Julia Collection Band 23
hatte es geschafft – mit Müh und Not.
Jetzt war es elf. Eine Minute nach elf, um genau zu sein.
Sydney mochte Montana. Man nannte den amerikanischen Bundesstaat „The Last Great Place“, das letzte wirklich großartige Fleckchen Erde, und sie fand, dass er diesen Ruf verdiente. Die hohen Berge, die grünen Täler, der weite Himmel waren einmalig, egal, zu welcher Jahreszeit.
Von Pelican Cay unterschied sich Montana wie der Tag von der Nacht, und das war ihr nur recht.
Sosehr ihr die Insel auch gefallen hatte, sie wollte nicht an sie erinnert werden. Was sie suchte, war ein neuer Beginn in einer neuen Umgebung, und sie glaubte, das hier gefunden zu haben. Sie wollte keinen Ozean und keine Palmen, weder Hängematten noch sanfte Meeresbrisen. Nichts von all dem gab es in Montana.
Jetzt, nach zwei Monaten, hatte sie das Gefühl, dass sie sich auf dem richtigen Weg befand. Sie brauchte nicht mehr, wie in den ersten Wochen, rund um die Uhr zu arbeiten, um nicht ständig an Hugh denken zu müssen. Sie fragte sich nicht mehr jede Minute, was er wohl gerade machte. Und sie konnte schlafen, ohne jede Nacht drei oder vier Mal aufzuwachen und zu wünschen, sie wäre in seinen Armen.
Ausgenommen, wenn es regnete. Dann ließen sich die Erinnerungen nicht verscheuchen. Dann dachte Sydney an den Sturm.
So wie jetzt.
Sie stand am Fenster und betrachtete die Regentropfen an der Scheibe. Es war nur ein leichter Schauer, kein tropischer Regenguss, dennoch schluckte sie, um die Bilder jener Nacht zu verdrängen. Sie war froh, als Dustys Stimme aus der Sprechanlage kam. „Ihr Besucher ist da.“
Sydney wusste nicht, um wen es sich handelte, Dusty hatte vergessen, den Namen aufzuschreiben. Sie war fleißig und zuverlässig, aber nicht die beste Assistentin auf der Welt. Dafür gab sie sich mit einem kleinen Gehalt zufrieden, und das war wichtig, bis Sydney einen größeren Kundenkreis hatte.
Angeblich wollte der Besucher „gewisse Fusionsmöglichkeiten“ diskutieren. Das klang nach Einfluss oder Geld.
Beides kann ich gebrauchen, dachte Sydney und sah mit einem gewinnenden Lächeln zur Tür.
Im nächsten Moment war ihr, als habe sie der Schlag getroffen.
Hugh stand vor ihr.
Rasiert und in einem Anzug. Er sah fantastisch aus.
Ihr Herz machte einen Freudensprung, gleichzeitig verspürte sie bei seinem Anblick einen stechenden Schmerz. Nichts hatte sich geändert, sie liebte ihn wie eh und je.
„Was willst du?“
Er versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht so recht. An seiner Schläfe pochte ein Muskel.
„Ich möchte dir eine Fusion vorschlagen.“
„Eine … Fusion?“
Er schluckte. „Ja, die Fusion von Fly Guy und Superfrau. Du und ich.“
Alle Farbe wich aus ihrem Gesicht. Sie spürte, wie ihre Knie weich wurden, und griff nach der Stuhllehne, um nicht zu fallen. Meinte er …
„Wirst du etwa ohnmächtig?“
Die gleichen Worte, der gleiche Ton. Benommen schüttelte sie den Kopf. „N…nein. Vielleicht doch. Ich weiß nicht. Meinst du etwa …“ Sie verstummte. Träumte sie?
„Ja.“
Sydney öffnete den Mund, dann schloss sie ihn – wie ein Fisch auf dem Trockenen.
Hugh kam auf sie zu. Sie streckte die Hand aus, um ihn zu berühren: Es war kein Traum, er war Wirklichkeit. Immer noch schwindlig, ließ sie sich auf den Stuhl fallen und schüttelte den Kopf.
Er kauerte sich neben sie. „Warum schüttelst du den Kopf? Heißt das, dass du nicht willst?“ Angst schwang in seiner Stimme.
„Nein …“, erwiderte sie schwach. „Ich meine … doch. Ich will.“ Sie lächelte.
Er atmete einmal tief durch, dann erschien das alte McGillivray-Lächeln auf seinem Gesicht. Er richtete sich auf und zog sie an sich. „Gut.“ Er strahlte wie ein kleiner Junge.
Sie lehnte an seiner Brust, dann blickte sie zu ihm auf und sah die Liebe in seinen Augen. Zärtlich strich sie über das Revers des eleganten Jacketts. „Ich bin beeindruckt“, flüsterte sie.
„Ich kann, wenn ich muss“, murmelte er und küsste sie auf die Stirn, auf die Nasenspitze, auf die Lippen. Sie streichelte seine Wange. „Und rasiert bist du auch. Mir zuliebe?“
Er nickte. „Als du nicht mehr da warst, bin ich fast wahnsinnig geworden. Ich wollte dich um Verzeihung bitten und fragen, ob du mich heiraten willst …“
„Du wolltest … Wann bist du zurückgekommen?“
„Am nächsten Morgen. Die Nacht in Freeport bin ich endlich zu Verstand gekommen, bei einem alten Film. Aber du warst schon weg.“
Ein Tag nur! Wenn sie
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