Julia Collection Band 61 (German Edition)
fröhlich. „Es wird alles klappen. Ich stehe immer hinter dir.“
Tyson schwieg, während er die letzten Vorbereitungen für den Start traf. Merri schloss die Augen und lehnte sich zurück, als das kleine Flugzeug die Startbahn hinunterrollte und sich dann in die Luft erhob. Bisher hatte sie das Verhängnis abgewendet. Aber wie würde sie bei einem offiziellen Ball den Fotografen entkommen können?
Da fiel ihr noch etwas ein. „Wo werden wir denn übernachten?“, fragte sie vorsichtig, als der Jet ruhig flog und Tyson die Kopfhörer und das Mikrofon zur Seite gelegt hatte.
„Ich bin Dauermieter einer Suite im Hilton, da, wo auch der Ball stattfindet“, antwortete er. „Normalerweise benutzen meine Anwälte und die von ihnen beauftragten Lobbyisten die Zimmer. Aber heute gehört uns die Suite allein.“
„Du bist nicht dein eigener Lobbyist, obwohl du sonst alles am liebsten selbst tust?“, fragte sie lächelnd.
„Ich bin nicht besonders gut, wenn ich jemandem direkt gegenüberstehe, das weißt du doch.“
Merri konnte ihm da nicht unbedingt recht geben, aber sie erwiderte nichts. Er hatte dabei sicher nicht an die unmittelbare Nähe gedacht, wenn sie sich küssten. Zumindest hatte er das nicht erwähnt.
„Ich werde heute Nacht nicht mit dir schlafen, Ty“, sagte sie, ohne lange zu überlegen. „Falls du es vorhattest, musst du es dir gleich aus dem Kopf schlagen. Ich nehme an, dass deine Suite mehrere Räume hat und dass wir jeder unser eigenes Schlafzimmer haben.“
„Habe ich je etwas anderes angedeutet?“, fragte Tyson lächelnd. Er wollte und würde sie nicht in sein Bett zwingen. Wenigstens sagte das sein Verstand. Aber er hatte vor, sie so zu beeinflussen, dass sie mit ihm schlafen wollte. Die heutige Nacht war nur der erste Schritt.
Aschenputtel paradox, dachte Merri, als sie sich einige Stunden später in dem großen Spiegel betrachtete. Das Kleid, das Janie ihr geschickt hatte, war ungefähr das hässlichste, das Merri je gesehen hatte. Und sie hatte Erfahrung in solchen Dingen.
Es war beige und lag glatt an. Es hatte lange Ärmel und war hochgeschlossen. Das Schlimmste waren die lose angehefteten rostbraunen und olivgrünen kleinen Quasten, die über das ganze Kleid verteilt waren und am Saum des bodenlangen Rocks eine Borte bildeten. Es war gut, dass sie das Kleid tragen würde und es damit aus dem Verkehr zog. So konnte es wenigstens nicht einem naiven jungen Mädchen als der letzte Schrei angedreht werden.
Sie musste lachen, als sie ihr Spiegelbild musterte. Sie sah tatsächlich erbarmungswürdig aus. Janie hatte ihren Job gut gemacht. In diesem Aufzug würde sie keiner fotografieren. Ihr Haar hatte sie wieder zu einem Knoten aufgesteckt, und ohne Make-up sah sie farblos und nichtssagend aus. Vielleicht würde ihr Äußeres auch Tys Glut ein wenig abkühlen.
In letzter Zeit hatte sie eine Leidenschaft in seinen Blicken gesehen, die sich von Mal zu Mal steigerte und sie beunruhigte, denn sie fühlte das Gleiche.
Aber sie musste diese Gefühle unterdrücken. Tyson schien nicht der Mann zu sein, dem One-Night-Stands oder kurze, unbeschwerte Affären zusagten. Sie hatte viel über ihn gehört, und alles deutete darauf hin, dass er ein Mann für dauerhafte Beziehungen war, vielleicht sogar für eine Ehe.
Das war einerseits gut und andererseits schlecht. Es war gut, weil es bedeutete, dass er ein anständiger Mann war, der niemandem wehtun wollte. Und es war schlecht, weil sie sich nach ihm sehnte, eine lang andauernde Beziehung aber ausgeschlossen war. Denn sobald er erfuhr, dass sie ihn getäuscht hatte, war alles aus. Und dieser Tag würde kommen.
Merri seufzte und steckte die Puderdose in ihre kleine Tasche. Sie zögerte beim Lippenstift, entschied aber, ihn nicht zu benutzen. Je blasser ihr Gesicht über dem grässlichen Kleid war, desto besser. Niemand würde sie erkennen, selbst wenn sie auf einem Foto zu sehen wäre.
Es klopfte. „Merri, bist du fertig?“ Das war Tyson.
„Ja, ich hole nur schnell …“
Er steckte den Kopf zur Tür herein, sah, dass sie fertig war, und trat ein. „Merri, ich habe dir …“ Er brach mitten im Satz ab und starrte sie an.
Sie gab den Blick genauso fassungslos zurück. Du liebe Zeit, wenn sie Aschenputtel paradox war, dann war Tyson der Prinz schlechthin. Er trug einen schwarzen Smoking mit einem gestärkten leuchtend weißen Hemd und strahlte Sexappeal und potente Männlichkeit aus.
Es war peinlich, wie unmöglich sie dagegen
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