Julia Collection Band 61 (German Edition)
verliebt.“ Sie fächelte sich Luft zu, als wäre ihr allein bei dem Gedanken an Chase schon heiß geworden. „Was er wohl hier will? Sein Vater ist doch mindestens schon vor fünf Jahren weggezogen. Er hat hier doch gar keine Familie mehr.“
„Woher weißt du, dass er es ist? Hast du ihn gesehen?“
„Mrs Seville hat Sallie Jenkins erzählt, dass er heute Morgen in der Pension eingecheckt hat. Die ganze Stadt weiß es.“
Kate sah von ihrer Arbeit auf und bemerkte, dass Rose sie aufmerksam musterte, als warte sie auf irgendeine Reaktion. „Wir haben keine Zeit für Tratsch“, ermahnte sie ihre Sekretärin.
Sie wusste, dass die Gerüchte über sie und Chase erneut die Runde machen würden, wenn er tatsächlich wieder in der Stadt sein sollte. „Die Mittagspause ist um“, fuhr Kate fort. „Und wir haben noch eine Menge zu tun, wenn wir fertig werden wollen, bis der neue Besitzer der Mühle auftaucht. Hat Mrs Seville erwähnt, ob ein Fremder bei ihr abgestiegen ist?“, fragte sie, um das Thema Chase Severin zu beenden.
Rose schüttelte den Kopf. „Nein. Aber vielleicht kommt er ja erst zu uns und checkt dann ein.“
Die Pension der Sevilles war die einzige Übernachtungsmöglichkeit in der Stadt. Manchmal verirrten sich Touristen nach Bayou City, doch die schliefen dann in Motels in New Iberia oder in New Orleans. Wer jedoch geschäftlich in der Stadt zu tun hatte oder im Golf von Mexiko angeln wollte, der stieg in der Pension ab.
Kate fragte sich, aus welchem Grund es Chase nach all den Jahren hierher zurückverschlagen hatte. Doch im Moment hatte sie keine Zeit, sich mit dieser Frage zu beschäftigen, da sie die Unterlagen für den neuen Eigentümer der Mühle in Ordnung bringen musste.
Später, in der Stille der Nacht, wenn der Wind durch die Bäume strich, wenn sie wie so oft wach liegen würde, dann hatte sie Zeit, um zu spekulieren und sich zu erinnern.
„Geh wieder an die Arbeit, Rose“, sagte sie schweren Herzens. „Wir haben nicht mehr viel Zeit. Wenn der Mann hier ist, werden wir Näheres wissen.“
Gut zwei Stunden nach ihrer Diskussion mit Rose nahm Kate sich die Zeit, sich auf den Termin mit dem neuen Besitzer vorzubereiten und steckte einige Locken fest, die aus ihrem Knoten gerutscht waren. Sie hatte sich während der letzten Jahre bemüht, sich geschäftsmäßig zu kleiden. Doch es entsprach eigentlich nicht ihrem Naturell, im Kostüm und geschlossenen Schuhen herumzulaufen.
Dennoch hatte sie in letzter Zeit das Gefühl gehabt, es ihrem Vater zu schulden – nein, das war falsch. Sie schuldete es der Stadt, professionell auszusehen, da alle von der Mühle abhingen.
In wenigen Tagen schon könnte die Mühle für immer geschlossen werden. Und mit ihr würden die Träume und Hoffnungen der zwölfhundert Einwohner von Bayou City verschwinden.
Leise seufzend strich Kate ihr Haar glatt und betrachtete noch einmal den Stapel Unterlagen auf ihrem Schreibtisch. Sie hatte ihr Bestes getan.
Die Firma, die die Mühle gekauft hatte, hatte für heute den Besuch eines Mannes avisiert. Er sollte sich ein Bild machen, um zu entscheiden, ob die Mühle vor dem Bankrott gerettet werden konnte. Falls nicht, würde sie niedergerissen werden. Die Zukunft der Mühle und der Stadt lag nicht mehr in ihren Händen.
Allerdings hatte Kate nie viel zu sagen gehabt. Dafür hatte ihr Vater gesorgt.
Und wie um diese entsetzliche Geschichte noch furchtbarer zu machen, hatte Chase sich ausgerechnet diesen Tag ausgesucht, um wieder in Bayou City aufzutauchen. Es passte, dass er einen ihrer schlimmsten Momente wählte, um zurückzukommen.
Wenn sie die Augen schloss, konnte sie selbst nach zehn Jahren, die inzwischen vergangen waren, noch sein Lachen hören. Und natürlich erinnerte sie sich auch noch an die sinnlichen Liebesschwüre, die er ihr damals in jener romantischen Nacht im Juni ins Ohr geflüstert hatte.
Es war die wunderbarste und gleichzeitig schrecklichste Nacht ihres Lebens gewesen.
Kate schluckte und öffnete die Augen. Chase war sicher nicht ihretwegen in der Stadt, und doch sehnte sie sich danach, einen Blick auf ihn zu erhaschen.
Es wäre allerdings besser für sie beide, wenn sie sich nicht begegneten – dann bräuchten sie sich der Vergangenheit nicht zu stellen. Aber sie würde einiges dafür geben, um noch einmal in die grauen Augen des Mannes schauen zu können, den sie liebte, seit sie zehn Jahre alt war.
Kate hörte, dass die Eingangstür geöffnet wurde und Rose mit jemandem
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