Julia Collection Band 26
auf das Telefon. Es wird nur schlimmer werden, wenn ich es aufschiebe. Dieses Mal muss ich es tun.
Es gab keinen anderen Weg. Sie hatte fast die ganze Nacht lang wach gelegen und sich den Kopf zerbrochen. Doch sie wusste, es gab nur diese Lösung.
Es brach ihr das Herz, dass Theo ihretwegen so viel Ärger bekommen hatte, nur weil sie sich in ihn verliebt hatte. Nie hätte sie gedacht, ihm einmal solche Probleme zu bereiten.
Aber in einem seiner Bücher über chinesische Philosophie hatte sie gelesen, dass man die Verpflichtung hatte, so gut wie möglich mit einer Situation umzugehen, selbst wenn man nicht die alleinige Verantwortung dafür trug. Das bedeutete, sie musste die Tatsache akzeptieren, dass ihre Anwesenheit ein Problem für Theo darstellte. Sie bedrohte seine Karriere und damit auch sein Glück. Daher war es ihre Pflicht, etwas zu unternehmen.
Es war nicht fair, dass eine eifersüchtige Frau wie Claudia so viel Unheil anrichtete. Aber Annie wusste, dass nur sie die Sache wieder geradebiegen konnte.
Letzte Nacht hatte sie wach neben Theo gelegen, während er bereits schlief. Sie hatte seine Hand genommen, sie auf ihr Herz gelegt, ihn in Gedanken mit kleinen heimlichen Küssen überschüttet und ihm gesagt, wie sehr sie ihn liebe. Am nächsten Morgen war er dann frisch und ausgeruht zur Arbeit gefahren, um mit den Schlussexamina zu beginnen. Annie hatte all ihren Mut zusammennehmen müssen, um sich von ihm zu verabschieden. Nur sie hatte gewusst, dass es das letzte Mal sein würde.
Es hatte sie fast umgebracht, ihn fortgehen zu sehen, ohne dass er wusste, dass er sie nie wiedersehen würde. Als er sich noch einmal umgedreht hatte, um ihr zuzuwinken, wäre sie beinahe auf ihn zugelaufen.
Aber irgendwie war es ihr gelungen, ihn gehen zu lassen.
Jetzt musste sie nur noch …
Denk daran, du tust es für Theo. Denk an ihn, nicht an dich.
Sie hatte Claudias Nummer in Theos Notizbuch gefunden. Ihre Hand zitterte, als sie jetzt die Nummer wählte.
Oh bitte, mach, dass sie gleich dran ist!
„Claudia Stanhope.“
„Guten Morgen, Claudia. Hier spricht Annie – Annie McKinnon.“
„Guten Morgen, Annie.“ Claudia klang überrascht. „Was kann ich für Sie tun?“
„Ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass ich Brisbane und Theo verlassen werde. Ich verschwinde aus seinem Leben und fahre wieder nach Hause, nach Southern Cross.“
Eine Weile herrschte Schweigen am anderen Ende. Dann … „Der arme Theo! Aber warum erzählen Sie das jetzt ausgerechnet mir?“
Annie hätte am liebsten laut geschrien. „Das wissen Sie doch sehr genau.“
„Ja?“
„Ich glaube nicht, dass ich Ihnen Nachhilfe erteilen muss, Claudia. Sie sind bestimmt clever genug, den Grund zu erraten.“ Fast verließ Annie der Mut, denn sie zitterte jetzt so sehr, dass sie nicht wusste, ob ihre Stimme ihr noch länger gehorchen würde. „Sie sollen nur eines wissen – ich verschwinde aus Theos Leben. Für immer!“ Jetzt musste sie doch schluchzen.
Oh, Theo!
Sie knallte den Hörer auf die Gabel und ließ sich auf einen Stuhl sinken.
Sie hatte es getan!
Jetzt musste sie nur noch von hier verschwinden. Wenigstens hatte sie den angerichteten Schaden wieder gutmachen können. Bestimmt würde Theo in den nächsten ein bis zwei Tagen seinen Job zurückbekommen, und dann würde er dieses Haus und Brisbane nie mehr verlassen müssen.
Oh nein! Ich habe ihn aufgegeben.
Als ihr die ganze Tragweite dessen, was sie getan hatte, bewusst wurde, brach sie in lautes Schluchzen aus.
Wie sollte sie das nur ertragen? Theo war der wundervollste Mann, den sie je getroffen hatte. Sie liebte alles an ihm, sein Lächeln, seine Würde, seinen Intellekt, seinen Körper, seine Küsse, seine Zärtlichkeiten – seine Leidenschaft.
Sie musste sich jetzt zusammenreißen.
In diesem Moment vernahm sie ein Kratzen an der Glastür. Basil wollte in die Küche, bestimmt spürte er, wie unglücklich sie war. Annie eilte hinaus, beugte sich zu ihm nieder und umarmte ihn.
„Oh, Basil, mein Liebling, ich werde dich auch so sehr vermissen!“ Sie schluchzte noch immer und ließ sich von ihm die Tränen ablecken. „Pass immer gut auf Theo auf, hörst du?“
Sie umarmte ihn noch einmal und wollte sich erheben. Da merkte sie, dass sich ein Stück ihres Haarbands in Basils Halsband verfangen hatte. Einem plötzlichen Impuls gehorchend, riss sie es ab und verknotete das gelbe Seidenband mit dem Metallring an seinem Halsband. So würde er wenigstens eine Erinnerung
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