JULIA COLLECTION Band 20
barfuß herum und hatte weite Gewänder an, die eher unter die Kategorie „Zelt“ fielen. Sobald sie jedoch das Haus verließ, machte sie sich so vorteilhaft wie möglich zurecht, denn sie konnte ja nie wissen, wann sie dem nächsten potenziellen Kunden begegnete. Ihre Freundinnen, die sie gut kannten, nannten es das Aschenputtelsyndrom.
Dagegen hatte Sasha nie protestiert. Ihr Make-up war stets tadellos, ihr rotes Haar mit Strähnchen durchsetzt. Sie trug modische Outfits, die sie bei endlosen Schnäppchenjagden während der Schlussverkäufe erstand, und sehr viel Schmuck. Doch unter dieser Maske der Sasha Combs Cassidy Boone Lasiter verbarg sich immer noch die schlichte gute Sally June Parrish, älteste Tochter eines armen Pfarrers und ehemaligen Tabakbauern.
In Momenten wie diesen wünschte sie sich manchmal, Äußerlichkeiten seien ihr egal. Ob Aschenputtels Füße nach dem Ballabend in den gläsernen Schuhen auch so geschmerzt hatten?
„Entspannt euch, ihr Füße“, murmelte sie schläfrig. „Wenn wir drei erst wieder zu Hause sind, dann könnt ihr es euch richtig gemütlich machen. Versprochen.“
Die Sonne fühlte sich so gut auf der Haut an, jetzt, nachdem die drückende Mittagshitze abgeklungen war. Sasha war von Natur aus rothaarig, und so bekam sie immer Sommersprossen, egal, welchen Schutzfaktor ihre Sonnencreme auch hatte.
Nur noch eine Minute, sagte sie sich. Danach würde sie wieder ins Haus gehen und ihre Liste zu Ende durchgehen. Die Putzkolonne hatte bereits in der Woche zuvor dieses Haus sauber gemacht, aber es roch immer noch nach Zigarettenrauch. Außerdem war das Bett zerwühlt, als sei derjenige, der das Schlafzimmer in Ordnung gebracht hatte, mitten bei der Arbeit gestört worden.
Aber für das Putzen war Sasha nicht verantwortlich. Sie stellte lediglich eine Liste all der Dinge zusammen, die ersetzt werden mussten. Zwei Stuhlkissen fehlten, auch etwas Besteck und einiges Geschirr, das die Gäste sicher mit an den Strand genommen und dort verloren oder vergessen hatten. Ein Stuhlbein war abgebrochen, ein Lampenschirm voller Flecken, und zwei der mit Leder bezogenen Barhocker waren anscheinend als Dartscheibe benutzt worden. Normalerweise kümmerten die Eigentümer sich um diese Sachen, doch laut Katie McIver, die eine ganze Reihe von Cottages in dieser Gegend betreute, hatten die Eigentümer von Driftwinds in letzter Minute angerufen und sie gebeten, jemanden damit zu beauftragen, das Cottage für die kommende Saison in Schuss zu bringen.
Sasha hatte schon öfter für Katie gearbeitet. Diese Jobs brachten zwar nicht viel ein, aber jeder kleine Job konnte einen größeren nach sich ziehen.
Sasha massierte sich die Schläfen, wobei sie darauf achtete, sich nicht mit ihren langen künstlichen Fingernägeln zu kratzen. Schon den ganzen Tag über hatte sie leichte Kopfschmerzen, und jetzt wurde es schlimmer. Sie hatte gehofft, dass ein paar Minuten der Entspannung ihr helfen würden, doch das schien nicht zu klappen.
Eine Minute noch, nahm sie sich vor. Dann mache ich meine Abschlussrunde im Haus. Auf einem der Bettlaken war noch ein Rotweinfleck. Eigentlich seltsam, dass die Putzkolonne den übersehen hatte. Leute, die es sich leisten konnten, eines dieser luxuriösen Cottages zu mieten, hatten anscheinend keinerlei Respekt mehr vor dem Eigentum anderer.
Ruhig, sagte sie sich, bleib ganz ruhig. Denk an etwas Schönes. Zartbittere Schokolade, die auf deiner Zunge zergeht. Sanfter Blues oder eine Shoppingtour mit einer Kreditkarte ohne Limit.
Sie lag auf der Veranda von diesem Cottage am Strand, falls man ein Haus mit sechs Zimmern, sieben Bädern, zwei Badewannen und einem Swimmingpool noch als Cottage bezeichnen konnte. Doch ihre verdammten Nebenhöhlen taten wieder mal weh und ließen sie diesen Luxus nicht genießen.
Sasha versuchte immer noch, sich ganz bewusst zu entspannen, als sie einen Schatten vor ihren geschlossenen Augenlidern wahrzunehmen glaubte. Sie runzelte die Stirn. Was war das denn für ein Schatten gewesen? Laut Katie standen doch all diese Cottages bis zum Wochenende des Memorial Day leer.
Sie öffnete die Augen und blinzelte in die späte Nachmittagssonne. Nicht eine Wolke am Himmel, nicht einmal ein Kondensstreifen. Dennoch hätte Sasha schwören können, dass ein Schatten über sie hinweggehuscht war.
Wahrscheinlich ein Pelikan, vermutete sie und schloss seufzend wieder die Augen.
Sie war fast eingeschlafen, als erneut ein Schatten kurz über sie
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