JULIA COLLECTION Band 17
aber er sah auch kein Willkommen darin. Nur Vorsicht. Der Anblick tat ihm weh, aber er ließ es sich nicht anmerken.
„Warum kommst du zurück, Rafe?“, fragte sie.
„Das habe ich doch versprochen“, erwiderte er. Als sie den Mund öffnete, hielt er lächelnd eine Hand hoch. „Die Wahrheit ist, ich möchte dich um etwas bitten. Cord reißt mir den Kopf ab, wenn ich es nicht tue.“
Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als würde sie die Vorstellung reizvoll finden. Sie stand auf und zeigte auf einen Durchgang links von ihr. „Na gut. Gehen wir in mein Büro. Übrigens, wie geht es Cord?“
„Gut.“ Rafe folgte ihr in einen großen Raum, in dem ein massiver Eichenschreibtisch sowie ein Konferenztisch mit vier gepolsterten Stühlen standen. Trotz der bis zur Decke reichenden Bücherregale und Aktenschränke wirkte Carolines Büro warm und einladend. „Er hat sich gestern verlobt.“
„Tatsächlich? Kenne ich sie?“
„Vermutlich nicht“, sagte er. „Sie kommt aus Oklahoma.“
Caroline setzte sich in ihren burgunderroten Ledersessel und verschränkte die Hände auf der Schreibunterlage. „Was kann ich für dich tun?“
Rafe zögerte. „Ich brauche eine Information.“
„Was für eine Information?“ Sie zog einen Notizblock heran und zückte einen Füllfederhalter.
„Es geht um etwas, das dein Vater vielleicht für meinen alten Herrn erledigt hat. Um Geldüberweisungen.“
„Vater hat für Caine Stockwell viele finanzielle Transaktionen abgewickelt. Könntest du etwas genauer sein?“
Rafe sah zur Seite und überlegte, wie viel er über diese traurige Geschichte verraten musste. Ach, verdammt. Dies war Caroline, keine Fremde. „Fällt das hier unter die anwaltliche Schweigepflicht?“, fragte er dennoch.
„Natürlich.“ Sie runzelte die Stirn, als wäre die Frage beleidigend.
„Ich habe nicht an dir gezweifelt“, versicherte er verlegen. „Es ist nur … Nun ja, es geht um eine alte Familiengeschichte. Eine ziemlich unschöne.“
„Ich praktiziere Familienrecht“, antwortete sie. „Glaub mir, mich kann nichts so schnell erschüttern. Erzähl mir einfach davon.“
Er nickte. „Möglicherweise hat Caine deinen Vater beauftragt, meiner Mutter Madelyn Zahlungen zukommen zu lassen.“
„Was für Zahlungen?“
„Kindesunterhalt.“
„Für welches Kind?“
„Das weiß ich nicht.“ Rafe wurde immer nervöser. Die ganze Sache war ihm ungeheuer peinlich. Caroline warf ihm einen fragenden Blick zu, aber mehr konnte er ihr wirklich nicht sagen. Der Gedanke, dass er vielleicht einen Bruder oder eine Schwester hatte, den oder die er noch nie gesehen hatte, brachte ihn noch immer aus der Fassung.
Wenn seine Mutter wirklich noch lebte …
„Wann haben die Zahlungen begonnen?“, fragte Caroline.
„Vor neunundzwanzig Jahren.“
„Und wann wurden sie eingestellt?“
„Falls dein Dad einen Dauerauftrag eingerichtet hat …“ Er räusperte sich. „Dann laufen sie vermutlich immer noch.“
Überrascht hob Caroline den Kopf. „Ich dachte, deine Mutter ist vor langer Zeit verstorben?“
„Das dachte ich auch.“
„Es tut mir leid, Rafe, aber ich fürchte, ich verstehe nicht.“
„Herzlich willkommen im Klub.“ Er lächelte. „Okay, ich weiß, das alles ergibt noch nicht viel Sinn, also erzähle ich dir, was bisher feststeht.“ Rafe hielt es auf dem Stuhl nicht mehr aus und ging hin und her. „Seit ich mich erinnern kann, hat mein alter Herr uns erzählt, dass unsere Mutter und unser Onkel Brandon bei einem Bootsunfall ums Leben gekommen sind. Jetzt liegt Caine im Sterben, ist außer sich vor Schmerzen und behauptet urplötzlich, dass es gar keinen Unfall gegeben hat.“
„Oh.“
Er warf ihr einen Blick zu. „Angeblich hatten unsere Mutter und Onkel Brandon eine Affäre, und als sie schwanger wurde, hat Dad sie beide hinausgeworfen. Jetzt sagt er, dass sie vielleicht noch lebt. Und dass er ihr über deinen Vater Geld geschickt hat, weil Madelyns Baby vielleicht von ihm ist. Madelyn soll das Geld nie angerührt haben, also liegt es vermutlich auf einer Art von Treuhandkonto für das Baby, das inzwischen fast dreißig ist.“
Das Mitgefühl in Carolines Blick war kaum zu ertragen. Am liebsten wäre er gegangen. Aber er hatte schon so viel erzählt, da wollte er es auch zu Ende bringen.
„Hat dein Vater eine Ahnung, wo deine Mutter und dein Onkel jetzt sein könnten?“, fragte sie.
„Nein, aber bevor wir sie suchen, möchte ich wissen, ob es Beweise für seine
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