JULIA COLLECTION Band 20
standen. Ein paar Minuten Schreien und Toben würden ihr im Moment sicher ganz guttun.
Als Marty wieder ins Haus kam, stand Cole mit staubbedeckten Haaren oben an der Treppe. „Wer war denn dran?“ Sie schloss die Haustür hinter sich.
„Es hat sich niemand gemeldet.“ Er zuckte mit den Schultern. „Wahrscheinlich einer dieser Typen, die auflegen, wenn ein Mann am Apparat ist.“
Na toll, dachte sie, jetzt fängt hier auch noch jemand mit Telefonterror an.
Um halb fünf machte Marty sich gerade für ihre zweite Runde mit Mutt fertig, als Cole die letzten zerbrochenen Gipskartonplatten aus dem Haus brachte. „Wollen Sie wieder den Hund ausführen?“
„Ja. Sind Sie noch hier, wenn ich zurückkomme?“
Er blickte auf seine Uhr, und Marty ertappte sich dabei, wie sie auf seinen muskulösen Unterarm schaute. „Eigentlich bin ich gerade an einem guten Punkt, um für heute Schluss zu machen. Allerdings möchte ich noch einiges nach oben schaffen, damit ich morgen gleich mit den neuen Wänden anfangen kann.“
Das klang ja viel versprechend. Sie hielt ihm die Tür auf und sah zu, wie er den Müll verstaute und mit einer Plastikplane abdeckte. Ein Mann, der seinen Müll so sorgfältig entsorgte, hatte etwas Rührendes. Alan hatte seine Zeitungen und die Schmutzwäsche überall im Haus herumliegen lassen. Und Beau war nach den ersten paar Monaten nie lange genug im Haus geblieben, um überhaupt Unordnung zu verursachen.
Cole beobachtete Marty, die sich Ohrenschützer aufsetzte und Handschuhe überstreifte. „Soll ich abschließen, wenn ich gehe?“, rief er ihr nach, als sie in ihren Minivan stieg.
„Nur wenn Sie Angst um Ihr Werkzeug haben.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, bog sie auf die Straße.
Gerade in diesem Augenblick fuhr drei Häuser weiter ein grauer Mercedes aus der Auffahrt. Der Wagen ließ Marty vorbeifahren, bevor er ihr folgte. Cole fiel das Auto nur auf, weil es bereits einige Jahrzehnte auf dem Buckel hatte. Ein gut gepflegter Oldtimer, dachte er. Er selbst fuhr einen von Bob Eds alten Leihwagen, aber trotzdem wusste er den Wert anderer schöner Autos durchaus zu schätzen.
Mutt erwartete Marty voller Freude. „Wahrscheinlich langweilt er sich“, sagte Marty zu der Aushilfe im Tierheim. Das Mädchen hatte einen blau gefärbten Irokesenschopf und trug einen goldenen Ohrring. Mit etwas Mühe gelang es Marty, die Leine an Mutts Halsband zu befestigen.
„Der braucht nur ein paar Lieferwagen, denen er hinterherjagen kann.“ Das Mädchen klang gut gelaunt.
„Der arme Lieferwagen, der sich von ihm erwischen lässt.“
„Nein, nein, dem würde er nur die Reifen wässern. Haben Sie denn noch nicht diese riesigen LKW gesehen? Jetzt wissen Sie, wieso die so groß geworden sind.“
Marty verdrehte die Auen und führte den Hund nach draußen. Sie stolperte fast über ihn, als er zwei Mal um sie herumrannte, sodass sich die Leine um sie wickelte.
„Was du brauchst, mein Super-Mutt, das sind ein paar Lektionen in gutem Benehmen.“ Atemlos rannte sie dem riesigen Hund hinterher. „Nach links! Links! Hier lang, verdammt noch mal!“
Sie bogen nach rechts ab, in Richtung des nächsten Burger-Restaurants, wo Mutt einen Müllcontainer umwarf und Marty beiseiteschob, als sie den Müll wieder aufsammeln wollte.
Ein grauer Mercedes rollte langsam vorüber, als sei er auf der Suche nach einem Parkplatz. Es gab überall freie Plätze, doch keiner schien dem Fahrer recht zu sein. Vielleicht mochte er auch keine Burger und suchte nach einem anderen Restaurant.
Mutt schnupperte am beigefarbenen Buick von Egbert Blalock. Offenbar holte der Vizepräsident der Bank sich gerade etwas zum Abendessen. Alle wussten, dass Egbert mit dem Geld der Bank so geizig umging, als sei es sein eigenes. Für einen Banker wahrscheinlich kein schlechter Charakterzug.
„Willst du ihm an die Reifen pinkeln? Na, dann mal los. Einverstanden.“
Zufällig gehorchte der Hund.
Es war noch nicht einmal halb sechs, als sie wieder nach Hause kam, dennoch war es schon fast völlig dunkel. Marty tat der Rücken weh, weil sie mit einer Hand Mutts Leine hatte festhalten und mit der anderen den Müll aufsammeln müssen, den er verstreut hatte.
Nur ganz nebenbei bekam sie mit, dass der graue Wagen hinter ihr um die Ecke der Sugar Lane bog.
„Brauchen Sie Hilfe?“ Besorgt tauchte Coles Gesicht am Fenster auf der Fahrerseite auf.
Er war noch da. Waren das Lachfältchen an seinen Mundwinkeln? Wie unfair, dass solche Fältchen
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