JULIA COLLECTION Band 17
und wartete darauf, dass er zurückwich. Aber das tat er nicht – natürlich nicht. „Das ist nicht nötig“, sagte sie.
„Sicher ist es das.“ Sein Blick wanderte von ihrem Gesicht zu ihrem Bauch hinab und verharrte dort. „Du hast im Moment genug Sorgen. Ich nehme mir frei und …“
„Du verstehst nicht“, unterbrach sie ihn und wedelte mit der Hand, bis er widerwillig den Weg freigab und sie vorbeiließ. Sie ging aus dem Büro, und ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu folgen.
„Mein Vater hat Caine dreißig Jahre lang juristisch beraten und vertreten.“ Im Empfangsbereich zeigte sie auf die gestapelten Kartons. „Das ist nur die Hälfte, und nur der Himmel weiß, wie viele davon Stockwell-Akten enthalten. Daddy hat die Kartons nicht beschriftet, also habe ich keine Ahnung, wo ich mit der Suche beginnen soll. Ich werde sie alle durchgehen müssen, Ordner für Ordner. Es könnte Tage dauern, bis ich einen Hinweis finde. Vielleicht sogar Wochen.“
„Kein Problem. Es geht schneller, wenn ich helfe. Und du brauchst keine Angst zu haben – die anderen Mandanten deines Dads interessieren mich nicht, und ich schwöre, ich werde keine fremde Akte öffnen. Ich werde nach denen suchen, auf denen der Name Stockwell steht, und sie dir geben.“
Caroline unternahm einen letzten Versuch, ihn zur Vernunft zu bringen. „Was ist mit deiner Arbeit? Hast du denn keinen großen Fall?“
„Erinnerst du dich an Percy?“
Caroline nickte und unterdrückte nur mühsam ein Schaudern. Als Rafe und sie noch zusammen gewesen waren, hatte Percival Jones auf der Liste der „fünfzehn meistgesuchten flüchtigen Verbrecher“ an zweiter Stelle gestanden – wegen Mordes an einem Belastungszeugen, Entführung, Vergewaltigung und diverser Drogendelikte. Rafe und sein Partner Vic Innis waren ihm zwei Mal dicht auf den Fersen gewesen.
„Dieses Mal kriegen wir ihn“, sagte Rafe mit einem Lächeln, bei dem es ihr kalt den Rücken hinunterlief.
„Bestimmt“, erwiderte sie. „Aber ein solcher Fall lässt dir keine Zeit, um nach Caines Akten zu suchen.“
„Ich werde sie mir nehmen“, entgegnete Rafe mit Nachdruck. „Ich möchte wirklich nicht, dass irgendeine Aushilfe in den vertraulichen Akten meines alten Herrn herumwühlt. Ich wette, sie enthalten so manches, das uns erpressbar machen würde.“
Caroline verdrehte die Augen, widersprach jedoch nicht, denn genau der Gedanke war ihr auch schon gekommen.
Rafes Mund verzog sich zu einem gewinnenden Lächeln. „Komm schon, Caro. Du weißt, dass ich recht habe. Auf diese Weise bleibt alles in der Familie. Was meinst du?“
„Na gut“, sagte sie. „Aber behaupte hinterher nicht, ich hätte dich nicht gewarnt. Es wird nicht einfach.“
„Das ist mir klar.“ Rafe zog sein Jackett aus und hängte es über den Schreibtischstuhl, nahm das Schulterholster jedoch nicht ab. Dann zeigte er auf die Kartons. „Wenn du das Büro deines Daddys aufmachst, schaffe ich sie hinein.“
„Ich schließe gleich. Willst du etwa sofort anfangen?“
„Je früher, desto besser. Ich hole dir einen Stuhl, dann kannst du dich hinsetzen und alles beaufsichtigen.“
Caroline schloss das Zimmer ihres Vaters auf. Während sie das Licht einschaltete, trug Rafe den ersten Karton hinein und stellte ihn auf den Konferenztisch. Er zog den Ledersessel hinter dem Schreibtisch hervor, suchte ihr einen Hocker für die Füße und holte ihr ein Glas Orangensaft. Sie setzte sich und wehrte sich gegen die Trauer, die sie jedes Mal befiel, wenn sie diesen Raum betrat.
Hier hatte Clyde Carlyle eine lange und äußerst erfolgreiche Karriere begründet. Seine Diplome, Urkunden und die handsignierten Fotos mit Würdenträgern hatte sie abgehängt. Trotzdem fühlte sie sich jedes Mal, wenn sie ihn betrat, wie ein Eindringling.
Um sich auf andere Gedanken zu bringen, wandte sie sich wieder Rafe zu. Er trug die Kartons herein, als würden sie nichts wiegen. Sie beneidete ihn um seine Kraft und Energie und ertappte sich dabei, wie sie das Spiel seiner Muskeln bewunderte.
Als sie noch ein Paar gewesen waren, hatte sie es genossen, seinen faszinierenden Körper zu erkunden. Jetzt seufzte sie leise auf, verschränkte die Hände auf ihrem Bauch und versuchte, nicht daran zu denken, worauf sie mit der Trennung von Rafe verzichtet hatte.
„Bist du okay, Caro?“, fragte er sanft.
Sie riss die Augen auf, nickte hastig und stand auf. „Ja. Ich möchte nur nach Hause. Bist du fertig?“
„Das war die
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