JULIA COLLECTION Band 17
zurückgeschleift. Wie konnte Caroline ihn jetzt allein lassen? Vor diesem Moment graute ihm, seit er die Akten gelesen hatte. Aber vielleicht musste sie nur ins Bad. Das musste sie in letzter Zeit oft. Keine Panik, sagte er sich.
Er holte sich einen Kaffee, den er gar nicht wollte. Kate schlug vor, sich hinzusetzen. Die anderen stimmten zu, und Rafe stellte Stühle um den Couchtisch. Cord und Kate holten sich ebenfalls Kaffee, während Jack zu Rafe ging.
„Ich dachte, du zeichnest nicht mehr“, sagte er.
„Nur ein Hobby“, erwiderte Rafe achselzuckend, obwohl er nicht einsah, warum er sich für etwas rechtfertigen sollte, das niemanden etwas anging.
„Vielleicht solltest du mehr daraus machen“, schlug Jack vor. „Jetzt kann unser Vater dich nicht mehr dafür verprügeln.“
Bevor Rafe antworten konnte, gesellten Cord und Kate sich zu ihnen. Verzweifelt schaute er zum Durchgang hinüber und wünschte, Caroline würde endlich zurückkommen. Als hätte sie es gespürt, kam sie herein. Sie rieb sich das Kreuz, und er wollte sie fragen, ob es ihr gut ging, aber sie setzte sich neben ihn, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
Er räusperte sich und begann. „Offenbar hat Caine die Wahrheit gesagt, als er uns erzählte, dass unsere … dass Madelyn Stockwell vielleicht noch am Leben ist. Caroline und ich haben Beweise dafür gefunden.“
„Was für Beweise?“, fragte Cord mit gepresster Stimme.
Rafe berichtete von dem Scheidungsurteil und den Überweisungsbelegen. Seine Geschwister lauschten stumm, aber er sah ihnen an, wie verletzt sie waren. Als er fertig war, sprang Cord auf und ging hin und her.
„Ich weiß nicht, wie es euch geht“, sagte er. „Ich sehe keinen Sinn darin, nach ihr zu suchen. Selbst wenn sie wirklich noch lebt – ich will sie nicht sehen.“
„Ich auch nicht“, pflichtete Kate ihm bei. „All diese Jahre habe ich mich damit getröstet, dass unsere Mutter uns geliebt hat. Dass es nicht ihre Schuld war, dass sie ums Leben gekommen ist. Dass sie uns alle von unserem Vater weggeholt hätte, wenn sie nicht gestorben wäre.“ Ihre Stimme versagte, und sie wischte sich Tränen von den Wangen. „Oh, wie konnte ich nur so naiv sein.“
„Ach, Katie“, stöhnte Cord und wollte sie umarmen, doch sie schob ihn fort.
„Unsere liebe Mutter … Madelyn Stockwell … hat uns im Stich gelassen“, schluchzte Kate. „Um mit ihrem eigenen Schwager herumzumachen. Kein Wunder, dass Dad so gemein zu uns war. Sie muss so kaltherzig, egoistisch und …“
„Das reicht, Kate“, donnerte Jacks tiefe Stimme. „Du weißt nicht, was du redest. So war sie nicht.“
„Ich würde sagen, Kate hat vollkommen recht“, sagte Cord. „Oder weißt du etwas über sie, das wir nicht wissen?“
„Ich erinnere mich nur besser an sie als ihr“, entgegnete Jack. „Das ist alles.“ Er sah Caroline an. „Gibt es Hinweise darauf, dass sie nach uns noch ein Kind bekommen hat?“
„Nein. Aber auch nichts, das dagegen spricht“, erwiderte sie so sachlich wie möglich.
„Wie hoch waren die Zahlungen?“, fragte er.
„Beträchtlich, selbst nach heutigen Maßstäben. Sie wurden jeden Monat per Scheck entrichtet, und der Scheck wurde jedes Mal uneingelöst zurückgeschickt. Mein Vater hat das Geld immer auf das Treuhandkonto eingezahlt, und durch die Zinsen ist es mittlerweile zu einem kleinen Vermögen angewachsen.“
„Was wird daraus, wenn Dad stirbt?“, wollte Cord wissen.
„Madelyn erbt es. Wenn sie stirbt oder schon tot ist und es ein weiteres Kind gibt, wird er oder sie es bekommen.“
„Und wenn es kein weiteres Kind gibt?“, warf Kate ein.
„Das hängt vom gültigen Testament eures Vaters ab. Vermutlich wird es zwischen den Erben aufgeteilt“, erklärte Caroline. „Ihr werdet herausfinden müssen, was aus Madelyn geworden ist, wenn ihr Caines Nachlass ordnungsgemäß regeln wollt.“
„Ich suche nach ihr“, sagte Jack in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. „Wenn du mir ihre letzte Anschrift in Frankreich gibst, fange ich gleich an.“
Carolines Stimme war die ruhigste von allen. „Ich habe Umschläge mit verschiedenen Adressen gefunden. Auf denen der letzten Jahre stand immer nur ‚Anschrift unbekannt‘.“
„Das ist ein Anfang. Ich hole sie morgen auf dem Weg zum Flughafen ab.“
„Habt ihr noch Fragen an Caroline?“, sagte Rafe.
„Ich möchte Kopien der Akten“, meinte Cord.
Caroline nickte, und Kate und Jack verließen wortlos den Raum. Cord sah ihnen
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