Julia Collection Band 55 (German Edition)
nicht locker genug sei.“
„Aber du musst ja nicht gleich von einem Extrem ins andere verfallen.“
„Mach dir keine Gedanken, Charles. Ich wünsche es mir zwar, aber ich schätze, dass ich die große Leidenschaft nie erleben werde. Bodenständige Menschen wie ich haben Angst davor, Risiken einzugehen.“ Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
„Bist du in Ordnung?“
„Ja.“ Jennifer riss sich zusammen. Im nächsten Moment hatte sie sich wieder in der Gewalt. Selbstbeherrschung war immer eine ihrer Stärken gewesen, aber nun begann sie zu begreifen, dass dies ebenso gut ihr Verderben sein konnte.
Zwei Tage später betrachtete Charles Jennifer, während sie zu Mittag aßen. Sie saßen mit ihrem Essen im Wohnzimmer, nachdem sie die Küchendekoration verlassen hatten. Jemand aus der Menge winkte Jennifer zu, und sie winkte freundlich zurück. Sie trug einen Sweater aus Kaschmir und wirkte weich und anschmiegsam. Er blickte auf sein Sandwich, um seine Gedanken wieder zu ordnen.
Es misslang ihm. Er konnte machen, was er wollte, er musste sich eingestehen, dass er Jennifer begehrte, das nette Mädchen von nebenan. Er, der immer verführerische Blondinen bevorzugt hatte, verspürte auf einmal den unwiderstehlichen Drang, Jennifer an sich zu ziehen, sie zu küssen, sich in ihren grünen Augen zu verlieren. Warum?
Am schlimmsten waren die Abende, wenn sie in diese aufreizenden Negligés schlüpfte. Am vorigen Abend wäre er fast wahnsinnig geworden. Er hasste die Blicke der Männer vor dem Schaufenster, aber andererseits wäre er liebend gern zu ihr unter die Bettdecke gekrochen.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte Jennifer.
„Wie? Nein, nein. Was soll nicht stimmen?“
„Ich hatte den Eindruck, dass es dir nicht gut geht. Du siehst ein wenig fiebrig aus.“
Er nahm rasch einen Schluck aus seinem Glas. „Mir geht es gut.“
Das war eine Lüge. In seinem ganzen Leben hatte er sich noch niemals so aufgewühlt und durcheinander gefühlt. Aber immerhin begann er allmählich, sich einzugestehen, dass sie ihn sexuell ansprach. Er erkannte, dass er erleichtert gewesen war, als Delphine ihn verlassen hatte, und auf eine merkwürdige Weise schenkte ihm dieser Gedanke so etwas wie Seelenfrieden.
Aber wie sollte es nun weitergehen? Sollte er seinen Gelüsten nachgeben? Das war keine gute Idee, immerhin war Jennifer seine Angestellte.
Nein, der eigentliche Grund seines Zögerns war Jennifer selbst. Wie würde sie darauf reagieren? Sie war die einzige Frau, die es schaffte, ihn nervös zu machen. Ein einziges Wort von ihr konnte ihn völlig aus der Fassung bringen. Aber er wusste, dass er es trotz all seiner Zweifel versuchen musste. Er legte sein angebissenes Sandwich beiseite.
Jennifer sah ihn verwundert an. „Geht es dir wirklich gut? Ich habe dich noch nie Essen verschmähen sehen.“
„Ich will ein wenig abnehmen. In den letzten Tagen habe ich einiges zugelegt.“
„Ach, wirklich? So wie du jeden Abend Gewichte stemmst, hätte ich angenommen, dass du kein Gramm Fett mehr am Körper hast.“
In der Tat hatte Charles die letzten Abende wie ein Besessener trainiert, um nicht an Jennifer auf dem Bett denken zu müssen. „Du weißt doch, man kann weder zu reich noch zu schlank sein“, bemerkte er achselzuckend. „Reich genug bin ich, darum wollte ich das andere ausprobieren.“
Jennifer lachte. „Es heißt, eine Frau kann nicht reich oder schlank genug sein. Ich denke, auf Männer trifft das nicht zu.“
„Danke für die Aufklärung. Aber wenn du mit deinem Sandwich fertig bist, sollten wir uns daranmachen, den Baum zu schmücken.“
„Ja, Sir. Ich bin bereit.“
Charles wünschte sich in seinem Inneren, dass sie für etwas anderes bereit wäre als für das Schmücken des Tannenbaums. Doch es gelang ihm, diese Gedanken zu unterdrücken. Gemeinsam öffneten sie die Kartons mit den Kugeln und den Kerzen.
Charles holte einen Zettel aus der Tasche, den ihm sein Assistent am Morgen zugesteckt hatte. „Dann wollen wir mal sehen. Zuerst befestigen wir die Kerzen, und nach der Pause machen wir uns an die Kugeln und das Lametta.“
Jennifer holte eine Kette elektrischer Kerzen aus der Schachtel, und zusammen befestigten sie diese am Baum. Dabei berührten sie sich des Öfteren, und Charles spürte, wie ihm der Schweiß ausbrach. Jennifer reckte sich, um die Lichterkette weiter oben am Baum zu befestigen, und Charles fasste sie um die Taille, damit sie nicht fiel. Ohne weiter nachzudenken, zog er sie fester
Weitere Kostenlose Bücher