JULIA COLLECTION Band 17
mit Hannah Miller steckte sein Bruder nur zu gern seine Nase in das Privatleben anderer Leute. „Lass es gut sein, ja? Fahr nach Hause, und mach mit Hannah und dem Baby einen Ausflug.“
„Du und Caroline, ihr wart gut füreinander.“
„Warum sind wir dann nicht mehr zusammen?“ Rafe zog sich den Hut tiefer in die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wenn du unbedingt willst, lass dich vor den Traualtar schleifen. Ich werde dir gratulieren, aber erwarte nicht, dass ich deinem Vorbild folge.“
„Komm schon, Rafe. Mit der richtigen Frau kann das Leben schön sein.“
„Das weiß ich.“ Rafe legte eine Hand auf Cords Schulter und drückte sie. „Ich freue mich für dich und Hannah, aber lass mich aus dem Spiel, okay? Ich habe bei Kollegen einfach zu viele gescheiterte Ehen erlebt. Mit unserem Beruf funktionieren sie einfach nicht.“
„Manche schon.“ Cord sah seinem Bruder in die Augen. „Ich glaube, Caroline bedeutet dir mehr, als du zugeben willst. Aber du darfst keine Angst …“
Rafe machte einen Schritt von ihm weg. „Ich habe vor nichts Angst. Es hat nicht geklappt, aber Caroline und ich sind noch immer gute Freunde.“
Stirnrunzelnd drehte Cord sich um und öffnete die Fahrertür seines Wagens. „Ich rede nicht von Freundschaft.“ Er stieg ein und lehnte sich aus dem Fenster. „Das mit dir und Caroline war etwas ganz Besonderes. Denk darüber nach. Und besorg die Akten. Schnell.“ Mit aufheulendem Motor raste er davon.
Rafe knöpfte seine Westernstil-Jacke auf, die so geschneidert war, dass sie sein Schulterholster verbarg, und steuerte seinen Wagen an. Cord war ein verdammt guter Geschäftsmann, aber was Rafes Liebesleben anging, hatte er keine Ahnung, wovon er sprach.
Ja, Caroline und er waren ein gutes Paar gewesen. Mehr als gut. Er kannte keine andere Frau, die selbstbewusst genug war, um ihm die Meinung zu sagen, intelligent genug, um das Juraexamen in Harvard mit Auszeichnung zu bestehen, und leidenschaftlich genug, um ihn im Bett an den Rand der Erschöpfung zu bringen. Falls es eine Frau gab, die seine Einstellung zur Ehe verändern konnte, dann war es Caroline.
Aber es sollte eben nicht sein.
Bis heute war eine Heirat für ihn nie infrage gekommen. Als Deputy U.S. Marshal jagte er einige der übelsten Verbrecher der Menschheit und zog sie aus dem Verkehr. Es war ein Beruf, in dem er sich Todfeinde machte. Er konnte niemandem versprechen, dass er bei seiner gefährlichen Arbeit nicht schwer verletzt oder gar getötet wurde. Einer Frau und Kindern könnte er niemals die Aufmerksamkeit schenken, die sie brauchten, und lieber verzichtete er auf eine Familie, als sie unglücklich zu machen, indem er sie vernachlässigte. Caroline hatte das gewusst. Sie hatte sich entschieden, ohne ihn weiterzuleben, und er respektierte diese Entscheidung.
Aber wenn er der Vater eines Kindes wurde, waren alle seine Gründe, ledig zu bleiben, nicht mehr als heiße Luft. Was immer Caroline sagte, ihr Baby verdiente es, beide Eltern zu haben. Rafe hatte vor, dafür zu sorgen, dass es sie auch bekam.
Verdammt, sein ganzes Leben schien untrennbar mit der Suche nach der Wahrheit verbunden zu sein. Der Wahrheit über seine Mutter und seinen Onkel Brandon. Der Wahrheit über Carolines Baby. Und nur der Himmel wusste, nach welchen Wahrheiten er in seinem Leben noch würde suchen müssen.
Er schaute zum Bürogebäude hinüber und entschied sich, wieder hineinzugehen. Sich von Caroline die Akten seines Vaters aushändigen zu lassen war eine rein juristische Angelegenheit und dürfte kein Problem sein. Die Herkunft ihres Babys dagegen erforderte eine behutsamere Vorgehensweise.
Er würde die Akten seines Vaters zum Vorwand nehmen, um Caroline wiederzusehen. Er würde versuchen, sich mit ihr zu versöhnen und ihr Vertrauen zu gewinnen. Wenn er der Vater ihres Kindes war, würde er alles tun, um für die beiden zu sorgen – selbst wenn er dazu sein Junggesellendasein aufgeben musste.
Ein Stockwell ließ seine Familie nicht im Stich.
2. KAPITEL
Ungeduldig fuhr Rafe in die sechste Etage zurück. Durch die Fenster neben der Eingangstür der Kanzlei sah er Caroline auf der Schreibtischkante sitzen, mit hängenden Schultern, die Hände vor dem Gesicht. Guter Gott, weinte sie etwa? Caroline war die stärkste Frau, die er kannte. Die Vorstellung, dass er für ihre Tränen verantwortlich war, beunruhigte ihn.
Sie hob den Kopf und straffte sich, als er eintrat. Ihre Augen waren nicht verweint,
Weitere Kostenlose Bücher