JULIA COLLECTION Band 17
geht?“
„Niemand wüsste besser als ich, dass nichts und niemand dich von deiner Arbeit ablenken kann. Ich bin nur neugierig, warum du diesen Auftrag übernommen hast.“ Ihre Lippen fühlten sich trocken an. „Wenn man alles in Betracht zieht.“
„Du meinst, wenn man dich in Betracht zieht.“
„Das ist lange her.“
Sein Blick wanderte zu ihrem Gesicht hinauf. „Du traust mir nicht“, stellte er sanft fest.
„Ich …“
„Das ist es doch, oder? Du glaubst nicht, dass ich für deine Familie mein Bestes gebe.“
„Meine Brüder hätten dich nicht engagiert, wenn sie Zweifel hätten.“
„Wir reden nicht über deine Brüder.“
„Nein“, bestätigte sie nach einem kurzen Schweigen, „das tun wir nicht.“
Seine Augen wurden schmaler. „Ich fürchte, Tränen wären wirksamer als der eisige Ton, um den du dich so verzweifelt bemühst.“
„Bleib bei deinem Fall, Brad. Finde Madelyn LeClaire.“
„Und halt dich von mir fern“, fügte er hinzu.
„Das habe ich nicht gesagt.“
„Das brauchtest du auch nicht.“
Sie verfluchte die Tränen, die nicht versiegen wollten. „Jack hat dieses Gemälde nicht den weiten Weg aus Europa mitgebracht und dich heute hergerufen, damit ich mich an deiner Schulter ausweinen kann.“ Ihre Stimme klang schnippisch.
„Hör zu“, begann er nach kurzem, eisigem Schweigen. „Du brauchst nicht so tun, als wäre dies alles nicht schwer für dich. Erst erfährst du, dass dein Vater todkrank ist, dann hörst du, dass deine Mutter vielleicht noch lebt. Und jetzt dieses Porträt. Kate, das würde jeden erschüttern. Du musst es nicht verstecken. Weißt du was? Es hat sogar mich erschüttert.“
„Dich erschüttert gar nichts.“
Er verzog seinen Mund. „Du wärst überrascht. Außerdem weiß ich noch, wie du in dem Alter warst. Du warst eine Furie, aber das Mädchen auf dem Bild sieht aus, als könnte es kein Wässerchen trüben.“
„Ich muss mich frisch machen“, sagte sie.
„Ist die Audienz beendet, Prinzessin?“
Sie warf ihm einen wütenden Blick zu. Den Teenager, der sich sein Taschengeld mit Gartenarbeit verdient hatte, während seine Mutter für Richter Orwell und dessen stets perfekt frisierte Frau Bitys kochte, gab es nicht mehr.
Nein, jetzt sah Brad aus, als würden ihm Dienstboten jeden Wunsch von den Augen ablesen. Dabei fiel Kate auf, dass sie – abgesehen davon, dass er eine renommierte Detektei besaß – nur wenig über den Privatmann Brad Larson wusste.
„Ich …“
„Schon gut, Kate. Vergessen wir diese Begegnung. Von mir wird niemand erfahren, dass Kate Stockwell Tränen vergossen hat.“
Schlagartig versiegten ihre Tränen. „Ich frage mich wirklich, was ich mal an dir gefunden habe. Warte, jetzt fällt es mir wieder ein. Es war dein geistreicher Sinn für Humor.“ Entsetzt hörte sie sich reden. Das war nicht sie, das war eine kaltherzige, arrogante Frau.
Um Himmels willen, sie war Kunsttherapeutin! Sie half Menschen. Kindern, um genau zu sein. Sie führte doch sonst nicht mit Worten Krieg gegen andere.
Brad beugte sich vor und sah ihr ins Gesicht.
Es kostete sie ihre ganze Selbstbeherrschung, nicht zurückzuweichen. „Was gibt es da zu sehen?“
Er richtete sich auf. „Ich wollte nur mal nachschauen, ob zusammen mit der Wimperntusche und dem Make-up auch deine selbstsichere Maske zerlaufen ist.“ Er lächelte matt und verließ den Wintergarten.
Kate starrte auf die gepflegten Pflanzen, die wertvollen Antiquitäten, die bequemen Möbel. Die texanische Sonne schien herein, golden und warm und hell.
Man sollte meinen, dass das Haus, in dem sie stand, von der gleichen Wärme erfüllt war. Aber Kate wusste es besser. Dafür hatte ihr Vater gesorgt, indem er seine Kinder so behandelt hatte wie sie eben gerade den Mann, mit dem sie vor Jahren verlobt gewesen war.
Ihre Hände zitterten schon wieder. Sie betrat den Korridor und sah in einen der gerahmten Spiegel zwischen den alten Ölgemälden mit den Vorfahren der Familie.
Ihre Augen waren ein wenig gerötet, aber die Wimperntusche war nicht zerlaufen. Abgesehen davon sah sie aus wie immer. Dunkelbraunes Haar. Blaue Augen. Ein zu schmales Gesicht mit einer etwas zu langen Nase. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte Brad sie schön genannt. Und sie hatte es ihm geglaubt, ja sie hatte sich so gefühlt. Das war lange her.
Jetzt war sie nur eine Frau, die den Kindern anderer Menschen half, ihre Probleme zu bewältigen. Sie war erfolgreich und so stolz auf ihre Arbeit,
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