JULIA COLLECTION Band 20
gebrauchen. Ihre beiden Freundinnen hatten bestimmt eigene Probleme, zumindest schien Marty nicht sonderlich erpicht darauf zu sein, mit ihnen zu sprechen.
Cole dagegen war bereit, sich Probleme anderer anzuhören. Sozusagen als unbeteiligter Dritter. Und genau so soll es bleiben, sagte er sich. Bleib unbeteiligt.
Marty öffnete eine Dose mit Diätcola und eine Flasche Bier. „Im Moment habe ich einfach keine Zeit für Späße und Spielchen.“ Sie reichte ihm das Bier. „Brauchen Sie ein Glas?“
„Nicht nötig.“ Gerade eben hatte sie davon erzählt, wie ihre Freundinnen und sie Singles aus dem Ort miteinander verkuppelten. „Und was sagen Ihre Opfer dazu?“
„Na, ich würde sie nicht als Opfer bezeichnen. Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen im Internet in den Chatrooms mit Fremden Kontakt aufnehmen und sich zu Blind Dates verabreden?“
„Aber das tun sie aus eigenem Willen. Niemand drängt sie dazu.“
„Wir haben nie jemanden gezwungen“, widersprach sie. „Wir arrangieren lediglich ein Treffen von X und Y, und was ab da geschieht, liegt ganz bei den beiden.“
„X und Y wie bei den Chromosomen?“
„So hatte ich das noch nicht gesehen.“ Ihre grauen Augen strahlten. „Jedenfalls bin ich im Moment zu sehr damit beschäftigt, wie ich all die Bücherregale in meine beiden Zimmer hier unten kriegen soll. Da kann ich mich wohl kaum um das Privatleben der Steuerberaterin meiner Freundin kümmern. Können Sie mir irgendeinen Rat geben?“
„Die Steuerberaterin hat bestimmt selbst genug zu tun, zumal jetzt alle ihre Mandanten ankommen und Hilfe bei ihrer Steuererklärung brauchen.“
„Ich meinte eigentlich eher einen Rat wegen der Regale.“
„Oh, verstehe.“ Cole richtete sich auf. Er war hier schließlich als Handwerker und nicht als Therapeut. „Das ist überhaupt kein Problem.“
„Theoretisch vielleicht nicht. Einfach jedes Regal in zwei Teile sägen und an die offenen Enden lange Bretter nageln. Aber in der Praxis gestaltet sich das für mich leider nicht so leicht.“
„Nach dem Abendessen kann ich Ihnen eins oder zwei zurechtzimmern.“
Erst sah sie ihn zweifelnd an, und dann musste sie lächeln.
Wie gebannt blickte Cole auf ihren lächelnden Mund. O Mann, natürlicher Charme war in der Tat etwas, das eine gefährliche Wirkung auf ihn hatte.
„Das müssen Sie aber nicht tun“, entgegnete Marty.
Fast hätte er ihr zugestimmt. Es war tatsächlich nicht Teil ihrer Abmachung. Allerdings hatte er es nicht sonderlich eilig, heute Abend wieder auf sein Boot zu kommen. Dieses kleine gelbe Haus war trotz des Chaos im ersten Stock immer noch viel behaglicher als die klamme, kalte Kajüte seines vierzig Jahre alten Bootes.
Aber war das Haus das Einzige, was ihn anzog?
Marty sagte gerade etwas über den Hund und wie sehr ihr vor dem morgigen Spaziergang grauste. „Ob Regen oder Sonnenschein, er muss zwei Mal am Tag seine Runde drehen, und die Hallets kommen erst in … in fünf Tagen zurück. Ich weiß gar nicht, ob meine Arme das aushalten.“
Cole half beim Abräumen des Tisches, als habe er zeit seines Lebens nichts anderes getan. Paula hatte damals darauf bestanden, dass sie eine Haushälterin einstellten, die auch das Kochen übernahm. Als Cole widersprochen hatte, zu zweit bräuchten sie doch überhaupt kein Personal und leisten könnten sie es sich auch nicht, war Paula nur halbherzig darauf eingegangen. Zwei Wochen später war Cole befördert worden und hatte eine kräftige Gehaltserhöhung erhalten.
Zunächst hatte er es aufregend gefunden, das Baugeschäft von der Seite des Architekten kennenzulernen. Das war immer sein Ziel gewesen. Er hatte sogar ein paar Semester Architektur studiert, doch dann hatte er sich am Knie verletzt, und damit flog er aus der Footballmannschaft, über die er das Stipendium bekommen hatte.
Coles neue Aufgabe hatte darin bestanden, Bauentwürfe auszuwählen und noch ein paar oberflächliche Änderungen vorzunehmen. Doch selbst da war ihm nicht klar geworden, wie tief er bereits in die Sache verwickelt war.
Ihm waren größere Projekte übertragen worden, und er hatte sich in die Arbeit gekniet und auch Gefallen daran gefunden.
Aber dann hatten all diese Unfälle ihn misstrauisch gemacht, und er hatte damit begonnen, morgens früher zu kommen und abends später zu gehen und Akten durchzublättern, die ihn eigentlich nichts angingen.
Jetzt folgte er Marty ins Wohnzimmer, wo sie auf die Wand deutete, an der ihre Regale stehen
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