tony und seine Mutter demoralisierend auswirken, weil beide erkennen würden, dass die anderen Maßnahmen nicht griffen.
„Bist du dagegen?“, fragte Peyton Lang.
„Wir können ihn nicht aufgeben“, antwortete Beth entschieden.
„Vielleicht gewinnen wir dieses Mal nicht“, warnte Peyton. „Du solltest dich mehr zurücknehmen.“
„Auf keinen Fall“, wehrte Beth ab. „Und ich gebe Tony nicht auf. Also gut, Transfusion gleich morgen früh. Heute Abend spreche ich mit Tonys Mutter.“
Der Hämatologe verließ den Raum, und Beth war schon an der Tür, als Mack auftauchte. Er warf einen Blick auf ihre gequälte Miene und drängte sie gleich wieder in ihr Büro zurück.
„Was ist los?“, fragte er. „Setzen Sie sich. Sie sehen schrecklich aus.“
„Das hört jede Frau gern“, murmelte sie, ließ sich jedoch in ihren Sessel sinken.
„Ich bin nicht hier, um Ihnen zu schmeicheln.“
„Eindeutig nicht. Warum sind Sie dann hier?“
„Ich war bei Tony. Er sieht nicht gut aus.“
Beth nickte. „Er braucht eine Transfusion, die ihm noch ein wenig Zeit verschafft.“
Mack sah sie betroffen an. „Wie viel? Tage? Wochen?“
„Mehr nicht.“
„Was ist mit einer Knochenmarktransplantation?“
„Sein Zustand ist im Moment zu wackelig. Es wäre zu riskant.“
„Sie haben eben gesagt, dass ihm nur Tage oder Wochen bleiben. Wäre es da nicht höchste Zeit, ein Risiko einzugehen?“
„Es gibt Vorschriften, tut mir leid.“
„Damit finde ich mich nicht ab“, widersprach er heftig.
„Wir haben keine andere Wahl.“
„Ich schon!“, rief er. „Wir suchen ihm einen anderen Arzt und eine andere Behandlungsmethode! Dieser Junge wird nicht sterben, solange wir nicht alles Erdenkliche getan haben.“
Beth fühlte sich keineswegs verletzt, dass Mack nicht überzeugt war, sie würde alles in ihrer Macht Stehende tun. Nur zu gut kannte sie diesen hilflosen Zorn, den er jetzt empfand. „Mack, wir bieten ihm hier im Krankenhaus die denkbar beste Behandlung“, erklärte sie ruhig.
„Aber Sie geben ihn auf.“
„Nein!“, widersprach Beth heftig. „Niemals. Ich versuche nur, realistisch zu sein.“
„Darauf pfeife ich!“, herrschte er sie an. „Tut mir leid, ich sollte das nicht an Ihnen auslassen. Ich weiß, wie sehr Sie sich bemühen.“
„Schon gut, ich verstehe Sie.“
„Und ich verstehe jetzt, wieso Sie vorhin so schlecht ausgesehen haben“, versicherte er. „Wie geht es weiter?“
„Eine Transfusion – morgen früh“, erklärte Beth. „Wir werden sehen, ob sie hilft.“
Mack nickte und hielt ihr die Hand hin. „Begleiten Sie mich zu Tony?“
„Ich wollte auch gerade zu ihm“, erwiderte sie und griff nach seiner Hand.
„Dr. Beth ist wirklich hübsch, finden Sie nicht auch, Mack?“, fragte Tony.
Mack dachte nicht daran, sich mit noch einem Kuppler herumzuschlagen. Stattdessen reichte er dem Jungen die Comics, die er ihm mitgebracht hatte. „Sieh dir das an. Ich hatte keine Ahnung, dass es so viele neue Superhelden gibt.“
„Sie haben nicht
Weitere Kostenlose Bücher