Julia Collection Band 50 - Ebook
Zach wusste, dass es einem Selbstmord gleichkäme, jetzt noch ins Tal reiten zu wollen. Willa war halb erfroren und brauchte Schutz und Wärme. Ihre einzige Hoffnung war das Camp.
Glücklicherweise besaß Zach einen ausgezeichneten Orientierungssinn und hatte die Umsicht besessen, einen weiteren Kompass mitzunehmen. Dann sah er eine Pinie, die der Blitz im vergangenen Sommer gespalten hatte, und wusste, dass die Hütte nur noch einen Steinwurf entfernt war.
Aber selbst die wenigen Meter kamen ihm wie eine Ewigkeit vor. Die Tiere trotteten völlig erschöpft mit hängendem Kopf durch den Schnee. Der Sturm zerrte an Zachs und Willas Kleidung und stach in ihr Gesicht.
Zach hatte erwartet, dass Willa widersprechen oder zumindest Fragen stellen würde, aber sie ritt nur zusammengekauert neben ihm her und, hob erst den Kopf, als er die Pferde anhielt. Zach konnte nicht hören, was sie flüsterte, aber er sah, dass ihre Lippen ein Gott sei Dank formten.
Er verschwendete keine Zeit mit Worten, sondern stieg ab und band die Pferde unter dem Vordach der Hütte fest. Willa war so kalt und steif, dass er sie aus dem Sattel heben und sie hineintragen musste. Das erste Mal, seit er sie kannte, kämpfte sie nicht gegen ihn an.
Nachdem er die Hütte betreten hatte, schlug er die Tür mit seiner Schulter zu, ging in dem dämmrigen Licht der Hütte auf den Tisch zu und setzte sie auf einen Stuhl. Hier drinnen war es nur wenig wärmer als draußen, und Willa schlang die Arme um ihren Oberkörper und zitterte vor Kälte.
„Ich werde ein Feuer machen“, erklärte Zach rasch.
Er nahm eine Schachtel Streichhölzer von einem Regal und zündete die Kerosinlampe an, die an der Wand hing. Dann hockte er sich vor den Ofen, öffnete die kleine Tür, legte von den Holzscheiten, die sich in einer Kiste neben dem Ofen befanden, welche hinein und brachte ein Feuer in Gang.
Schließlich erhob er sich und staubte sich die Hände ab. „So, bald wird es wärmer werden.“
„D…danke.“
Zach schaute sie ungläubig an und wusste, dass es um seine Geduld geschehen war. In den letzten Stunden hatte er seine Gefühle verdrängt und sich nur darauf konzentriert, Willa zu finden. Doch jetzt, wo er sie in Sicherheit wusste, explodierte er wie ein Schnellkochtopf, aus dem zu lange kein Druck entwichen war.
„Danke? Danke!“ Er schlug hart mit der Faust auf den Tisch. „Das ist alles, was du zu sagen hast?“
„Ich…“
„Was hast du dir nur dabei gedacht, gegen meine Anweisungen die Herde hier hinaufzutreiben?“
„W… wage es nicht, so mit mir zu spr…echen“, protestierte sie, aber ihre Zähne klapperten vor Kälte so laut, dass der Effekt verloren ging.
„Ich würde gern noch etwas anderes tun, als nur mit dir zu sprechen. Ich sollte dich übers Knie legen und dich ordentlich versohlen.“
„D…das wagst du nicht.“
„Nein. Aber nur, weil du eine Frau bist. Glaube mir, wenn du ein Mann wärst, würdest du sofort zu Boden gehen. Verdammt, Willa!“, tobte er. „Du hast dein Leben und das der Männer in Gefahr gebracht, Pete vor Sorgen krankgemacht und die Ranch fast um mehrere Hundert Stück Vieh gebracht. Und weswegen? Nur, weil du es dir zur Lebensaufgabe gemacht hast, meine Befehle zu missachten?“
„Ich … ich …“
„Ruhe!“, brüllte er und sie sank noch mehr in sich zusammen, schaute ihn fassungslos an.
Zach lief wie ein gefangener Tiger in der Hütte hin und her. Seine Wut war so groß, dass er einfach nicht wusste, wohin damit.
„Verdammt, bis jetzt bin ich geduldig mit dir gewesen. Vier Monate lang hast du mich kritisiert und mir bei jeder Gelegenheit widersprochen. Wie es scheint, hast du etwas gegen mich und meine Brüder – aber vor allem gegen mich. Du willst nicht, dass wir auf der Ranch leben. Du meinst, wir hätten kein Recht auf dieser Ranch zu sein. Okay, das habe ich begriffen. Verflixt, ich verstehe es sogar. Aber ich würde dich gern an etwas erinnern – zum Donnerwetter, ich habe dieses verdammte Testament nicht geschrieben. Ich bin nicht derjenige gewesen, der dich so hintergegangen hat. Das war Seamus. Nicht ich.“
„Wenn du nicht…“
„Ich sagte Ruhe!“ Er blieb stehen und wies mit dem Zeigefinger auf sie. „Kein weiteres Wort mehr, bevor ich zu Ende gesprochen habe.“
Ihre Augen weiteten sich erstaunt, aber sie schwieg. Ob sie vor Überraschung kein Wort mehr herausbekam oder tatsächlich Angst vor ihm hatte, konnte er nicht sagen. Im Moment spielte das auch keine Rolle
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