Julia Collection Band 61 (German Edition)
ihn an Wahrsagerinnen auf dem Jahrmarkt. Das Haar, das unter ihrem lila Kopftuch heraushing, war lang und grau. Und ihre wässrigen Augen leuchteten merkwürdig hell im Licht der Straßenlaterne.
„Kennen wir uns?“, fragte er, nachdem er sich von dem Schock erholt hatte.
„Ich bin Passionata Chagari, und ich bin hier, um eine Schuld zu begleichen.“
„Bei mir nicht. Daran würde ich mich erinnern.“ Chase zog noch einmal an seinem Zigarillo, dann warf er ihn auf die Straße.
Die Alte schenkte ihm ein zahnloses Lächeln. „Diese Schuld wird in Form eines Vermächtnisses bezahlt, das dir von deiner Großmutter Steele und meinem Vater, einem alten Roma, hinterlassen wurde.“
Was sie sagte, war so verdreht, dass Chase es nicht begriff. Er hatte erst vor wenigen Tagen von der Existenz seiner Großmutter Steele erfahren, und das auch nur, weil sie gestorben war und ihm einen Teil ihres Vermögens hinterlassen hatte.
Er nahm den Arm der Frau und zog sie näher zu sich. „Spielen Sie nicht mit einem Spieler, Passionata“, flüsterte er rau. „Dabei können Sie nur verlieren. Was wollen Sie?“
„Deine Großmutter war ein ganz besonderer Mensch. Sie hätte es nicht geduldet, dass du eine alte Frau wie mich so respektlos behandelst.“ Passionata entzog ihm ihren Arm. „Lucille Steele hat mein Leben gerettet und damit meine ganze Familie. Sie war gut zu Fremden, als niemand anderes sich um sie kümmern wollte.“
„Ich kannte sie nicht“, murmelte Chase, „aber ich freue mich zu hören, dass Sie glauben, sie war ein guter Mensch. Lucille lebt nicht mehr. Erwarten Sie von mir, dass ich mich jetzt weiter um Sie kümmere?“
Die Roma lächelte. „Immer der Spieler, was, Severin? Du gehst ein Risiko ein, obwohl ich etwas Wertvolles habe, das du dringend brauchen wirst.“ Sie musterte ihn mit leicht geneigtem Kopf. Dann fuhr sie fort: „Du hast die Chance, dich zu ändern, zurückzugehen, Unrecht wiedergutzumachen. Hast du diese Möglichkeiten schon einmal in Betracht gezogen?“
Woher wusste sie, was er gedacht hatte? Von dem Moment an, als er erfahren hatte, dass er von angesehenen und ehrlichen Leuten abstammte, hatte er überlegt, wie es wohl wäre, zurückzugehen.
Passionata griff in die Tasche ihres Rocks und holte etwas Glänzendes heraus. „Dies ist dein Anteil an dem Vermächtnis. Es ist eins der Geschenke meines Vaters an die Blutsverwandten von Lucille Steele als Wiedergutmachung für eine gute Tat.“
Chase nahm den Gegenstand entgegen und betrachtete ihn eingehend. Es war ein mit offensichtlich kostbaren Juwelen besetztes, eiförmiges Schmuckstück, das aussah, als wäre es von einem der großen russischen Künstler geschaffen worden. Es schien alt und wertvoll zu sein, eines Königs würdig.
„Ja, es ist alt“, sagte Passionata. „Aber es gehört dir. Es ist nur für dich gemacht worden.“
„Ich bin noch nicht so alt.“ Er versuchte, ihr das Ei zurückzugeben, doch sie trat zurück.
„Dieses Schmuckei wurde geschaffen, um dir endlich das zu verschaffen, was du dir immer gewünscht hast“, erklärte sie ihm. „Nimm es mit zu deinen Wurzeln. Führe es immer bei dir, dann wird die Magie deinen Herzenswunsch erfüllen.“
Chase starrte auf die funkelnden Steine. Mit seiner neuen Erbschaft und dem Geld, das er mit seinen Kasinos und den anderen Firmen verdient hatte, konnte er sich durchaus seine eigenen Juwelen leisten.
Aber wenn dies sein Erbe war … nun, dann wäre es etwas, worauf er stolz sein könnte. Etwas, das er mit zurücknehmen und zeigen könnte, um zu beweisen, dass er doch jemand war.
„Erzählen Sie mir, was meine Großmutter für Ihre Familie getan hat“, sagte er und löste den Blick von dem Ei.
Die Roma war verschwunden, und Chase stand an einer verlassenen Straßenecke – allein.
1. KAPITEL
„Du wirst nicht glauben, wer wieder in der Stadt ist.“
Eigentlich gab es keinen Grund, dass die Worte ihrer Sekretärin ihr einen Schauer über den Rücken jagten, schließlich gab es viele Menschen, die nach Bayou City zurückkommen konnten, aber Kate Beltrane wusste instinktiv, von wem Rose sprach.
„Ich habe keine Zeit zum Raten, Rose. Sag es mir.“ Sie tat, als wäre ihr das gleichgültig. Als wäre die Chance, ihn wiederzusehen, nicht das Einzige, wovon sie seit zehn Jahren träumte.
„Chase Severin“, flüsterte Rose. „Ich war ja erst zwölf, als er ging. Aber ich erinnere mich, dass er ein toller Typ war. Alle Mädchen waren schrecklich in ihn
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