Julia Collection Band 50 - Ebook
es würde Tage geben, an denen sie nicht mehr in die Stadt laufen konnte.
Während sie den Weg hinaufging, sah sie sich um und lächelte. Als Sechsjährige war sie mit ihren Eltern hierher gekommen und sofort von der Schönheit der Berge, die dieses Tal umgaben, fasziniert gewesen. In den dreiundzwanzig Jahren, in denen sie jetzt hier lebte, hatte sich daran nichts geändert.
Ein kalter Wind ließ Kate erschauern, und eine blonde Locke löste sich aus ihrem Zopf. Sie strich das Haar aus dem Gesicht und steckte es hinter ihr Ohr. Während der letzten Woche war bereits der erste Schnee auf den Höhen der Berge gefallen. Sogar im Sommer blieben die Spitzen weiß, doch jetzt wurde der weiße Mantel immer länger und legte sich wie ein Petticoat mit unregelmäßigem Saum über die Riesen. Bald würde das Städtchen unter einer Decke aus Schnee und Eis begraben sein, und Gold Fevers Einwohner würden sich auf einen langen Winter einrichten und nur noch hinausgehen, wenn es nicht zu vermeiden war.
Kate schaute den Weg hinauf zu ihrem Haus, das gut hundertfünfzig Meter über dem Städtchen am Fuß des Smithson Mountain, einem der kleineren Berge, thronte. Vom Haus aus konnte man ganz Gold Fever überblicken. Sie lief noch schneller und konnte es auf einmal kaum noch erwarten, in seinen Mauern Zuflucht zu suchen. Das große Haus war jetzt überall als Hotel Alpenrose bekannt, aber für Kate würde es immer ihr Zuhause sein.
Die letzten Gäste waren gestern abgefahren, und obwohl die meisten Leute sehr nett waren, war Kate doch glücklich gewesen, als sie endlich abreisten. Sie freute sich darauf, sich von der anstrengenden Saison zu erholen, in der sie sieben Tage in der Woche arbeitete, und ersehnte förmlich die ruhige Zeit, die vor ihr lag.
Außerdem brauchte sie Zeit, um Haus und Garten winterfest zu machen, bevor der Schnee kam. Sie hatte bereits begonnen, eine dicke Schicht Kompost und Mulchmaterial auf die Erde um die Rosenbüsche zu geben. Aber sie musste noch die Fensterläden zum Schutz gegen die Winterstürme anbringen, Außenwasserhähne abmontieren und die Verandamöbel in die Garage stellen.
Wenn das getan war, musste sie sich noch einen großzügigen Vorrat an Nahrungsmitteln, Mal- und Zeichenmaterialien, Büchern, Stickereien und Puzzlespielen anlegen – alles Dinge, die sie während der langen Wintermonate unterhalten würden.
Kate lebte im Winter in dem großen Haus ganz allein, aber das machte ihr nichts aus. Obwohl sie von Natur aus ein geselliger Mensch war, hatte sie sich der Not gehorchend über die Jahre zu einem introvertierten Menschen entwickelt, der sich mit der Einsamkeit angefreundet hatte. Sie hatte sich an das Alleinsein im Winter gewöhnt und genoss es, einmal lange ausschlafen zu können und nur das tun zu können, was ihr gerade gefiel. Vor allem freute sie sich darauf, ihr Zuhause einmal wieder ganz für sich allein zu haben.
Nachdem Kate das Haus erreichte, hatte sie kaum die Einkäufe in die Schränke und in den Gefrierschrank geräumt, als sie einen Wagen die Straße hinaufkommen hörte. Sie trat auf die Veranda hinaus, beschattete die Augen mit einer Hand und fragte sich, wer das wohl sein könnte. Außer Zach, oder hin und wieder ein Lieferant oder ein Handwerker, kamen nur Touristen zum Haus hinauf, und die Saison war jetzt vorbei.
Wahrscheinlich jemand, der sich verfahren hat, dachte sie, als sie einen grünen Jeep herannahen sah. Es geschah hin und wieder, dass ein Fremder die falsche Abzweigung nahm und versehentlich den unebenen Weg zu ihr einschlug.
Als der Jeep in der Einfahrt anhielt und ein großer dunkelhaariger Mann aus dem Wagen stieg, ging sie zur Verandatreppe hinüber.
„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie höflich.
„Das hoffe ich doch.“ Er lächelte ihr zu, stemmte dann die Hände in die Hüften und genoss den Ausblick auf die schneebedeckten Berggipfel und auf das kleine viktorianische Städtchen unten im Tal. „Mann, das ist vielleicht ein Panorama.“
„Ja, nicht wahr?“
Als der Mann näher kam, spürte Kate ein eigenartiges Ziehen in ihrer Magengegend. Selbst aus der Entfernung spürte man die kraftvolle männliche Aura, die von diesem gut aussehenden Fremden ausging.
Allein sein Gang, der so leichtfüßig und gleichzeitig kraftvoll wie der eines Panthers war, reichte schon, um den Blutdruck einer Frau in die Höhe zu treiben. Wow, was für ein Mann, dachte sie, als er vor der Verandatreppe stehen blieb. Sie konnte sich nicht daran
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