JULIA COLLECTION Band 17
ausgerechnet er ihr folgen? Als sie sich das Haar aus dem Gesicht strich, stellte sie fest, dass sie in den Wintergarten gelaufen war. „Natürlich“, erwiderte sie. „Warum sollte ich es nicht sein?“
Sie streckte die Hand aus, um einen kleinen Farn ins Licht zu drehen, aber ihre Finger zitterten so heftig, dass sie den Topf umstieß und die Erde sich auf dem alten Orientteppich verteilte. Mit einem Schluchzen ging sie in die Hocke und fegte die Krümel zusammen.
„Kate.“ Brad beugte sich zu ihr herab und legte die Hände um ihre Schultern. „Lass das.“
„Ich will es nicht lassen“, wisperte sie, doch wie von selbst legte ihr Kopf sich an seine Brust. Sie schlang die Arme um ihn, schmiegte sich an ihn und zuckte entsetzt zurück, als ihr bewusst wurde, was sie tat. Die Erdklumpen verschwammen vor ihren Augen.
„Komm schon, Kate, ich sagte, lass das. Mrs. Hightower wird sich darum kümmern. Sie hat genug Personal.“
Kate schöpfte die Erde in den Topf, stellte ihn zurück, klopfte sich die Hände ab und richtete sich wieder auf. „Du konntest Mrs. Hightower nie ausstehen.“
„Ich sie? Sie mich“, entgegnete er gelassen. „Komm, hör auf zu flennen.“
Sie sprang auf. „Ich flenne nicht.“
„Natürlich. Die Stockwell-Prinzessin lässt sich nie gehen.“ Er sah ihr ins Gesicht. „Wieso läuft dir dann die Wimperntusche über die Wangen?“
„Du bist grässlich.“
Er zuckte mit den Schultern. „Wisch dir die Augen ab, Katy.“
Katy. Nur Brad hatte sie so genannt. Sie schloss die Augen. Einen schmerzhaften Moment lang schien die Zeit stehen zu bleiben – bittersüß und beherrscht von den Gespenstern der Vergangenheit.
Sie verdrängte die Erinnerungen.
Brad drückte ihr ein weiches Taschentuch in die Hand. „Ich hätte mir denken können, dass du eins bei dir hast“, murmelte sie mit belegter Stimme. Er hatte immer eins dabeigehabt, selbst als sie erst dreizehn gewesen waren und den ganzen Schulhof mit ihren Späßen unterhalten hatten.
„Meine Mutter mag nur eine Dienstbotin in einem der großen alten Anwesen dieser Gegend gewesen sein, aber sie hat mir Manieren beigebracht.“
„Und ich bin sicher, all die Frauen, deren Tränen du im Laufe der Jahre getrocknet hast, waren froh darüber“, entgegnete sie spitz.
„Bist du etwa eifersüchtig?“
Fast hätte sie ihn angefaucht. Nur ihre Selbstbeherrschung hinderte sie daran. „Kaum. Ich neige nicht zur Eifersucht.“ Das war eine glatte Lüge. Sie war eifersüchtig gewesen. Auf die eine große Liebe in Brads Leben. Und sie hatte niemanden gehabt, der ihr half, damit fertig zu werden.
Damals hätte sie eine Mutter gebraucht.
Aber Kate war in dem Glauben aufgewachsen, dass ihre Mutter vor fast dreißig Jahren ertrunken war. In dem See auf dem Anwesen der Stockwells.
Sie wischte die Tränen fort. Auch wenn sie diese Situation hasste, aber es gab einen Grund für seine Anwesenheit, und den sollte sie nicht vergessen: Er war ein hervorragender Privatdetektiv, nur deshalb war er hier.
„Das kann kein Porträt von mir sein“, sagte sie. „Es muss ein Zufall sein. Das Mädchen auf dem Bild muss ihr … muss ein anderes Kind sein.“ Ein Kind, das nur etwa ein Jahr jünger war als sie. Ein Kind, das bei seiner Mutter aufgewachsen war.
Brads Schweigen sprach Bände, und ihre Finger krampften sich um das Taschentuch. „Warum hat mein Vater uns all diese Jahre angelogen? Ich wusste, wie kalt und gemein er ist, aber das hier …“
„Deshalb haben du und deine Brüder mich engagiert“, erwiderte Brad. „Um euch zu helfen, eure Mutter zu finden. Und die Antworten, die Caine euch nicht geben kann oder will.“
„Ich habe dich nicht engagiert“, widersprach sie heftig.
Seine Schultern zuckten. Amüsiert? Verärgert? Kate versuchte schon lange nicht mehr, ihn zu durchschauen.
„Aber ich weiß, dass du einer der besten Privatdetektive von ganz Dallas bist“, fuhr sie fort.
„Nicht nur von Grandview?“, fragte er trocken. „Ich bin zutiefst verletzt.“
„Jack hat es vorgeschlagen. Und Caroline.“ Caroline Carlyle Stockwell. Rafes frischgebackene Ehefrau. Die Mutter seines gerade erst geborenen Kindes.
„Schon verstanden. Ich bin hier, um deine Mutter zu finden. Um einen Auftrag zu erledigen.“
„Vergiss das nicht“, erinnerte sie ihn scharf.
Seine Miene blieb unverändert. „Was ist los, Kate? Hast du Angst, ich kann mich nicht auf meinen Job konzentrieren, nur weil es um die hochwohlgeborenen Stockwells
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