JULIA COLLECTION Band 17
anrufen, und ich komme sofort, das kannst du mir glauben.“
„Natürlich.“ Sie schüttelte den Kopf und lächelte matt. „Vorausgesetzt, du machst nicht gerade bei einer Überwachungsaktion mit oder kümmerst dich irgendwo im Land mit deinem Sondereinsatzkommando um irgendeinen Notfall.“
„Verdammt, Caroline, das lässt sich in meinem Beruf nicht vermeiden. Aber ich kann genauso gut nur fünf Minuten entfernt sein. Du könntest wenigstens versuchen, mich auf dem Handy anzurufen oder …“
„Wozu sollte ich meine Zeit verschwenden? Der einzige Mensch, auf den man sich verlassen kann, ist man selbst.“
Ihre Antwort traf ihn wie eine Ohrfeige, und Rafe wich unwillkürlich zurück.
Er verstand beim besten Willen nicht, warum sie so unfair war. Er brauchte einige Minuten, um seine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen, sonst würde er etwas sagen, das er später bereuen würde.
Also drehte er sich um, ging durch die Küche und verließ sie durch die Hintertür. Auf der Treppe hörte er Caroline etwas murmeln.
„O ja. Wenn es kritisch wird, zieht ein Mann immer den Schwanz ein.“
Rafe biss die Zähne zusammen und atmete mehrmals tief durch. Die Versuchung, wieder hineinzugehen und sich mit ihr zu streiten, war gewaltig, aber er widerstand ihr.
Sie hatte doch selbst herbeigeführt, worüber sie sich jetzt beklagte. Sie hatte ihn praktisch weggeschickt. Warum?
Er fand keinen logischen Grund dafür, aber Frauen waren nicht gerade für ihre Logik bekannt – erst recht nicht schwangere. Doch Caroline war anders. Sie dachte meistens logisch. Als Anwältin musste sie das.
Was ging hier wirklich vor?
In der letzten Woche war er fast täglich bei ihr vorbeigekommen und fand, dass sie sich ganz gut verstanden hatten. Bisher hatten sie nur einen Ordner mit Stockwell-Akten gefunden, doch der enthielt keine Hinweise auf Unterhaltszahlungen. Trotzdem war er nicht unzufrieden gewesen, denn er hatte das Gefühl gehabt, dass sie dabei waren, den Riss zwischen ihnen zu kitten.
Bis heute.
Caroline war bewusst, dass Rafe noch auf den Stufen stand, während sie ein Glas eiskalten Kräutertees eingoss und sich auf die Polsterbank am Frühstückstresen schob. Am liebsten wäre sie nach draußen gegangen, um den Streit beizulegen – weil sie insgeheim wünschte, zwischen ihnen könnte es mehr als nur Freundschaft geben.
Als die Hintertür ins Schloss fiel, zuckte sie zusammen. Dann hörte sie Rafes Schritte näher kommen. Sie setzte sich aufrechter hin, reckte das Kinn und sah ihm entgegen.
„Es tut mir leid“, sagte er.
Rafe war ein stolzer Mann, und seine Entschuldigung überraschte sie mehr alles, was er sonst noch hätte sagen können. „Was?“
„Dafür, dass ich einfach so nach draußen marschiert bin.“ Er schob die Hände in die Taschen. „Das war unhöflich, und ich hätte es nicht tun sollen.“
„Warum hast du es dann getan?“
„Weil ich wütend war und fast die Beherrschung verloren hätte. Das will ich nicht, deshalb nehme ich manchmal eine Auszeit, um mich wieder zu beruhigen“, erklärte er verlegen.
„Entschuldigung angenommen.“
„Gut. Das macht mir die nächste etwas leichter.“
„Die nächste?“
„Ja. Ich schätze, ich habe ein wenig überreagiert, als du kamst. Ich hatte mir Sorgen gemacht, weil du nicht hier warst.“
Ein wenig überreagiert? Er hatte sie angeschrieen. Aber seine Entschuldigung kam offenbar von Herzen, und sie wollte nicht darauf herumreiten. „Na gut. Auch die Entschuldigung nehme ich an.“
„Eins noch.“ Ein Lächeln zupfte an seinen Mundwinkeln, aber er blieb ernst. „Was mich wirklich kränkt, ist die Tatsache, dass du mich für einen Mann hältst, der sein Wort bricht. Habe ich dir je einen Grund gegeben, mir zu misstrauen?“
Sie dachte darüber nach. Ihr fiel keiner ein. „Bisher nicht“, gestand sie schließlich. „Aber wir waren nur eine kurze Zeit richtig zusammen. Wer weiß, was noch alles passieren kann?“
Er setzte sich neben sie, schob die Finger in ihr Haar und streichelte mit dem Daumen ihre Wange. „Du bist immer so vorsichtig und … süß.“
„Ich bin nicht süß“, murmelte sie und spürte, wie ihr Herz schneller schlug und ihre Lippen zu kribbeln begannen. Plötzlich ging ihr auf, dass sie von ihm geküsst werden wollte – und zwar so, wie er sie geküsst hatte, als sie noch ein Liebespaar waren.
Als hätte sie es laut ausgesprochen, schob er auch die zweite Hand in ihr Haar, drückte ihren Kopf behutsam in den
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