Julia Collection Band 51
er die Kühnheit, sich aufzuregen, wenn andere ihn wegen seiner erfolgreichen Geschäfte bewunderten. Wenn irgendjemand jemals verwirrende Signale ausgesendet hatte, so traf dies auf ihn selbst, Michael Barrington III., zu.
Im Gegensatz zu seinem Vater kannte Michael niemanden, dem er volles Vertrauen schenken konnte. Dabei fehlte ihm das so sehr. Die Stunden im Krankenhaus, als Lucas’ und Olivias Baby geboren wurde, hatten ihm gezeigt, was er vermisste: Liebe Hoffnung. Freude.
Er wollte Sophia.
Der erste Schritt wäre, sie aufzusuchen und ihr die Wahrheit zu sagen, dass er sowohl Michael als auch Mike war. Dass er ernst und fröhlich war, reich und arm, beständig und risikofreudig. Dies alles und noch vieles mehr …
Konnte Sophia ihn akzeptieren? Würde sie ihn als den nehmen, der er war? Liebte sie ihn genug, um seine Lüge zu verzeihen?
Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
Michael schob seinen Stuhl zurück und warf ein paar Geldscheine auf den Tisch. „Kauf das Hotel, wenn du willst, Dad. Ich muss mich um ein noch unerledigtes Geschäft in Phoenix kümmern.“
Sophia wollte Mike auf keinen Fall begegnen. Es war ihr gelungen, ihm den ganzen Tag aus dem Weg zu gehen, und sie hatte geplant, früh das Büro zu verlassen, bevor er seine Runde machte und die Post einsammelte.
Aber nun war es beinahe sieben Uhr, als sie ihre Arbeit beendete. Olivia hatte sie gebeten, den Helsberg Vertrag für sie zu tippen. Sie musste ihn nur noch in den Postraum im Souterrain hinuntertragen, – diesmal allein –, damit er gleich mit der Morgenpost rausging.
Keine Sorge, Mike wird vor Stunden gegangen sein, tröstete sie sich. Wahrscheinlich ist er schon unterwegs auf seiner Harley in die Wüste, dachte sie außerdem bitter.
Sie schulterte ihre Handtasche, klemmte sich das Päckchen mit der Babydecke unter den Arm, die sie in der Mittagspause für Olivia gekauft hatte, und ging zum Aufzug. Zu hören war nur das Geräusch des Staubsaugers, den der Hausmeister unten in der Diele betätigte.
Mit einem leisen Glockenklang hielt der Aufzug und die Tür glitt auf.
Sophia trat auf den nur schwach beleuchteten Flur und steckte den Umschlag mit dem Vertrag durch den Schlitz in der Tür zum Postraum. Sie drehte sich um …
„Was tust du denn hier?“ Vor Schreck presste sie die rechte Hand an die Brust, sodass das Päckchen mit dem Geschenk für Olivia zu Boden fiel. Mit großen Augen sah sie Mike durch eine Seitentür kommen.
„Entschuldige“, sagte er. „Ich wollte dich nicht erschrecken.“
Oh nein! Was tat Mike hier noch so spät?
„Du hast mich nicht erschreckt.“ Keinesfalls durfte er wissen, wie tief sein Anblick sie durcheinanderbrachte.
Mike kam langsam näher. Seine Schritte hallten auf den Steinfliesen wider.
Als in diesem Moment die Neonbeleuchtung des Flurs eine Sekunde verlöschte, holte Sophia erschrocken Luft.
„Keine Sorge“, beruhigte Mike sie. „Rex hat die Stromrechnung bestimmt bezahlt. Bestimmt gibt es irgendwo einen Wackelkontakt.“
„Selbstverständlich.“ Sophia kam sich ziemlich naiv vor.
Mike bückte sich und hob die Babydecke auf. Mit zitternden Händen nahm Sophia sie entgegen.
„Danke“, flüsterte sie, unfähig, ihm in die Augen zu sehen.
Er ging zum Aufzug und drückte auf den Knopf. „Hast du wieder mal Überstunden gemacht?“
Sophia nickte.
„Ich frage mich, ob Michael Barrington zu schätzen weiß, was du für ihn tust.“
„Ich habe nur Olivia ausgeholfen.“
„Oh.“
Die Aufzugtür öffnete sich. Mike betrat die Kabine.
Sophia überlegte. Wollte sie wirklich mit ihm zusammen im Aufzug fahren? In diesem kleinen Kasten, wo sie nur wenige Zentimeter voneinander getrennt waren?
„Möchtest du nicht nach oben?“ Mike grinste und hob eine Augenbraue.
Ach, was soll’s, dachte Sophia. Es ist ja nur ein Stockwerk.
Tapfer straffte sie die Schultern und trat über die Schwelle. Mike stand links, den Finger auf dem Türknopf.
Sophia stellte sich rechts an die Wand. Sie drückte die Babydecke an die Brust, starrte an die Decke und wartete, dass sich die Tür schloss.
Es schien eine Ewigkeit zu dauern.
Sophia wusste, dass Mike sie beobachtete, aber sie wagte nicht, seinen Blick zu erwidern. Die Spannung wurde unerträglich. Schließlich glitt die Tür zu, und der Aufzug fuhr an.
Mike räusperte sich.
Sophia blickte auf ihre Schuhe. Sie müssten geputzt werden, dachte sie.
„Vermutlich hast du gehört, dass ich heute gekündigt
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