Julia Collection Band 51
in den Mund. „Warum denn nicht? Gibt’s da etwa irgendwo ein Problem?“
„Nein. Nein, natürlich nicht“, beeilte Patricia sich zu sagen.
„Gut, dann lasst uns feiern. Wie wär’s bei mir?“, schlug Cindy vor.
„Nein, besser bei mir“, widersprach Rachel.
Und dann entwickelte sich ein gutmütiges Streitgespräch darüber, wessen Wohnung am besten für eine Party geeignet sei.
Patricia hielt den Blick starr auf ihr Sandwich gerichtet. Ihr war wirklich nicht nach Essen zumute. Ein einfacher Gefallen für Sam entwickelte sich zu einem ganzen Geflecht von Lügen und Täuschungen. Sie schob das Sandwich von sich und bemerkte, dass Olivia sie betrachtete.
Ahnte Olivia etwa die Wahrheit?
„Wenn du dein Brot nicht isst, kann ich es dann haben? Ich habe in letzter Zeit immer einen Bärenhunger.“
„Ja, natürlich.“ Patricia atmete erleichtert aus. „Ich kann vor lauter Aufregung nichts essen.“
„Das kenne ich“, meinte Olivia mitfühlend. „Vor meiner Hochzeit ging’s mir genauso. Aber ich freue mich so für dich. Wirklich. Das hast du dir doch so sehr gewünscht. Ich bin froh, dass du glücklich bist.“
Patricia sah stumm und mutlos von einem zum anderen. Diese fünf Frauen waren mehr als nur Arbeitskolleginnen, sie waren ihre Freundinnen. Wie sollte sie ihnen jemals erklären können, dass sie sie belogen hatte, um Sam einen Gefallen zu tun?
4. KAPITEL
Wenn Patricia geschäftlich unterwegs war, achtete sie bei den Hotels und Restaurants automatisch, schon fast unbewusst auf die kleinsten Details. Doch als sie am Abend die Auffahrt zum „Dehlia’s“ hinauffuhr, fielen ihr weder die elegante architektonische Linie der großen Villa auf noch die gepflegte, wunderschöne Parkanlage. Sie nahm auch kaum wahr, dass der Empfangsportier in der roten Livree sie um ihre Wagenschlüssel bat, damit ein junger Bursche den Wagen für sie parken konnte.
Stattdessen konnte sie nur an eines denken: Sie hatte das Gefühl, mit ihrer Einschätzung einen schrecklichen Fehler gemacht zu haben. Oh nein, damit meinte sie nicht etwa die Verlobung mit Sam. Ihre Freundinnen hatte sie dazu überreden können, die Feier für sie vorerst noch ein wenig zu verschieben. Und sobald Rex II zu seiner Weltreise gestartet war, würde sie ihnen alles erklären. Sie erwartete zwar nicht, dass man ihr den Bluff sofort vergeben würde, aber sie hoffte zumindest auf Verständnis. Ihre Mutter lebte glücklicherweise in Paris, also weit genug entfernt, dass sie nie etwas über diese Sache herauszufinden brauchte – denn wenn Patricia jetzt etwas absolut nicht gebrauchen konnte, dann waren es die Ratschläge ihrer Mutter. Sie wünschte sich für ihr eigenes Leben, dass es nicht ganz so … so aufreibend verlaufen würde wie das ihrer Mutter.
Nein, diese Verlobung war eine gute Sache. Selbst wenn es zu nichts führen sollte, so würde sie doch endlich die private Seite an Sam kennenlernen, die er im Büro so gut verbarg.
Im Moment dachte sie nicht an die Verlobung, sondern betrachtete mit offenem Mund die lange Schlange von schillernden Paradiesvögeln, die vor der Tür des Restaurants darauf warteten, eingelassen zu werden.
„Sam mag es also glamourös“, murmelte sie in sich hinein. „Diesen Frauen da nach zu urteilen, muss er ganz versessen sein auf Miniröcke, Pailletten und toupierte, auffällige Frisuren.“
Sie sah an sich herab – das graue Kostüm, die schwarzen, schlichten Pumps. Noch vor fünf Minuten hätte sie diese Schuhe als klassisch bezeichnet, jetzt kamen sie ihr vor wie Gesundheitsschuhe. Sie war darauf gefasst, dass der rotlivrierte Portier ihr jeden Moment eine Gehhilfe anbieten würde.
„Ich bin hier verabredet“, sagte sie zu dem Mann und halfterte ihre Aktentasche über die Schulter. „Mit … mit meinem Verlobten.“
Bei dem Wort „Verlobten“ zuckte der Portier mit keiner Wimper. Gut, man nahm es ihr also ab, dass sie verlobt war.
„Dann gehen Sie am besten gleich nach vorn und nennen dem Oberkellner Ihren Namen“, riet er und reichte ihr einen kleinen Abholzettel für ihren Wagen.
Sie ging zum Eingang vor und zwängte sich durch die Reihe der Wartenden. Ein kleiner, untersetzter Mann im schwarzen Frack nickte ihr knapp zu.
„Darf ich Señora die Aktentasche abnehmen?“, begrüßte er sie mit einem wohlgepflegten spanischen Akzent.
„Nein, danke.“ Patricia sah in den großen, in dezenten Erd-, Gold- und Rottönen gehaltenen Raum. „Ich bin verabredet. Mit meinem Verlobten.
Weitere Kostenlose Bücher