JULIA COLLECTION Band 17
Privatdetektiv.“
Erst jetzt verstand sie. Erst jetzt begriff sie, warum er diesen Beruf gewählt hatte. „Wo ist er?“
„Tot.“
„O Brad. Es tut mir …“
„Das muss es nicht. Er war ein Säufer. Und er ist im Gefängnis gestorben, Kate. Kein Wunder, dass dein Vater mich verachtet hat.“
„Daddy hat dich nicht …“
„Du weißt so gut wie ich, dass Caine der Ansicht war, ich sei seiner Tochter nicht würdig. Wüsste er, dass ich in eurem Auftrag nach Madelyn suche, würde er wahrscheinlich dem Tod von der Schippe springen, nur um mich zu feuern.“
„Er weiß es. Ich habe es ihm gesagt.“ Kate stand auf und warf das Papier in den Abfalleimer. „An dem Morgen, an dem wir nach Boston geflogen sind. Aber ich bin mir nicht sicher, ob er wusste, wer ich war.“
„Warum hast du es ihm dann erzählt?“
„Ich musste es tun, Brad. Daddy hat mich fast sein ganzes Leben hindurch ignoriert. Er sollte wissen, dass ich etwas unternehme. Außerdem wollte ich ihm Lebewohl sagen.“ Sie ließ den Blick durch den Park wandern.
Eine junge Frau schob eine Sportkarre auf den Spielplatz, zu dem auch eine Sandkiste gehörte. Drei Teenager warfen sich eine Frisbeescheibe zu. Auf einer Bank auf der anderen Seite saß ein älteres Paar. Die Frau las ein Buch, ihr Mann fütterte die Tauben. Die beiden sahen glücklich aus, zufrieden mit ihrem gemeinsamen Leben.
„Ich konnte nicht wissen, wie lange wir in Boston bleiben würden“, fuhr sie leise fort. „Daddys Zustand verschlechtert sich von Tag zu Tag. Ich wollte nicht abreisen, ohne es ihm gesagt zu haben.“ Sie sah Brad an. „Nur falls … Ist das so schlimm?“
Seine Augen waren dunkel und von etwas erfüllt, das sie nicht benennen konnte. „Nein, nicht schlimm. Niemand lässt gern etwas unabgeschlossen.“
Plötzlich wusste Kate nicht mehr, worüber sie gerade sprachen. „Richtig“, sagte sie matt. „Jeder verdient einen Abschied.“
„Ja. Jeder.“
Und sie beide dachten daran, dass sie einander damals, vor acht Jahren, genau das nicht gegeben hatten.
Eine orangefarbene Scheibe segelte zwischen ihnen hindurch und landete vor Brads Füßen.
Schlagartig verflog die angespannte, atemlose Stimmung zwischen ihnen.
Brad hob die Scheibe auf und warf sie gekonnt zu den wartenden Teenagern zurück.
Und Kate ging auf, dass nicht alle Erinnerungen schmerzlich waren.
Brad und Hamilton und sie und ihre Freunde hatten die heißen Sommertage stets im Freien verbracht. Entweder im Park der Stockwells oder auf dem Anwesen von Richter Orwell. Es war egal, wo sie waren, solange sie zusammen waren.
Frisbee. Football. Baseball. Reiten, Angeln, Schwimmen.
An all das musste Kate in diesem Augenblick denken, und es hatte etwas Tröstendes.
Einer der Teenager fing die Scheibe, winkte und rief ihnen ein „Danke“ zu. Brad ließ die leere Flasche in den Abfalleimer fallen und sah Kate an.
„Wir sollten weitermachen.“
Sie nickte und folgte ihm aus dem friedlichen Park in die Hektik der Bostoner Innenstadt. „Du willst nicht warten, bis du etwas von Mr. Maldovan hörst?“
„Wir wollen keine Zeit verschwenden.“
Kate widersprach nicht. Sie wusste, dass es für sie beide am besten war, sich auf die Suche nach Madelyn zu konzentrieren. „Welche Galerie steht als Nächstes auf dem Programm?“
Er zählte gleich drei auf, komplett mit Adressen, und nahm ihren Ellbogen, als sie die Straße überquerten. Kurz darauf erreichten sie die erste Galerie. Brad ließ ihr den Vortritt und zog das Foto aus der Tasche.
Binnen Minuten stellte sich heraus, dass sie keinen Treffer gelandet hatten. Kate schlenderte umher und betrachtete die ausgestellten Bilder, während Brad sich weiter mit dem Galeristen unterhielt, um ihm vielleicht doch noch ein paar nützliche Informationen zu entlocken.
Als er sich schließlich wieder zu ihr gesellte, stand sie gerade vor einer großen quadratischen Leinwand, die mit kühnen dunklen Pinselstrichen bedeckt war.
„Wer sich das ins Wohnzimmer hängt, der ist selbst schuld, wenn er Albträume bekommt“, meinte Brad nach einem Moment.
„Nicht unbedingt.“ Kate zeigte auf das kleine Schild daneben. „Es heißt ‚Selbstreinigung‘.“
„Na ja, ich finde eher, der Künstler hätte seinen Pinsel öfter reinigen sollen.“
Sie lächelte matt. „Es ist ein kathartisches Bild, Brad“, erklärte sie, ganz Psychologin. „Ein Bild, bei dem man sich etwas von der Seele malt. Das musst du doch sehen. Spüren.“
„Für mich sieht
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