JULIA COLLECTION Band 20
seine Silhouette zeigte breite Schultern und schmale Hüften. Der Rest wurde vom Geländer der Veranda verdeckt. Sashas Fantasie fügte noch ein paar Details hinzu, bevor sie diese Gedanken hastig verdrängte.
„Es muss wohl an den Hormonen liegen“, sagte sie sich unwillig. Dieser Mann konnte ein entflohener Sträfling sein, der sich den Winter über in den unbewohnten Cottages versteckt hielt. Das war viel sicherer, als in den Bergen vor dem FBI Zuflucht zu suchen. Allerdings kam jetzt bald die Urlaubszeit, und da musste er einen anderen Unterschlupf finden. Diese kräftigen Schultern hatte er bestimmt durch das Steineklopfen in der Sträflingskolonne bekommen. Vielleicht hielt er einen Glasschneider in der Hand oder eines dieser Geräte, mit denen man eine Safe-Kombination herausbekommen konnte.
Ich muss wirklich damit aufhören, einen Krimi nach dem anderen zu lesen!, dachte sie. Wenn ich doch bloß meine Handtasche mit dem Handy bei mir hätte, dann könnte ich die Polizei anrufen! Leider lag die Tasche im Wohnzimmer.
So ruhig und gelassen wie nur möglich ging sie zur gläsernen Schiebetür, trat ins Haus und blickte sich panisch nach ihrer Handtasche um. Aufgeregt sah sie immer wieder über die Schulter nach hinten, ob jemand über die Außentreppe auf die Veranda gestürmt kam.
„Hallo? Ja, hier spricht Sasha Lasiter. Ich bin im Driftwinds-Cottage in Kitty Hawk.“ Sie gab die Straße und Hausnummer an. Zum Glück konnte sie sich wenigstens daran erinnern. „Hören Sie, da ist ein Mann im Nachbar-Cottage, das eigentlich leer stehen sollte. Entweder hat er eine Waffe auf mich gerichtet, oder er fotografiert mich. Ja, da bin ich mir sicher!“ Empört schüttelte sie den Kopf. „Was auch immer er in der Hand gehalten hat, er hat damit auf mich gezielt.“
Vielleicht, vielleicht auch nicht, aber wenn sie Hilfe bekommen wollte, durfte sie sich nicht abwimmeln lassen. „Ich weiß das. Nein, ich sitze nicht in der Badewanne! Ich bin vollständig bekleidet, aber zufällig war ich draußen auf der Veranda und …“ Ungeduldig erklärte sie, was sie in einem leer stehenden Cottage zu suchen hatte. „Nein, ich erinnere mich nicht, ob ich hinter mir abgeschlossen habe!“ Sie wusste ziemlich genau, dass sie es nicht getan hatte. Schweigend hörte sie den teilnahmslosen Anweisungen am anderen Ende zu und regte sich dann wieder auf: „Hören Sie, ich werde es keinesfalls riskieren, zu meinem Wagen zu laufen und niedergeschlagen zu werden. Könnten Sie also so liebenswürdig sein und jemanden herschicken, der diesen Kerl überprüft?“
Verängstigt, enttäuscht und auch empört beendete sie das Gespräch. Sie war jetzt nicht mehr in der Stimmung, um das restliche Inventar des Hauses zu kontrollieren. Stattdessen lief sie in die Küche und schnappte sich ein Filettiermesser aus dem Messerblock. Damit bewaffnet ging sie wieder ins obere Stockwerk und suchte nach dem besten Verteidigungsposten, wo sie auf die Polizei warten konnte. Sie hatte tatsächlich Angst, jetzt das Haus zu verlassen. Sashas Wagen stand dicht vor dem Cottage, aber wie sicher war sie in einem Cabrio? Das Aluminiumverdeck war geschlossen, doch selbst wenn Sasha von hier wegkam, könnte der Kerl ihr folgen.
Wer hätte gedacht, wie gefährlich es war, Inneneinrichterin von Strandhäusern zu sein?
„Hey, Jake, wir haben gerade einen Anruf von einer Lady bekommen, die behauptet, du hättest ihr Angst eingejagt.“ Der schlaksige Deputy kam die Außentreppe zur Veranda des Cottages hinauf.
„Hallo, Mac. Woher wusstest du, dass ich es bin?“
„Der Anruf kam von nebenan, aber ich habe deinen Wagen vor der Tür gesehen. Bist du bei der Arbeit?“
„Das war ich. Tut mir leid, wenn ich die Lady verängstigt habe. Ich habe ihr noch etwas zugerufen, aber da war sie bereits ins Haus gestürmt.“
„Du solltest eigentlich selbst wissen, wie wenig es Frauen beruhigt, wenn ein Fremder ihnen etwas nachruft. Verrätst du mir, was du hier machst? Sie sagt, du hättest eine Waffe oder einen Fotoapparat auf sie gerichtet.“
„Ich habe Fotos gemacht. Mac, du weißt genau, dass ich nicht verraten darf, in wessen Auftrag ich arbeite.“ John Smith, von allen nur Jake genannt, blinzelte ins Licht der Abendsonne. „Es geht um eine Scheidung. Die Frau glaubt, ihr Ehemann habe eine kleine Affäre. Sie möchte Beweise, bevor sie gegen ihn klagt. Ich wollte mir hier erst mal das Cottage ansehen, zumal es leer steht. Der Kerl ist in der ganzen Gegend hier
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