Julia Collection Band 51
Hand über die Wand tastete. „Aua! So ein Mist!“, schimpfte er plötzlich.
„Was ist passiert?“
„Ich habe meinen Daumen an dem Notruf-Knopf geratscht.“
„Tut mir leid.“
„Ist nicht deine Schuld.“
Dann hörte Sophia das Geräusch, das entsteht, wenn ein Telefonhörer von der Gabel genommen wird. Gleich darauf ertönte der bekannte Freiton.
„Hallo? Verbindung!“, sagte Mike.
Sophia lehnte an der Kabinenwand und wartete. „Ist jemand dran?“
„Noch nicht.“
„Hallo? Ja.“ Eine Stimme antwortete.
Sophia merkte erst jetzt, dass sie die Luft anhielt. Gespannt lauschte sie, während Mike die Situation erklärte.
Nachdem er aufgelegt hatte, berichtete er, dass es einen schweren Unfall auf dem Freeway gegeben hatte. Ein Schwertransporter mit achtzehn Rädern hatte einen Transformator gerammt und damit einen Stromausfall in einer Gegend mit zwanzig Häuserblocks verursacht. „Sie schicken uns einen Mechaniker“, versuchte er Sophia zu beruhigen. „Aber offenbar stehen wir nicht ganz oben auf der Liste. Sie haben noch einige andere Notfälle.“
„Was heißt das?“
„Dass wir hier vielleicht einige Stunden feststecken.“
Hier in der Kabine? Allein mit Mike?
Sophia schloss die Augen und versuchte, die unzähligen Gefühle zu verdrängen, die sie in diesem Moment mit Macht überfluteten: Aufregung, ängstliche Erwartung, Nervosität, Sehnsucht, Vorfreude …
„Vielleicht ist der Stromausfall ein Zeichen des Himmels“, scherzte Mike.
„Ein Zeichen des Himmels?“
„Wir hatten in letzter Zeit kaum Gelegenheit für ein ernsthaftes Gespräch. Vielleicht ist dies seine Art, sich einzumischen.“
„Oh.“
„Es gibt etwas, das ich dir seit Wochen sagen möchte, Sophia, und es fällt mir nicht leicht.“
Seine Worte klangen beunruhigend. Aber schlimmer konnte es ohnehin nicht mehr kommen: Er verließ Phoenix, und ihr Herz ging mit ihm.
„Vielleicht solltest du deine Seele nicht gerade mir eröffnen“, sagte sie. „Wozu kann das gut sein?“
„Vielleicht setzen wir uns erst einmal auf den Boden“, schlug Mike vor. „Die Nacht kann lang werden.“
„Mom wird sich Sorgen machen“, überlegte Sophia laut. „Glaubst du, ich könnte sie anrufen?“
„Das Telefon ist nur für Notfälle da. Es ist nicht mit dem Außennetz verbunden.“
„Du liebe Güte.“ Sophia fühlte, wie er näher zu ihr rutschte.
„Sobald sich herumspricht, dass wir hier festsitzen, wird bestimmt jemand deine Mutter benachrichtigen.“
„Wir könnten die Babydecke auspacken und uns darauf setzen“, schlug Sophia vor. „Dann ist es gemütlicher, und Olivia hat sicher Verständnis.“
Nachdem sie die Decke ausgebreitet hatte, ließ sich Mike darauf niedersinken und zog Sophia am Handgelenk an seine Seite. In dieser totalen Finsternis hatte Sophia das Gefühl, in einem endlosen Tunnel zu stecken, in dem niemand existierte außer ihnen beiden.
Mike legte ihr einen Arm um die Schulter und zog sie näher zu sich. „Hast du etwas dagegen?“, flüsterte er.
Ob sie etwas dagegen hatte? Himmel, nein. Sie lehnte sich an ihn, presste ihr Ohr an seine Brust und lauschte dem gleichmäßigen, tröstenden Schlag seines Herzens.
Als sein Magen knurrte, musste Sophia lachen. „Du bist hungrig.“
„Ich habe nichts zu Mittag gegessen.“
„Ich auch nicht.“
„Schade, dass wir jetzt nicht die Pizza haben, die wir neulich Abend bestellt und nicht gegessen haben“, meinte Mike.
Sophias Wangen wurden heiß. Sie erinnerte sich genau, was sie daran gehindert hatte, sich der Pizza zu widmen.
„Ich habe Käse und Cracker in meiner Handtasche“, fiel es Sophia ein, und sie wühlte blind in ihrer Tasche, bis ihre Finger das Zellophan ertasteten.
„Offensichtlich bist du bei den Pfadfindern gewesen“, neckte Mike sie. „Du bist allzeit bereit.“
„Keine Pfadfinder.“
„Warum nicht?“
„Ich wäre gern hingegangen, aber wir konnten es uns nicht leisten.“
Sophia reichte Mike einen Cracker und knabberte selbst einen. Erstaunlich, wie würzig sie schmecken, dachte sie. Die Dunkelheit schärfte die Sinne, sodass sie die Geräusche und Gerüche jetzt viel intensiver wahrnahm. Zum ersten Mal fiel ihr auch der Duft nach Orangen von Mikes Eau de Cologne auf.
„Ihr seid sehr arm gewesen, als du noch ein Kind warst, nicht?“
„Ja.“
„Es muss hart für dich gewesen sein“, fügte Mike ein wenig später hinzu.
Sophia seufzte. „Du kannst es dir nicht vorstellen.“
„Nein. Das kann ich
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