JULIA COLLECTION Band 17
dass sie meistens vergessen konnte, was sie in Wirklichkeit war.
Die nutzlose Hülle einer Frau.
Ihr Blick fiel auf Brads Taschentuch, das sie noch immer in der Hand hielt. Sie presste es an ihre Wange und sog den verführerisch männlichen Duft ein, der daran haftete.
Seufzend ließ sie die Hand sinken und zuckte zusammen, als Mrs. Hightower geräuschlos hinter ihr auftauchte.
Kate räusperte sich und ließ das Tuch in ihrer Hosentasche verschwinden. „Was gibt es?“, fragte sie.
Der Haushälterin war nicht anzusehen, ob sie Kates verweinte Augen bemerkte. „Ihre Praxis ist am Apparat.“
Kate dachte an all die Telefonate, die sie bereits geführt hatte. Sie dankte Mrs. Hightower und ging in den Wintergarten zurück.
Mit etwas Glück bedeutete dieser Anruf etwas Gutes für ihren jungen Patienten, der so kurz vor einem Durchbruch stand. Leider schien der Vater sich nicht gegen seine Familie durchsetzen zu können, die den Jungen am liebsten vor der Welt verstecken und so tun würde, als gäbe es ihn gar nicht.
Kate wollte den kleinen Bobby nicht im Stich lassen. Sie wusste, dass es unvernünftig war, für einen Patienten Gefühle zu entwickeln. Aber etwas an dem dunkelhaarigen Jungen mit den schwarzblauen Augen hatte ihr das Herz gestohlen.
Ja, als Frau war Kate ziemlich unerfüllt.
Also blieb ihr nur, eine gute Therapeutin zu sein.
2. KAPITEL
Gab es auf Erden noch eine Frau, die ihn so um den Verstand brachte wie Kate Stockwell? Wenn ja, würde Brad ihr ungern begegnen.
Er rieb sich das Gesicht und wehrte sich gegen die Wut, bevor er zu Kates Brüdern zurückkehrte, die noch immer über das Porträt sprachen. Jack Stockwell sah ihm entgegen. Offenbar hatte er bemerkt, dass Brad seiner Schwester aus dem Raum gefolgt war. Na ja, ihr ältester Bruder hatte schon immer gern den Beschützer gespielt. Früher hatte ihn das nie gestört. Er war einer von ihnen gewesen, hatte sogar fast dazugehört.
Doch jetzt war er der Exverlobte ihrer kleinen Schwester. Und bestimmt hatte Kate ihren Brüdern gegenüber keinen Zweifel daran gelassen, wer an dem „Ex“ schuld war.
Ohnehin war jetzt alles anders. Jack schien den größten Teil seiner Zeit in Europa zu verbringen. Rafe war Deputy U.S. Marshal, und Cord führte die Geschäfte der Familie. Kate war vor einigen Jahren aus Houston zurückgekehrt, nach der Scheidung von einem Mann, der ursprünglich Brads Freund gewesen war.
Brad erinnerte sich an den Tag, an dem er erfahren hatte, dass sie wieder in Grandview war. Dass sie in die Stockwell-Villa gezogen war. An dem Tag hatte er bei einer Ermittlung seine Tarnung vernachlässigt, und es hatte ganze zwei Wochen gedauert, bis er den Fehler wiedergutgemacht hatte.
Nein. Heute war er nicht als Freund der Stockwells hier, sondern als Privatdetektiv, der die Spur ihrer Mutter verfolgen sollte. Und da ihm der Auftrag gefiel, würde er ab jetzt nicht mehr über seine eigene, sondern über Madelyn Stockwells Vergangenheit nachdenken.
„Gab es in der Galerie, in der du das hier entdeckt hast, noch andere Gemälde von ihr?“, fragte er Jack.
„Nicht mehr. Alle anderen waren bereits verkauft. Offenbar ist sie dort drüben eine gefragte Malerin. Das Porträt hing nur deshalb noch dort, weil Roubilliard, der Galerist, sich nicht davon trennen wollte“, erklärte Kates Bruder.
„Und warum hat er es doch getan?“, wollte Cord wissen.
„Er konnte meinem Angebot nicht widerstehen.“
„Du hast ihn bestochen“, übersetzte Rafe.
Jack zuckte mit den Schultern. „Das Bild gehört nicht in irgendeine Galerie in Frankreich, sondern in dieses Haus, zu den anderen Porträts der Stockwells.“
„Dort hätte es längst gehangen, wenn Caine uns nicht das Lügenmärchen von ihrem Bootsunfall mit Onkel Brandon aufgetischt hätte“, warf Rafe grimmig ein.
Brad beobachtete Jack. Seine Miene veränderte sich nicht. Er hielt Brad lediglich einige Prospekte hin.
„Hier“, begann er. „Madelyn LeClaires Arbeiten sind darin aufgeführt. Einzelausstellungen, Gruppenausstellungen, ein paar Nachlassversteigerungen.“
Brad blätterte sie durch. Einige waren fünfzehn Jahre alt. Plötzlich spürte er, dass Kate den Raum betrat, aber er konzentrierte sich weiterhin auf die Prospekte. Auf die Arbeit.
Es gelang ihm allerdings nicht länger als ein paar Sekunden lang, dann drehte er sich um. Sie sah noch verstörter aus als im Wintergarten.
Nein, es sollte ihn nicht beschäftigen, was er bei Kate Stockwell auslöste.
Er
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