JULIA COLLECTION Band 20
meinem Anblick fragen, wo ich all die Jahre nur gesteckt habe. Er soll sofort merken, wenn ich den Raum betrete, auch wenn er mit dem Rücken zur Tür steht und es im Zimmer stockfinster ist. Wie kam es bloß, dass dieser Mann sie tiefer berührte als alle ihre Ehemänner? Ihr erster und dritter Ehemann hatten beide blendend ausgesehen. Larry hatte selbst dann mehr Geld für Friseur und Schönheitspflege ausgegeben, als sie beide kaum die Miete bezahlen konnten.
Frank, ihr vierter Ehemann, war reicher und zumindest in gewisser Weise großzügig gewesen. Für die tausend Dollar, die er für sich selbst ausgab, hatte Sasha ein paar Hundert von ihm bekommen. Doch das alles war ihr kein Trost gewesen, nachdem sie erfahren hatte, auf welche Weise er an dieses Geld gelangt war.
Als sie nach rechts abbogen und Manteo erreichten, fragte Sasha sich immer noch, wie ein zufälliges Treffen zu so etwas führen konnte, was sie jetzt gerade erlebte. War das Schicksal? Das alles war innerhalb von wenigen Tagen geschehen.
Seufzend blickte Sasha nach vorn durch die Windschutzscheibe auf Manteos Hauptstraße. Wenn das alles Schicksal war, dann sollte das Schicksal lieber einen Schritt zulegen, denn sobald Jake mit dem Baby bei sich zu Hause ankam, würde Sasha die beiden wahrscheinlich nie wiedersehen.
Genau in diesem Moment bog Jake zu einem Schnellrestaurant ab. Ohne Sasha vorher zu fragen, bestellte er Cheeseburger mit Speck und zwei Portionen Pommes frites. Erst als Sasha der Duft des heißen Fetts in die Nase stieg, spürte sie ihren Hunger.
Anscheinend gab ihr das Schicksal noch ein bisschen Aufschub.
„Wir können das zu Hause essen, das dauert nur ein paar Minuten.“ Dann runzelte Jake die Stirn.
„Gibt es ein Problem?“
„Wie? Nein, nein. Doch, vielleicht. Das hatte ich vergessen.“
„Was haben Sie vergessen? Ob Sie ein Problem haben?“ Als Jake zu fluchen anfing, brachte Sasha ihn schnell zum Schweigen. „Still, das alles prägt sich in dem kleinen Gehirn doch ein.“
„Ach, verdammt. Hören Sie, Sasha, mir ist gerade etwas eingefallen. Es ist vielleicht nicht so schlimm, aber ich sollte lieber erst mal nachfragen, wie lange es noch dauert, bis alles fertig ist.“
Er beließ es bei dieser rätselhaften Bemerkung und fuhr wieder los. Kurz darauf hielt er vor einem flachen Doppelbungalow mit einem unauffälligen Schild mit der Aufschrift „JBS Security“ an. Eine der Türen stand offen, und auf dem Dach knieten zwei Handwerker und hämmerten. Ein Mann, dessen Bart mit Farbe verschmiert war, trug eine Leiter aus dem Haus und stellte sie auf die Veranda.
„Eigentlich sollten die Arbeiten heute beendet sein.“ Jake seufzte frustriert, und sofort hätte Sasha ihm am liebsten die Schulter getätschelt.
„Könnten Sie hier bei … Peaches warten? Ich bin gleich zurück.“
Keine fünf Minuten später kam er wieder aus dem Haus und fragte, ob Sasha vielleicht kurz ins Bad wolle. Eher aus Neugier heraus nickte sie. „Dann kommen Sie, ich nehme das Baby. Bei der Gelegenheit kann ich schnell meinen Anrufbeantworter abhören und selbst ein paar Anrufe erledigen.“
So lernte Sasha Jakes Angestellte kennen. Miss Martha war die grauhaarige Sekretärin, und bei dem Elektronikgenie Hack war Sasha im Nachhinein froh, ihm nicht ihr Cabrio anvertraut zu haben.
Natürlich wollten die beiden die ganze Geschichte hören. Jake begnügte sich mit einer sehr gekürzten Fassung und verschwand dann hinter einer frisch gestrichenen Bürotür, sodass Sasha alle restlichen Einzelheiten berichten musste. Sie fing mit Timmys Anruf an und erzählte alles bis zur Unterzeichnung der Adoptionsurkunde, bei der sie immer noch nicht ganz sicher war, ob sie im Zweifelsfall vor Gericht Bestand hätte.
„Das hätte ich ja nie für möglich gehalten.“ Die Sekretärin hielt sich eine Hand an die Brust. „Sie haben genau richtig gehandelt. Den Richter möchte ich erleben, der gegen einen unserer Jungs in Uniform urteilt.“
Hack kümmerte sich wieder um seine Rechner, während Miss Martha das Baby bewunderte. „Du hast das Kinn deines Großvaters, meine Süße.“
„Ich glaube, ihre Augen bleiben blau, meinen Sie nicht?“
„Unser Timmy hat die hübschesten blauen Augen, die man sich denken kann.“
Die beiden Frauen schauten strahlend auf das Baby, das die Blicke erstaunt erwiderte. Sasha konnte sich im Moment nicht genau erinnern, ab welchem Alter Babys deutlich sehen konnten. Das alles war schon so lange
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