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JULIA COLLECTION Band 17

JULIA COLLECTION Band 17

Titel: JULIA COLLECTION Band 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: MYRNA TEMTE ALISON LEIGH CHRISTINE RIMMER
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es aus wie das Innenleben eines Serienmörders.“
    Sie verdrehte die Augen. Das Bild erinnerte sie stark an Bobby Morales’ kindliche Kritzeleien. „Die Kreativität kann einem helfen, verdrängte Gefühle an die Oberfläche zu holen, wo man besser mit ihnen fertig werden kann. Du siehst dieses Bild und siehst Schmerz. Ich sehe jemanden, der seinen Schmerz überwindet.“
    „So wie viele deiner Patienten?“
    Kate seufzte und überraschte sie beide, indem sie ehrlich antwortete. „Ja.“
    „Trotzdem bist du mit nach Boston gekommen.“
    Sie presste die Lippen zusammen.
    „Schon gut“, sagte er. „Das sollte kein Vorwurf sein. Ich war nur neugierig, wie du dir die Zeit nehmen konntest. Ich weiß, wie oft du quer durch Texas reist, um deine Patienten zu sehen.“
    „Woher weißt du das?“ Sie war nicht sicher, ob es ihr gefiel, dass ihr Leben ihm so vertraut war.
    „Ich bin ein professioneller Schnüffler, schon vergessen?“, fragte er freundlich und führte sie nach draußen.
    Sie setzten ihren Streifzug durch die Bostoner Kunstszene fort. Bald taten Kate die Füße weh. In den letzten Tagen war sie mehr gelaufen als in all den Monaten zuvor. Aber der Erfolg blieb aus.
    Irgendwann nahmen sie die U-Bahn, weil der Weg zur nächsten Galerie zu weit war, um ihn zu Fuß zurückzulegen. Der Wagen war brechend voll, sämtliche Sitzplätze waren besetzt, und selbst in den Gängen drängten sich die Fahrgäste. Kate hatte die Wahl: Sie konnte sich an Brad schmiegen oder gegen einen wildfremden Mann gedrückt werden.
    Sie entschied sich für Brad.
    Er hielt sich an einer Halteschlaufe fest und legte den anderen Arm um Kate. Mit einer Hand umschloss er ihr Handgelenk, und mit dem Daumen strich er über ihre Haut. Immer wieder. Tat er es bewusst, oder merkte er es gar nicht?
    Sie schloss die Augen.
    Bis sie registrierte, dass er sie nicht mehr streichelte. „Narben“, murmelte er.
    Sie blinzelte verwirrt. „Wie bitte?“
    Er sah sie an. „Deine Narben. Von den Knochen, die du dir gebrochen hast. Einer davon hatte sich durch die Haut gebohrt.“
    Ihr Mund wurde trocken. Der Unfall. Er sprach von dem Unfall. „Ja.“ Ihre Lippen fühlten sich so taub an, dass sie Mühe hatte, das Wort auszusprechen.
    „Und du gabst den Traum auf, eine berühmte Künstlerin zu werden.“
    Sie runzelte die Stirn. Machte er sich darüber lustig? Ihr Traum, eine „berühmte Künstlerin“ zu werden, war in etwa so konkret gewesen wie der, Flugzeugpilotin zu werden.
    Die U-Bahn hielt mit einem Ruck, der sie fast umgeworfen hätte, und ersparte ihr so eine Antwort. Menschen stiegen aus, andere drängte herein. Die Bahn fuhr wieder an, und dieses Mal war Brad vorbereitet und stützte sie, damit sie nicht das Gleichgewicht verlor.
    Sie schaute zu ihm hoch, um ihm zu danken, und sah, wie erschöpft er war.
    Betroffen starrte sie ihn an und nagte an ihrer Unterlippe. Man musste Brad schon sehr gut kennen, um die Zeichen der Erschöpfung in seinem Gesicht wahrzunehmen. Wie kam sie also darauf? Sie kannte ihn doch nicht sehr gut. Nicht mehr.
    Vielleicht hatte sie ihn nie richtig gekannt?
    Seufzend starrte sie auf den Rücken des Mannes, der vor ihr stand. Sie konnte nur hoffen, dass Mr. Maldovan ihnen den entscheidenden Hinweis liefern und die Suche nach Madelyn abkürzen würde. Denn Brads Nähe machte die Vergangenheit noch schmerzhafter, als sie es ohnehin schon war.
    Brad sah auf die Leuchtziffern seiner Armbanduhr. Zwei Uhr morgens.
    Er lehnte sich auf dem Stuhl zurück und legte die Füße auf die Bettkante. Die Kreuzschmerzen ließen jedoch nicht nach, also stand er auf. Dabei stieß sein Ellbogen gegen Kates Zeichenblock. Er rutschte vom Tisch, und lose Blätter fielen heraus.
    Gebannt starrte er darauf. In all den Jahren hatte Kate ihm keinen einzigen Blick auf ihre Zeichnungen gestattet. Und jetzt lag mindestens ein halbes Dutzend davon auf dem Teppich. Sie würde ihn umbringen, wenn sie das bemerkte. Und er konnte es ihr nicht verdenken. Auch seine Aktentasche enthielt Dinge, die sie unter keinen Umständen sehen durfte – zum Beispiel den Verlobungsring, den er ihr gegeben und von Caine Stockwell zurückbekommen hatte.
    Aber jetzt lagen ihre Werke offen vor ihm. Die oberste Zeichnung war die schlichte und doch anrührende Skizze einer Frau … einer älteren Kate.
    Es war ein Zeugnis ihrer unglaublichen Begabung. Und was er sah, traf ihn in tiefster Seele. Jeder Strich verriet nichts als Einsamkeit. Dabei hatte er nie

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