Julia Collection Band 55 (German Edition)
ich sag’s dir frei heraus. Es hat mir immer Spaß gemacht, für dich zu arbeiten. Du hetzt mich nicht und stehst zu deinem Wort, und du warst, früher jedenfalls, sehr locker.“
Craig schaute ihn verdutzt an. „Und das bin ich jetzt nicht mehr?“
„Du wirkst jetzt immer so angespannt und ruhelos. Du änderst andauernd deine Meinung, genau wie heute. Erst sollte ich das Haus renovieren, jetzt soll ich das Boot vorziehen. Morgen fällt dir vielleicht noch etwas Neues ein. Wie soll ich da noch planen können? Meiner Frau wird es auch nicht gefallen, dass ich für eine Woche zum Arbeiten nach Hilo muss. Sie erwartet eigentlich, dass ich diese Woche mit ihr verbringe.“
Solche Probleme hat man eben, wenn man verheiratet ist, dachte Craig, behielt das aber für sich. „Tut mir leid, daran habe ich gar nicht gedacht. Wie wäre es, wenn ich das Boot von jemand anderem nach Kailua überführen lasse?“
Seine Worte zauberten ein Lächeln auf Neds Gesicht. „Toll, danke, das ist sehr hilfreich. Ich wollte mich gar nicht beschweren, verstehst du? Aber so, wie du jetzt lebst, ist das kein Leben. Ändere es! Ich weiß ja, dass eine Ehefrau auch ein Klotz am Bein sein kann, aber auf der anderen Seite hat es auch Vorteile. Du musst nicht mehr hinter anderen Frauen herlaufen, Sex ist kein Problem. Wenn du Glück hast, kann sie sogar kochen. Irgendwann hat man das Essen im Restaurant doch satt und möchte zu Hause essen. Und dann die Kinder – du wärst für den Rest deines Lebens nie wieder einsam.“
Craig brauchte einige Sekunden, bis er begriff, warum er sich über diese Einschätzung ärgerte. „Langsam fängst du an, mich an meinen Vater zu erinnern. Der würde natürlich viel pompösere Worte gebrauchen, aber der Inhalt wäre der gleiche.“
Ned schaute betreten zu Boden. „Oh, Mann. Ich weiß doch, was du für ein Verhältnis zu deinem Vater hast. Vergiss einfach, was ich gerade gesagt habe, okay? Ich habe nur so vor mich hingeplappert. Das ist die negative Seite der Ehe. Deine Frau setzt dir einen Floh ins Ohr, und du übernimmst ihn einfach.“
Craig hob beschwichtigend die Hand. „Maryanne hat es bestimmt nur gut gemeint. Sie ist ein echter Schatz, und du kannst froh sein, sie zu haben. Aber so sind die Frauen eben. Sobald sie einen Junggesellen über dreißig sehen, wollen sie ihn auf der Stelle verheiraten. Das ist wie ein Reflex.“ Craig musste lachen. „Mein Vater hat solche Reflexe allerdings auch.“
Ned starrte ihn an.
Craig erinnerte sich, ihm niemals von der neuen Leidenschaft seines Vaters erzählt zu haben – der Kuppelei. „Nun ja. Zum Beispiel hat er mit Kunststickerei angefangen.“
Ned lachte lauthals los. „Dein Vater stickt? Das ist ein Scherz, oder?“
„Nein. Er hat es vor ein paar Jahren von meiner Mutter gelernt, als er sich von einem Herzanfall erholte. Das war ja auch völlig in Ordnung, wenn er nur nicht mit diesen Hochzeitskissen angefangen hätte.“
„Womit?“
„Das sind Zierkissen, wie du sie auf Sofas findest, nur dass auf diesen die Namen der Brautleute gestickt sind, zusammen mit dem Datum der Hochzeit. Du kennst sie bestimmt – sie sind voller Herzen und Blumen und solchen Sachen.“
„Ich glaube, ich weiß, was du meinst. Meine Großtante besitzt so eins.“
„Erinnerst du dich noch an meinen Bruder Charles? Den du hier während seiner Flitterwochen kennengelernt hast?“
„Natürlich.“
„Charles nennt es ‚Voodoo-Stickerei‘.“
„Voodoo?“ Ned wurde zusehends verwirrter.
„Mein Vater hat für ihn und seine Frau ein Kissen gestickt, mit den Namen Jennifer und Charles.“
„Ja …“ Ned bemühte sich, alles zu verstehen.
„Die Sache ist die, dass mein Vater das Kissen angefertigt hat, bevor Jennifer und Charles sich überhaupt richtig kannten. An Heirat war da noch gar nicht zu denken. Er hat die beiden dann einen Abend heimlich in unserem Kaufhaus eingeschlossen, und kurz darauf waren sie verheiratet. Mittlerweile haben sie eine Tochter.“
„Das hast du dir doch gerade ausgedacht!“, rief Ned.
„Nein! Die gleiche Geschichte hat er auch mit meinem Bruder Jake gemacht – ein Kissen für ihn gestickt mit dem Namen einer Frau, die Jake niemals zuvor gesehen hatte. Dann hat mein Vater für die beiden eine Scheinehe arrangiert und sie für ein Jahr auf eine unbewohnte Insel geschickt. Ich habe seine Frau noch nicht kennengelernt, aber sie haben bereits ein Kind, und ein weiteres ist unterwegs. Das bedeutet, dass ich demnächst
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