Julia Collection Band 23
zwei Stubenkater.
Würde es bei Joaquin ebenso sein?
Molly schluckte hart. Sie trat ans Fenster und blickte gedankenverloren in die Nacht. Dann warf sie wütend den Kopf zurück. Was ging sie das überhaupt an?
„Nichts“, sagte sie laut.
Es war Mitternacht, als sie endlich in ihr Schlafzimmer hinaufging. Von der Straße kamen lautes Rufen und Lachen und aus dem Grouper die heißen Rhythmen der Steelband – die ersten Festivalbesucher waren bereits in der Stadt.
Ob Joaquin und Marianela auch unterwegs waren? Vielleicht wollte er ihr ein wenig vom Nachtleben auf Pelican Cay zeigen. Vielleicht ging er mit ihr am Strand spazieren. Vielleicht küsste er sie jetzt, so wie er sie, Molly McGillivray, vor ein paar Stunden geküsst hatte.
Der Teufel sollte ihn holen! Konnte sie denn wirklich an nichts anderes denken?
Erbittert drehte sie das Licht aus und ging zu Bett. An Schlaf war nicht zu denken. In der Ferne hörte sie nach wie vor die Trommeln der Steelband, unten im Garten quakten die Frösche, und in den Palmen raschelte die nächtliche Brise.
Sie schaute auf die Uhr: eins. Dann wurde es zwei. In den Straßen machten sich die letzten Barbesucher unter Singen und Gelächter auf den Heimweg, dann wurde es still. Sogar der Wind hatte sich gelegt; nur noch das ferne Rauschen der Brandung war zu hören.
Alle schliefen, nur sie nicht.
Und Joaquin – zumindest nicht in seinem Zimmer.
Im Bett lag er sicherlich, zusammen mit Marianela. Heute Nacht kam er nicht mehr, so viel stand fest.
Von Selbstmitleid überwältigt, wälzte sich Molly von einer Seite auf die andere, ein Kopfkissen an die Brust gedrückt. Sie versuchte sich einzureden, dass sie Carson im Arm hielt, aber jedes Mal, wenn sie an ihn dachte, schob sich ein anderes Gesicht davor.
Dann hörte sie, wie unten jemand leise die Haustür öffnete.
Sie hob den Kopf und lauschte angespannt. Die Türangeln quietschten leise, und im nächsten Moment hörte sie Schritte auf der Treppe.
Molly ließ sich in die Kissen zurückfallen und schloss die Augen bis auf einen winzigen Schlitz. Sie sah, wie die Tür zu ihrem Zimmer vorsichtig aufgemacht wurde und Joaquin auf der Schwelle verharrte. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen.
Geh!, betete sie im Stillen. Komm nicht rein!
„Molly?“
Sie reagierte nicht, sondern gab vor zu schlafen, in der Hoffnung, dass er gehen würde.
Doch er kam in den Raum und setzte sich neben sie aufs Bett.
Sie fuhr herum. „Was tust du hier?“
„Ich dachte, es wäre an der Zeit für eine Na…nachhilfestunde.“ Seine Stimme war rau, und die Worte kamen etwas undeutlich.
Mit einem Ruck setzte sie sich auf. „Bist du verrückt?“
„Damit du deinen V…verlobten auch gebührend empfängst.“
Sie runzelte die Brauen, dann ging ihr ein Licht auf. „Du bist ja betrunken.“
„A…allerdings“, erwiderte er trotzig.
„Hat deine Freundin dich ungetaner Dinge weggeschickt?“
„Ich habe keine Freundin.“
„Den Eindruck hatte ich nicht. Marianela …“
„Sie ist nicht meine Freundin. Ich bin ihr gestern zum ersten Mal begegnet.“
„Bei deinem Tempo brauchst du bestimmt nicht lange.“ Sie versuchte, ihn wegzustoßen, aber er beugte sich vor und stützte die Arme links und rechts von ihr auf das Kissen. Sein Gesicht war so nahe, dass sie seinen Atem spürte.
„M…Marianela interessiert mich nicht. Mamá findet sie perfekt, aber ich will sie nicht. Ich will etwas anderes. Das.“ Er beugte sich vor und küsste sie sanft auf die Lippen.
Sein Mund war weich und zärtlich und der Kuss unglaublich sinnlich.
Und unerträglich verführerisch.
Molly schmeckte den Whiskey auf seiner Zunge, atmete das Aroma von Salzwasser und Seeluft in seinem Haar. All ihre Sinne waren in hellem Aufruhr. Nur ein Gedanke beherrschte sie: mehr von ihm zu spüren, zu schmecken, einzuatmen. Sie vergaß ihre guten Vorsätze, ihre Zweifel und Ängste, sie vergaß Carson. Nichts existierte, außer Joaquin und das Verlangen nach ihm.
Der Kuss wurde stürmischer und die Umarmung leidenschaftlicher. Sie presste sich an ihn, und ohne den Kontakt ihrer Lippen zu unterbrechen, fielen sie auf das Bett zurück. Seine Hände streichelten ihre nackte Haut, erforschten die Linien ihres Körpers. Ihre Schenkel berührten sich. Unwillkürlich dachte Molly an die letzte Umarmung mit Carson. Da war nichts gewesen von der Glut und dem Verlangen nach mehr, das sie jetzt beherrschte; sie hatten sich geküsst wie Bruder und Schwester.
In Joaquins Armen
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