Julia Collection Band 55 (German Edition)
es an ihren Gesichtern ablesen, woran sie gerade dachten. Sie wollten ihm unbedingt eine Romanze mit Jennifer andichten. Er überlegte, dass es dem Erfolg der Werbeaktion bestimmt zuträglich wäre, wenn er diese Erwartungshaltung für sich ausnützte. „Vielleicht werde ich ja nach dieser Woche tatsächlich eine Hochzeitsanzeige aufgeben“, bemerkte er und lächelte breit.
Im folgenden Blitzlichtgewitter strahlte er Jennifer an. Selbst unter ihrem Make-up konnte er allerdings ihren zweifelnden Blick und ihr abschätzendes Lächeln erkennen. Natürlich flogen die Reporter auf seine Ankündigung einer möglichen Hochzeit, aber Jennifer nahm ihn nicht für eine Sekunde ernst. Und genau diese Reaktion fand Charles in diesem Moment ermutigend. Es würde eine spannende Woche werden.
Am späten Vormittag konnte Jennifer zum ersten Mal das Schaufenster verlassen und auf die Damentoilette gehen. In den riesigen Spiegeln sah sie zum ersten Mal mit eigenen Augen, was Mr James und Christine mit ihr angestellt hatten. Im ersten Moment war es wie ein Schock, aber kein unangenehmer. Sie sah wirklich super aus. Kein Wunder, dass Charles sie so erstaunt angestarrt hatte.
Sie wirkte wie jemand anderes. Nein, das war nicht richtig. Sie sah schon aus wie sie selbst, aber so, als ob sie vom hellen Mondlicht beschienen auf einem Podest stehen würde. Mr James und Christine verstanden ihr Handwerk. Was Peter wohl dazu sagen würde, wenn er sie das erste Mal so sah? Er hatte ihr versprochen, sie nach seiner Arbeit hier zu besuchen.
Aber bis dahin sind es noch Stunden, dachte sie träumerisch, als sie zurück zu ihrem Platz im Schaufenster ging. Die ersten zwei Stunden hatten sie und Charles damit verbracht, Waffeln zu backen, und sie in der Küchendekoration zum Frühstück gegessen. Sie waren beide nicht sehr hungrig, aber sie erweckten den Eindruck größten Vergnügens. Auch ihre Unterhaltung kam nicht sonderlich gut in Gang. Charles schien in ihrer Gegenwart nervös zu sein, und Jennifer hatte keine Ahnung, wieso. Er musste doch wissen, dass sie seinen Kommentar übers Heiraten nicht ernst genommen hatte.
Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihr, dass die Menschenmasse zur Mittagszeit noch angewachsen war.
Charles trat zu ihr. Er trug einen dunkelroten Sweater und eine dunklen Hose.
„Na, hast du Appetit auf Club-Sandwiches?“, fragte er sie.
„Oh, ich kann es gar nicht mehr erwarten“, antwortete sie übertrieben begeistert. „Und du?“
Aber Charles schwieg beharrlich und schaute sie nur merkwürdig besorgt an.
„Charles?“, fragte sie ihn, während sie zu der großen weißen Spüle ging, die hübsch mit den italienischen Kacheln an der Wand kontrastierte. „Was ist los mit dir? Jedes Mal, wenn du mich ansiehst, wirkst du so nachdenklich, so düster. So kenne ich dich ja gar nicht. Ich dachte, ich würde nervös sein, aber jetzt bist du es.“
Charles nickte. „Die Pressekonferenz ist nicht ganz so gelaufen, wie ich gehofft hatte.“
Jennifers Vermutung bestätigte sich. „Schau, wir werden nach dieser Woche bestimmt nicht heiraten, Charles. Ich weiß ja, dass du nur einen Scherz gemacht hast, um den Reportern etwas zum Spekulieren zu geben. Also mach dir keine Sorgen.“
„Ja, ja, das weiß ich doch. Aber das ist nicht das Problem.“
„Sondern?“
Er breitete seine Arme aus. „Ich weiß es nicht. Das Ganze ist doch anders, als ich erwartet hatte.“
„Haben dich die Reporter so verunsichert?“ Sie beugte sich zu ihm, von Dutzenden Passanten beobachtet, die mit ihren Gesichtern am Fenster zu kleben schienen. Einer winkte ihnen sogar zu, und Jennifer winkte zurück. Charles lächelte und winkte ebenfalls.
Dann sah er sie wieder an. „Es ist nicht so schlimm, wie ich befürchtet habe. Ich glaube, ich bin ein geborener Schmierenkomödiant.“
„Dachte ich’s mir doch.“
„Weißt du, du klingst zwar wie immer, aber du siehst so anders aus. Ich habe Schwierigkeiten, mich daran zu gewöhnen. Als du hereinkamst, hat es mich einfach umgehauen. Darum ist auch die Konferenz schiefgegangen. Und wenn ich ehrlich bin, habe ich mich noch immer nicht von dem Schock erholt. Musst du denn so aussehen, als ob du das Fotomodell des Jahres wärst?“
Diese Frage erboste Jennifer. „Das ist ja wohl nicht meine Idee gewesen, so aufgedonnert zu werden! Ich habe Mr James, überhaupt allen, die es nicht hören wollten, erzählt, dass ich Make-up nicht mag. Aber hat das irgendjemanden interessiert? Nein! Und jetzt
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