Julia Collection Band 55 (German Edition)
munter zu sein und wirkte dadurch eher harmlos. Doch nun stand er langsam auf, und bei seiner Größe erschrak Penelope erneut. Er war weit über ein Meter achtzig groß und ausgesprochen muskulös. Ein außergewöhnlich gut aussehender grünäugiger Einbrecher mit zerzaustem braunen Haar, einer geraden Nase und einem sinnlichen Mund. Andererseits hatte er sich wohl seit Tagen nicht mehr rasiert, trug ein schäbiges T-Shirt, und seine abgeschnittenen Hosen waren löchrig.
Er feuchtete mit der Zunge seine Lippen an. „Wer sind Sie?“
„Und wer sind Sie?“, fragte sie zurück.
„Craig Derring. Die Wohnung gehört meinem Vater.“
„Oh.“ Jaspers Sohn, der Herumtreiber. „Wohnen Sie hier?“
„Nur für ein paar Tage.“
Wahrscheinlich weiß er nicht, wo er sonst hingehen soll, dachte Penelope. „Weiß Jasper davon?“
„Sie kennen meinen Vater?“
„Ja. Er hat mir die Wohnung für zwei Wochen zur Verfügung gestellt.“
Craig nickte nachdenklich. „Verstehe.“
„Jasper hat nie erwähnt, dass Sie die Wohnung nutzen. Leben Sie hier öfter?“
„Nein. Ich habe noch niemals hier übernachtet. Es ist nur so, dass ich im Moment nicht nach Hause kann.“
Wahrscheinlich hatte seine Freundin ihn rausgeschmissen. Er mochte ja seine Wirkung auf Frauen haben, aber nach einer Zeit kamen sie ihm sicher auf die Schliche. Er war genauso ein Typ wie ihr Vater.
„Dann haben wir ein Problem, da Ihr Vater mir die Wohnung überlassen hat.“
Er rieb sich die Augen und atmete tief durch. Dabei fiel ihr auf, dass er eine teure, schwarze Armbanduhr trug, die bestimmt auch wasserdicht war. Sie passte so gar nicht zu seinem abgerissenen Aussehen, und Penelope vermutete, dass die Uhr das Geschenk einer seiner Freundinnen war.
„Macht nichts“, sagte er schließlich. „Ich gehe woandershin.“ Er blickte sie freundlich, fast belustigt an. „Sie können den Feuerlöscher jetzt runternehmen. Ich habe nicht vor, irgendetwas anzustecken.“
Da bin ich mir nicht so sicher, dachte Penelope, hatte aber keine Angst mehr. Doch wenn er sie mit seinen grünen Augen weiter so anschaute, könnte er sie entflammen. Sie stellte den Feuerlöscher auf dem kleinen Tisch ab. Je schneller dieser Kerl verschwand, desto besser.
Als sie sich umdrehte, bemerkte sie, dass er den Blick über ihren Körper schweifen ließ. Besonders hatten es ihm offenbar ihre langen nackten Beine angetan. Schüchtern war er sicher nicht. Zumindest darin war er Jasper ähnlich.
„Wie heißen Sie?“, fragte er.
„Penelope Grey.“
Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Penelope. Den Namen hört man nicht allzu oft. Er ist der griechischen Mythologie entnommen, nicht wahr? Die Frau des Odysseus?“
„Soweit ich weiß, ja.“
„Woher kennen Sie meinen Dad?“
„Er und Bea kaufen oft in meinem Laden ein.“
„Laden?“ Jetzt war er offensichtlich neugierig.
„Ich besitze ein Handarbeitsgeschäft“, erklärte sie.
Sein Gesichtsausdruck verdüsterte sich fast auf der Stelle. „Handarbeit. Jetzt verstehe ich, wieso er Sie hergeschickt hat.“
„Mich hergeschickt? Ich verstehe nicht …“
Er rieb sich den Nasenrücken und wirkte wieder versöhnlicher. „Wahrscheinlich verstehen Sie es wirklich nicht. Denken Sie nicht mehr daran. Das ist nur ein Scherz der Familie Derring.“
„Über Handarbeit.“
„Ja. Ich schätze, so gut kennen Sie meinen Vater nun auch wieder nicht. Ist er einer Ihrer Stammkunden?“
„Oh ja, und ein sehr großzügiger. Als ich ihm sagte, ich könne mir keinen Urlaub leisten, hat er mir sofort seine Ferienwohnung angeboten – umsonst.“
„Er kann sehr großzügig sein“, stimmte Craig zu. „Ich wette, er hat auch die Flugreise übernommen.“
„Er meinte, ich könne seine Miles-and-More-Freitickets bekommen, die er nicht mehr braucht.“
Craig lächelte sie wissend an. „Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie ihm davon erzählten, sich keinen Urlaub leisten zu können? War das nur so beiläufig im Gespräch?“
Die Fragen verwirrten Penelope, und allmählich wurde sie etwas misstrauisch. „Er fand, ich sähe abgespannt aus, und fragte, ob ich nicht in Urlaub fahren wolle.“
„Aha. Und dann hat Jasper Ihnen dieses wunderbare Angebot gemacht, das Sie nicht ablehnen konnten. Hat er Ihnen überhaupt eine Chance gelassen, es abzulehnen?“
„Er war recht hartnäckig.“
„Das klingt ganz nach meinem Vater. Und was war mit meiner Mutter? War die auch dabei?“
„Ja. Sie meinte auch,
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