JULIA COLLECTION Band 20
sie akzeptierte die Tatsache, dass ihre letzten Ersparnisse im Nichts verschwanden. Andererseits waren sie doch für solche Situationen da. Wenn ihr Plan aufging, konnte Marty wieder anfangen zu sparen. Ansonsten konnte sie immer noch ihr Haus verkaufen, sich ein Zelt und ein Fahrrad anschaffen und an den Strand ziehen, wo es im Sommer jede Menge Jobs gab.
„Dann sollten wir beide unterschreiben“, sagte Cole. „Datum drauf, und ich kann loslegen.“
Am nächsten Vormittag hörte Marty das Knirschen von Reifen in der Auffahrt. Sie kämpfte gerade wieder gegen ihre Zweifel, ob ihr Plan funktionieren würde. Wenn sie mit einem Buchladen am Ende von Muddy Landings winziger Einkaufszone pleitegegangen war, wie wollte sie da inmitten einer Wohngegend erfolgreich sein?
Den ganzen Morgen hatte sie damit verbracht, ihre Sachen aus dem Schlafzimmer in das kleinere Gästezimmer zu verfrachten. Im Vergleich zu all den schweren Bücherkisten war es ein Kinderspiel, das Doppelbett auseinanderzubauen, ins Nebenzimmer zu ziehen und wieder aufzustellen.
Sie schleifte die Matratze über den Holzboden und legte sie gerade aufs Bettgestell, als sie Cole die Treppe heraufkommen hörte. „Die Tür war nicht verschlossen, da bin ich reingekommen. Okay?“
Schon am Vortag hatte sie ihm gesagt, sie würde die Haustür nicht abschließen, sodass er auch hereinkönne, wenn sie unterwegs sei. „Wir leben hier in Muddy Landing“, hatte sie ihm mitgeteilt. „Hier gibt es keine Verbrechen, mal abgesehen von irgendwelchen Streichen der Jugendlichen. Aber wenn es Sie beruhigt, dann werde ich von nun an die Haustür verschließen, sobald ich das Haus verlasse.“
Cole hatte nur genickt und gesagt, das sei bestimmt sicherer.
„Zur Not finden Sie den Schlüssel unter der Fußmatte.“
Cole hatte nur die Augen verdreht.
Unwillkürlich hatte Marty diese blaugrünen Augen mit den goldfarbenen Sprenkeln betrachtet.
„Kommen Sie rauf!“, rief sie jetzt nach unten. „Ich bin gerade mit dem Ausräumen des Schlafzimmers fertig.“ Unbewusst rieb sie sich mit beiden Händen den Rücken. Manchmal vergaß sie, beim Heben schwerer Dinge in die Hocke zu gehen.
Er musste zwei Mal gehen, um sein gesamtes Werkzeug heraufzubringen. Er reichte ihr eine Rolle robuster Müllbeutel. „Zu Anfang wird es ziemlich schmutzig werden. Ich wollte mir eigentlich einen Staubsauger ausleihen, aber …“
„Oh, ich hab einen“, erwiderte sie stolz, als habe sie soeben den Hauptpreis in der Lotterie gewonnen.
„Toll. Viele der Schrauben und Bolzen werde ich wieder benutzen können, aber den Rest …“
Marty nickte lebhaft. „Ich weiß, Wandverkleidungen kann man nicht wieder verwenden. Müssen wir eigentlich die Deckenverkleidung auch entfernen, wenn wir die Wand einreißen?“
„Zuerst sollten wir uns mal über das „wir“ einig werden. Ich arbeite allein.“
„Oh, aber ich …“
„Entweder arbeite ich nach meinen eigenen Regeln oder überhaupt nicht. Ich werde auch den von mir verursachten Müll selbst entfernen. Wenn es Ihnen danach nicht sauber genug ist, können Sie gern noch mal putzen, während ich eine Pause mache.“
„Aber ich …“
„Marty, ich habe mich auf diesen Job eingelassen. Das bedeutet aber nicht, dass ich jeden Handgriff und Arbeitsschritt erklären will. Ich bezweifle, dass Sie von Ihrer Versicherung etwas erhalten, wenn ich bei der Arbeit über Sie stolpere und wir uns dadurch die Knochen brechen.“
Sie atmete tief durch und gab sich alle Mühe, nicht auf Coles Rasierwasser zu achten oder diesen ganz eigenen männlichen Duft, der ihn umgab. Eigentlich sollte ein schmerzender Rücken doch ausreichen, um ihr jeden lüsternen Gedanken auszutreiben. „Ich wollte doch nur helfen.“
„Lassen Sie das. Ich weiß, was getan werden muss und wie ich es am besten erledige. Da kann ich es nicht gebrauchen, wenn ich alle paar Minuten durch Fragen unterbrochen werde.“
Am liebsten hätte Marty ihn gleich wieder entlassen, aber das wagte sie nicht. In gewisser Weise hatten sie beide eine Art Vertrag unterschrieben. Und wenn sie sich selbst gegenüber ehrlich war, wollte sie überhaupt nicht, dass er ging. Er war ihre letzte Hoffnung, und außerdem …
Nein, das spielte keine Rolle. Er war ihr Angestellter, basta. Was zwischen ihnen beiden sonst noch war, das konnten sie später herausfinden.
Marty ging gerade zurück zur Treppe, als das Telefon klingelte. Es stand immer noch auf dem Boden des Schlafzimmers, das sie gerade
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