Julia Collection Band 25
auf Mallorca
1. KAPITEL
„Sie behaupten also, dass mein Unternehmen und ich so gut wie bankrott sind?“
Lucy blickte ihren Anwalt starr an. Entsetzen und Furcht packten sie, gleichzeitig hatte sie das Gefühl, dass ihre Lage zu schrecklich war, um real zu sein.
Aber sie war real: Ihr Exmann hatte dem guten Ruf und den Finanzen der von ihr vor ihrer Heirat mit viel Enthusiasmus und Freude gegründeten Event-Agentur so geschadet, dass die Firma nicht mehr lebensfähig war.
In ihrer kurzen Ehe hatte Nick sie permanent betrogen – sexuell wie finanziell, andererseits hatte sie selbst auch gemogelt. Ein schlechtes Gewissen hilft mir jetzt nicht, ermahnte Lucy sich.
„Ich habe Aufträge für den Rest des Jahres“, sagte sie zu ihrem Anwalt und hoffte, dass er sie nicht fragen würde, wie viele. Weil es so wenige waren. „Vielleicht würde die Bank in Anbetracht dessen …?“
Doch er schüttelte den Kopf. Mr. McVicar mochte seine junge Klientin, und sie tat ihm aufrichtig leid, aber seiner Meinung nach war sie für die harte Geschäftswelt zu sanftmütig. „Sie haben mir selbst erklärt, dass mehrere Kunden ihre Aufträge storniert und ihre Anzahlungen zurückverlangt haben, und ich fürchte … Nun ja, Vertrauen ist auch in der Geschäftswelt von unschätzbarem Wert.“
„Sie meinen, dass wegen Nicks Betrügereien niemand mehr Vertrauen zu ‚Prêt a Party‘ hat?“, fragte Lucy verbittert. „Obwohl Nick in der Agentur und in meinem Leben keine Rolle mehr spielt und ich diejenige bin, die das Unternehmen gegründet hat?“
Der mitfühlende Blick ihres Anwalts genügte als Antwort.
„Vermutlich darf ich es meinen Kunden nicht verübeln, dass sie aussteigen. Aus ihrer Sicht kann ich wohl nicht besonders vertrauenswürdig sein, wenn ich so dumm war, Nick zu heiraten“, meinte Lucy sarkastisch. Marcus glaubte das zweifellos.
Wenn es einen Menschen gab, den sie gern aus ihrem Leben und ihren Erinnerungen wegzaubern würde, dann war es Marcus.
„Kann ich denn gar nichts tun, um die Firma zu retten?“
„Falls Sie einen Teilhaber finden, der für seine Integrität und sein finanzielles Format bekannt ist, dem die Leute vertrauen und der bereit ist, genug Kapital einzubringen, um alle ausstehenden Verbindlichkeiten abzuwickeln und …“
„Aber ich will meine Schulden selbst bezahlen. Ich habe noch immer Geld auf meinem Treuhandkonto“, unterbrach ihn Lucy heftig.
„Ja, natürlich, das weiß ich. Ich fürchte nur, dass die Schuldentilgung das Vertrauen der Kunden nicht wiederherstellen wird, Lucy. Bedauerlicherweise hat Ihr Exmann den Ruf des Unternehmens fast irreparabel geschädigt. Und dass Ihre beiden leitenden Mitarbeiterinnen Prêt a Party verlassen haben …“
„Aber doch nur, weil sie inzwischen verheiratet sind und andere Verpflichtungen haben. Carly ist wieder schwanger und muss sich um ihren Sohn kümmern, außerdem engagiert sie sich für die Waisenhäuser, die Ricardo gegründet hat. Und Julia hat ihr Baby und arbeitet für die Stiftung …“
„Das weiß ich alles, Lucy“, besänftigte sie ihr Anwalt. „Aber unglücklicherweise sieht die Außenwelt – von der Sie sich neue Aufträge erhoffen – diese Dinge nicht. Es tut mir wirklich leid.“ Er machte eine Pause. „Haben Sie daran gedacht, sich an Marcus zu wenden? Er …“
„Nein! Niemals! Und ich verbiete Ihnen, ihm irgendetwas von dem zu erzählen, was wir hier besprechen, Mr. McVicar.“ Lucy stand so unvermittelt auf, dass sie fast ihren Stuhl umwarf. Panik und Kummer schnürten ihr die Kehle zu. Wie Marcus es lieben würde, sie darauf hinzuweisen, dass er sie die ganze Zeit über vor genau dieser Situation gewarnt hatte. Wie er die Nase über sie rümpfen und sie eiskalt ansehen würde, während er aufzählte, was sie alles falsch gemacht hatte.
Manchmal hatte Lucy das Gefühl, ihr ganzes Leben lang immer nur versagt zu haben. Zunächst einmal war sie nicht der ersehnte Sohn und Erbe, sondern eine Tochter, die unter die Haube gebracht werden musste. Und obwohl ihre Eltern nach ihr noch einen Sohn bekommen hatten, war Lucy niemals den Gedanken losgeworden, sie enttäuscht zu haben, weil sie die Erstgeborene war und das falsche Geschlecht hatte. Nicht, dass sie jemals etwas zu ihr gesagt hätten, doch Lucy, die sehr sensibel war, hatte die Enttäuschung ihrer Eltern gespürt. Ebenso, wie sie später Marcus’ Ungeduld und Verärgerung klar erkannt hatte.
Allerdings musste niemand lange raten, was Marcus dachte. Er
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